WiWi Gast schrieb am 07.12.2022:
LOL, es bring tatsächlich wieder jemand den Klein (SAP) als Gegenbeispiel. Ja, wow. Einer.
die WISO-Fakultät (nicht die gesamte Uni) Köln stellt aktuell 16 Vorstände! Das KIT 16, RWTH 16, Mannheim 18...
Über was reden wir hier? Natürlich kann man es von allen Unis schaffen. Die Post hatte bis vor kurzem jemand im Vorstand, der dort mit einer Lehre saß. Trotzdem würde ich niemand raten, das heute nochmal zu versuchen.
Oben ist es ja richtig beschrieben: Die motivierten Leute gehen an die guten Unis und puschen sich schon im Studium gegenseitig. Während ein Hauptteil der FH-Leute halt dahin geht, weil es zu Hotel Mama nicht so weit ist.
Ich glaube du kommst aus einem wohlbehüteten Akademikerhaushalt und hast halt einfach keine Ahnung wie es in vielen anderen Familien abläuft. Aus meinem privaten Umfeld drei einfache Beispiele:
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Fall: Eltern Multimillionäre, Kinder sicher ehrgeizig und intelligent (hat vermutlich irgendwo auch was mit Erziehung zu tun). Die Eltern haben die Kinder schon mit 15 und 16 auf verschiedene Praktika getrimmt - im eigenen Unternehmen und bei Freunden in den Unternehmen. Wehrpflicht war damals völlig klar, dass man sich vom befreundeten Arzt schonmal untauglich schreiben lassen kann (beide waren top fit und haben noch lange Sport auf knapp unter Profiniveau gemacht - ohne größere Verletzungen!). Zum Bachelor (Vater und Mutter waren in Mannheim) hat man natürlich auch klar Mannheim genommen und die Eltern haben das von vornherein auch gepusht. Die Leistung im Studium kam sicher durch den eigenen Ehrgeiz, aber die Eltern haben jede Hausarbeit, jedes Paper mit den Kindern durchgearbeitet und selbst Bücher gelesen um sich mit ihnen auf die Prüfungen vorzubereiten! Es folgten natürlich Auslandssemester an internationalen top Unis (Ivy League) - Kosten? Scheiß egal. Master wurden dann auch an Target Unis (St. Gallen, WHU) gemacht - auch hier wieder: muss man sich leisten können! Der Lebensstandard war dabei sicher höher als bei vielen Berufsanfängern. Am Ende sind beide MBB Berater geworden und werden irgendwann in das Unternehmen der Eltern einsteigen. Wer das Zeug dazu mitbringt und so ein Elternhaus dahinter hat, hat es natürlich verhältnismäßig "leicht" den entsprechenden Lebenslauf zu bekommen.
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Fall: im Osten (DDR bis ca 10) aufgewachsen, keine Akademikereltern, Vater abgehauen und mit Stiefvater + Mutter aufgewachsen. Da waren im Grund in der Kindheit die Voraussetzungen schon völlig daneben. Obwohl Mutter und Stiefvater wirklich super engagiert sind und alles für ihre Kinder tun war es nunmal erst schwierig. Mit falschen Freunden ging es dann erstmal los mit Dro*enkonsum in der Schule, Abgang dann mit mittlerer Reife und gefolgt von Ausbildung. Zum Glück hat er selbst gerafft, dass er dafür verantwortlich ist wie sein Leben läuft. Sonst wäre er heute wahrscheinlich genauso am Ende wie viele seiner damaligen Freunde. Er ist weggezogen von der Heimat, hat einen Techniker gemacht und hat sein Leben voll im Griff, aber die Voraussetzungen waren einfach schon so schwierig, dass er kaum eine Chance hatte auf einen perfekten Lebenslauf.
- Fall: ein Elternteil Akademiker, ein Elternteil nicht. Gab nie wirklich einen push auf Karriere oder Lebenslaufoptimierung. Es war klar, dass das Studium zum Großteil selbst finanziert werden musste also hat sie einen Werkstudentenjob bei einem DAX Tochterunternehmen gemacht. Studiert an einer guten Uni in Heimatnähe (nicht Hotel Mama), aber eben nicht TUM/LMU/KIT/Mannheim. Bachelor auch gut abgeschlossen, aber danach dann allein aus finanziellen Gründen die Festanstellung bei der Firma ihres Werkstudentenjobs gewählt.
Fall 2 und 3 zeigen schön wie einfach der fehlende Input aus dem Elternhaus von vornherein das Thema Targetuni usw quasi verhindert.
Man muss dazu sagen, dass das alles Stories sind die vor den heutigen Möglichkeiten mit Internet und Co geprägt worden sind. Heute kann man sich sicher einfacher informieren.
Ich selbst hatte ein sehr gutes Elternhaus mit viel Förderung, aber hatte massive Probleme in der Schule (klassisches Mobbingopfer mit allen Facetten, warum auch immer). Hatte dadurch bedingt schon mit 14/15 massive Depressionen inklusive extremen Suizidgedanken. Bis ich 25 war musste ich immer wieder mit massiven Rückfällen kämpfen. Ich habe dennoch einen Uni Bachelor gemacht und Master. Ab dem Master (da war ich 25) ging es mir psychisch auch soweit gut, dass ich meine Fähigkeiten abrufen konnte und entsprechend war ich unter den Jahrgangsbesten. Habe dann bei der Arbeit auch durchgängig hervorragende Performancereviews erhalten, wurde ins Talentprogramm aufgenommen und bin sehr schnell Manager geworden (Beratung, think big4, Accenture, CapGemini, ...). Ich behaupte einfach wenn ich nicht jahrelang mit den Folgen meiner Jugend zu kämpfen gehabt hätte dann hätte ich auch Chancen auf T1/T2 gehabt. Ganz davon abgesehen, dass ich erst nach 2 - 3 Jahren im Beruf so wirklich auf den Trichter gekommen ist, dass Beratung nicht gleich Beratung ist.
Fazit: Das Leben ist nicht für jeden so einfach.
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