Persönliches:
Studium: TH (universitär); Dipl.-Ing. (Abschluss: sehr gut)
Promotion: Dr.-Ing. (magna cum laude)
FH-Professorin an einer Universität (d. h. fusioniert aus einer Technischen Universität und einer Hochschule für angewandte Wissenschaften)
Dienstjahre als FH-Professorin: >10 Jahre
Herkunft: Ostdeutschland (ehemalige "Sowjetzone")
Alter: 52 Erdenjahre
Situaition an der Universität: Trotz Universitätsstaus der Hochschule bleibt meine Professur Fragment des fachhochschulischen „Restpostens“, der spätestens 203? (still und leise) entsorgt werden wird. Die Einstufung meiner Professur in den Fachhochschulteil der Universität empfand ich als große Enttäuschung und als Beleg meines beruflichen Scheiterns. Aus Bequemlichkeit und überbordenden Sicherheitsdenken hatte ich mich für eine Fachhochschulprofessur entschieden. Rückblickend war dies ein Fehler, bin ich doch letztlich am Berufsbild „FH-Professur“ fast mental zerbrochen. Der an der neuen Universität gelebte (starrsinnige) Dualismus der Hochschultypen tat sein Übriges: So schleppe ich mich seit einigen Jahren (mehr oder weniger) desillusioniert in die (fachhochschulischen) Lehrveranstaltungen, wohl wissend, dass meine wissenschaftlichen Fachkenntnisse noch im Hörsaal versanden. Meine theoretischen Begabungen kann ich in fachhochschulischen Studiengängen nicht ausleben. Auf der anderen Seite kann ich der Forderung nach Praxisnähe nicht ausreichend Rechnung tragen. Dies hat die Folge, dass die Entfremdungsprozesse zwischen mir als Dozentin und den Studierenden verstärkt wurden. Universitäre Studierende, die den Inhalten meiner Lehrveranstaltungen folgen können, besuchen diese nicht, weil für die universitäre Seite fachhochschulische Lehrveranstaltungen als unwissenschaftlich gelten.
Für mich (als Ostdeutsche) sind Hochschulen wissenschaftliche Einrichtungen, ausgestattet mit dem Promotions-und Habilitationsrecht. Die Bundesrepublik Deutschland versteht unter Fach(hoch)schulen vorrangig berufsorientierte Bildungseinrichtungen, an denen Akademiker*innen mit schwachen wissenschaftlichem Background ausgebildet werden sollen. In den Medien wird dieses Bild noch verstärkt, indem suggeriert wird, dass an anwendungsbezogenen Hochschulen nur marginal theoretische Sachverhalte vermittelt werden. Mit diesem Weltbild ausgestattet, treffen dann junge Studierende auf Personen meines Typs, die vorrangig theoretisches Wissen vermitteln wollen.
Wunsch und Wirklichkeit: Meines Erachtens wäre es an der Zeit, die Tätigkeit von Fachhochschulprofessor*innen aufzuwerten: Ein erster notweniger Schritt müsste die akademische Gleichstellung der (promovierten) Fachhochschulprofessuren mit den universitären Professuren (ohne Habilitation) sein.
Diese Angleichung scheitert, weil die FH-Professor*innen in ihren Berufungsverfahren (angeblich) keine „zusätzlichen wissenschaftlichen Leistungen“ nachweisen konnten.
Dennoch werden sie aufgefordert, "anwendungsbezogen" zu forschen.
Unabhängig der gegenwärtigen Anforderungen an eine Professur (FH), bleibt es beim berufsqualifizierenden Aufgabenportfolio einer Fachhochschule. Dass Lehrdeputat einer FH-Professur verharrt bei 18 Semesterwochenstunden und im Durchschnitt wird dieser 0,33 „akademischer Mitarbeiter“ zugewiesen. Unter diesen Bedingungen darf bezweifelt werden, ob stetige Forschung an Fachhochschulen wirklich ernst gemeint ist.
Hochschulen: In der dt. Hochschulgeschichte waren Hochschulen - abgesehen von einer kurzen Periode der 1870er bis 1890er Jahre - immer wissenschaftliche Einrichtungen, d. h. ausgestattet mit dem Promotions- und Habilitationsrecht. Die Wissenschaftsministerien der Länder müssen sich in Zukunft entscheiden ob (Fach-)Hochschulen wissenschaftliche Einrichtungen oder lediglich als höhere Bildungseinrichtungen fungieren sollen.
Dass Bundesverfassungsgericht hat im April 2010 in einem Urteil bestätigt, dass auch FH-Professor*innen frei in Lehre und Forschung sind. Von Anwendungsorientierung war da keine Rede mehr. Von diesem Urteil wurde die Politik, die Universitäten als auch der Wissenschaftsrat kalt erwischt. Schnell reagierte man: In der Folge entwickelten sich die meisten Fachhochschulen wieder in Richtung Fachschulen (Stichwort: "duales Studium").
Die Hochschule Fulda (Bundesland Hessen) stellt mit dem spezifischen Promotionsrecht für Sozialwissenschaften eine Ausnahme dar, die die Universitäten sowie der Wissenschaftsrat um jeden Preis (in Zukunft) verhindern möchten.
Zusammenfassung:
Eine FH-Professur ist optimal für angepasste und unreflektierte Menschen. Für Träumer und Visionäre ist die Fach(hoch)schule leider nichts. Ein Großteil der FH-Professor*innen, die ich kenne, haben kaum Allgemeinbildung, sind stolz "höhere Berufsschulehrer*innen" zu sein. Theoretiker haben es an FHs i. d. R. sehr schwer. Sie gelten als Nerd's (sind dort die Dr. Shelden Cooper-Typen).
Ich würde die Fachhochschulen ganz abschaffen und durch reguläre Hochschulen (universitären Typs) ersetzen. Dass will das "System" aber nicht, denn man will ganz bewusst die Unterschichten-Akademiker*innen. Hier spielen (auch) fiskalische Gründe eine wichtige Rolle.
Grüße
D. D.
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