IW-Reformbarometer: Rückschlag durch Ausbildungsplatzabgabe
Die Bundesregierung ist mit viel Reform-Elan ins neue Jahr gestartet. Pluspunkte brachten die Rentenreform sowie die Pläne zur nachgelagerten Besteuerung der Alterseinkünfte. Doch das Klima ist derzeit wechselhaft. Im Frühjahr bestimmt ein Tiefausläufer namens Ausbildungsplatzabgabe die politische Wetterlage.
3. Arbeitsmarkt
Positive Signale gab es dank der Rentenreform im Januar. Ab 2006 wird es erst später möglich sein, wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit eine vorgezogene Rente zu erhalten. Die dafür geltende Altersgrenze steigt bis 2008 schrittweise von 60 auf 63 Jahre. Damit wird sich der tatsächliche Renteneintritt im Schnitt nach hinten verschieben. Die Rentenkassen werden entlastet und der Arbeitskräftepool vergrößert sich. Der Arbeitsmarktindex verzeichnete daher im Januar ein Plus von gut drei Punkten.
Tiefläufer Ausbildungsplatzabgabe
Ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts dessen, was die Bundesregierung durch die Ausbildungsplatzabgabe zu verspielen droht. Den aktuellen Plänen zufolge wird sie immer dann fällig werden, wenn das Lehrstellenangebot am 30. September eines Jahres nicht mindestens 15 Prozent über der Zahl der Bewerber liegt. Zu entrichten ist die Abgabe von allen privaten und öffentlichen Arbeitgebern mit mehr als zehn sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, in deren Belegschaft weniger als 7 Prozent Azubis sind. Das eingenommene Geld soll an all jene Betriebe verteilt werden, deren Ausbildungsquote über der 7-Prozent-Marke liegt. Außerdem werden zusätzliche betriebliche und außerbetriebliche Ausbildungsplätze aus dem neu geschaffenen Fonds bezuschusst.
Bürokratie statt Bildung
Inklusive der Verwaltungskosten wird er ein geschätztes Volumen von bis zu 3,23 Milliarden Euro haben. Allein das ist ein Hinweis darauf, wie viel Bürokratie vonnöten sein wird, um den Umverteilungsapparat am Laufen zu halten. Das Lehrstellenproblem wird dadurch sicher nicht gelöst. Die Befürworter der Abgabe verkennen völlig, dass viele Unternehmen Auszubildende suchen, aber nicht fündig werden, weil die Schulabgänger auch einfachen Anforderungen nicht entsprechen. Das Problem liegt auf Seiten des Bildungssystems, wie seit der PISA-Studie hinlänglich bekannt sein dürfte. Die jüngsten Entwicklungen ließen das Arbeitsmarktbarometer im März um knapp 7 Punkte auf 109,8 Zähler abstürzen der stärkste Einbruch seit dem Beginn der Beobachtungen.
Voraussichtliches Scheitern des Optionsgesetzes
Voraussichtlich scheitern und damit für das IW-Barometer folgenlos bleiben dürfte das so genannte Optionsgesetz. Eigentlich sollten die Gemeinden ein Wahlrecht erhalten, ob sie sich selbst um Langzeitarbeitslose kümmern wollen, die das künftige Arbeitslosengeld (ALG) II erhalten, oder ob sie dies weiterhin den Arbeitsagenturen des Bundes überlassen wollen. Stattdessen werden die Ex-Arbeitsämter und die Sozialämter nun wohl Arbeitsgemeinschaften bilden müssen, um das ALG II zu verwalten. Die Interessen der Arbeitslosen drohen, im zu befürchtenden Kompetenzgerangel der Behörden zerrieben zu werden. In der näheren Zukunft hält die Politik kaum noch ein Zuckerl für die Wirtschaftsentwicklung parat. Die Reformagenda für 2004 ist auch wegen des Superwahljahrs ausgesprochen sparsam bestückt.
Die ausführlichen Auswertungen des IW-Reformbarometers sind abrufbar unter: www.iwkoeln.de
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