Wissenschaftlicher BWL-Diskurs über den Weihnachtsmann
Eine Abhandlung zum aktuellen Diskurs in der Bescherungswirtschaftslehre (BWL) über Substituierbarkeit, Komplementarität oder Indifferenz von Weihnachtsmann und Christkind.
3. Zur Frage der Singularität oder Pluralität des Weihnachtsmannes
Stillschweigend geht der unbekannte Autor von einer wesentlichen, in wissenschaftlichen Kreisen kontrovers diskutierten Grundvoraussetzung aus, ohne diese zu erwähnen, nämlich der Annahme, dass es nur »einen« Weihnachtsmann gäbe. Im Gegensatz zu HACKE, der einen astrophysikalischen Erklärungsansatz der potentiellen Existenz »eines« Weihnachtsmannes beisteuerte, soll in diesem Beitrag von der Annahme der Existenz »vieler« Weihnachtsmänner ausgegangen werden. Folgende Überlegungen geben dazu Anlass:
3.1 Berichte über den Weihnachtsmann
Es existieren unterschiedliche Berichte über Aussehen und Verhaltensweise des Weihnachtsmannes, insbesondere in der zentralen Frage seiner Fortbewegung. Allein dort reicht das Spektrum von fliegenden über normal im Schnee fahrenden Rentierschlitten bis hin zu einem fussläufigen Weihnachtsmann, der die Geschenke in einem Sack transportiert. Auch die Art und Weise der Bescherung variiert von heimlichem Ablegen der Geschenke bis hin zu persönlichem Erscheinen und dem Einfordern von Darbietungen (Gedichte, Lieder). Bei aller Unterschiedlichkeit der Berichte ist dem Verfasser keine Dokumentation bekannt, in der von der wahnsinnigen Geschwindigkeit, wie sie vom unbekannten Autor posuliert wurde, die Rede wäre.
Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang die grosse räumliche Differenzierung der Berichte sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene. So werden verschiedene Herkunftsorte und regionale Präferenzen des Weihnachtsmannes überliefert (vgl. SCHüMER, 1995). Die Annahme, dass jederorts von einem Weihnachtsmann nach anglo-amerikanischem Vorbild (fliegender Rentierschlitten, heimliche Geschenkablieferung, Zutritt durch den Schornstein) in Erscheinung tritt, wird dem Anliegen einer allgemeinen, d.h. unter anderem »globalen« Erklärung des Phänomens nicht gerecht. Die Heterogenitaet der Berichte über den Weihnachtsmann lässt sich am schlüssigsten mit dessen Pluralität begründen.
3.2 Pluralität im Lichte volkswirtschaftlicher Modellbildung
Der unbekannte Autor hat in unzulässiger Weise zwischen makro- und mikrooekonomischer Betrachtungsebene vertauscht, indem er die Existenz »eines« Weihnachtsmannes, der »alle« Kinder beschert, verneinte. Dem soll gegenuebergestellt werden, dass entweder - »ein« Weihnachtsmann »einige« Kinder beschert (mikrooekonomische Ebene) - oder »viele« Weihnachtsmänner »alle« Kinder bescheren (makrooekonomische Ebene). Diese fehlerhafte Aggregation des unbekannten Autors beweist wiederum dessen Mangel an Wissenschaftlichkeit bzw. zumindest an Interdisziplinarität.
3.3 Pluralität und simultanes Erscheinen des Weihnachtsmannes
Ernstzunehmende Berichte über den Weihnachtsmann können nur dann erwartet werden, wenn dieser auch leibhaftig in Erscheinung tritt, anders ausgedrückt, wenn der Berichterstatter den Weihnachtsmann zu Gesicht bekommen hat. Unter dieser Voraussetzung müsste es mit Hilfe moderner Kommunikationsmedien möglich sein, das »simultane« Auftreten des Weihnachtsmannes an mehreren Orten nachzuweisen. Wenn man den Ansatz nach HACKE (Manipulation des Raum-Zeit- Gefüges von Seiten des Weihnachtsmannes) ausser Acht lässt, dürfte eine positive Evaluation dieser These den wohl überzeugendsten Beweis für die Pluralität des Weihnachtsmannes liefern. Wenn trotz der Annahme der Existenz »mehrerer« Weihnachtsmänner weiterhin der Begriff »der« Weihnachtsmann benutzt wird, so ist damit die Verallgemeinerung auf das »Phaenomen« Weihnachtsmann gemeint.
- Seite 1: 1. Stand der Diskussion und 2. Kritik
- Seite 2: 3. Zur Frage der Singularität des Weihnachtsmannes
- Seite 3: 4. Weihnachtsmann unter Annahme der Pluralität
- Seite 4: 5. Ausblick