WiWi Gast schrieb am 22.12.2021:
WiWi Gast schrieb am 21.12.2021:
Hallo zusammen,
ich bin Dipl. Finw., arbeite aktuell in der Finanzverwaltung und bereite mich momentan (im Rahmen eines Master-Studiengangs) auf das Steuerberaterexamen 2022 vor. Da ich die Verwaltung gerne noch vor Ablegen des Examens (ggfs. in Richtung Big4) verlassen möchte, habe ich folgende Fragen:
- Ist eine Freistellung bei einem Wechsel auch so kurz vor dem Examen noch möglich, oder macht das keiner mit?
- Auf welcher Karrierestufe ist ein Einstieg realistisch? (Senior Associate?) Wie schnell findet eine Beförderung zum Manager statt? ggfs. direkt nach bestandenem Examen?
- (obligatorisch) Wie sieht es mit dem Gehalt vor und nach dem Examen aus? Hilft der Dipl. Finw. auch nach einem bestandenen StB noch, oder sind die Gehälter von StB mit/ohne Dipl. Finw. ähnlich?
Über Erfahrungsberichte (insb. von Dipl. Finw.) würde ich mich freuen. Vielen Dank!
In welchem Sachgebiet bist du denn aktuell eingesetzt und weshalb möchtest du die Finanzverwaltung überhaupt verlassen?
Ich habe es so ähnlich gemacht wie du. Nach dem Diplom Finanzwirt habe ich noch Lust gehabt auf mehr.
Ich habe einen Master in IT Management gemacht und nebenbei für die Steuerberaterprüfung gelernt.
Ich bekam dann einen Posten für die Betriebsprüferausbildung, war also in der allgemeinen Veranlagung, KSt und dann im Außendienst.
Auf Grund meiner guten Abschlussnote war ich nur 2 Jahre auf Probe verbeamtet.
Im 2. Jahr kurz vor Ende des Masters wurde ich noch nebenberuflicher Dozent an der entsprechenden Hochschule der Finanzverwaltung. Das half mir noch weiter im Steuerrecht allgemein fit zu bleiben.
Habe dann erst den Master sehr gut bestanden und anschließend den Steuerberater.
In dem Jahr wurde ich aber auch zum StOI.
Ich habe es mir dann sehr reiflich überlegt und noch an der FH, an der ich den Master gemacht habe, eine zweite nebenberufliche Dozententätigkeit angenommen.
Mir hat die Arbeit im Außendienst dann doch sehr gut gefallen und gerade mit den zwei Dozentenvergütungen war ich auch zufrieden mit meinen Einkünften.
Mittlerweile bin ich StAR, habe eine Frau, zwei Kinder und bin froh in der ländlichen Gegend geblieben zu sein.
Mit der Familienzulage kommt man sehr gut hin.
Mittlerweile doziere ich nur noch an der HS der Finanzverwaltung und habe dort aber mehr Stunden. Das bringt, so lange ich das weiter nebenamtlich mache weiterhin eine nette Zulage.
Ich fühle mich im öD als Beamter zu 110% wohl und bin froh, damals gezögert zu haben.
Dass ich den StB Titel habe ist gerade in der Auseinandersetzung mit den Beratern kein Nachteil, auch wenn es meiner Karriere genauso wenig etwas gebracht hat wie mein Master.
Aber mir persönlich hat es viel gebracht und ich bin viel zufriedener mit meiner Arbeit, da ich mich nochmal ganz bewusst für den Verbleib in der Laufbahn entschieden habe.
Wenn ich die Leute sehe, die den Diplom Finanzwirt eher mittelmäßig abschneiden, dann drei Jahre Probezeit haben und evtl erst nach 5 Jahren zum StOI werden, dann kann ich verstehen, dass es da verlockend erscheint in der freien Wirtschaft schneller höher aufzusteigen.
Sobald ich damals aber wusste, dass ich StA innerhalb von 5 Jahren werden kann auf Grund der verkürzten Probezeit, war der Wechsel für mich unattraktiv.
Zunächst einmal vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Da meine Laufbahnprüfung erst letztes Jahr war, sitze ich aktuell noch auf der VST. Ich möchte die Finanzverwaltung u.a. verlassen, da mir der vorgegebene Weg nicht zusagt und die Aufstiegsmöglichkeiten (für mein persönliches Empfinden) zu begrenzt sind. Natürlich kann man seine Aufgabe innerhalb der Verwaltung wechseln und dort nach der VST in Richtung Außendienst, RBST, zur übergeordneten Behörde etc. gehen, jedoch fühle ich mich dabei trotzdem noch zu eingeengt. Ich möchte einfach nicht mit Anfang/Mitte 20 schon wissen, wie mein Leben (auf beruflicher Ebene) in 40 Jahren aussehen wird. Zusätzlich demotiviert mich die Tatsache, dass weniger die eigene Leistung, sondern vielmehr der Ablauf der Zeit darüber bestimmt, wer befördert wird und wer nicht. Eine gute Leistung führt zwar zu eine früheren Beförderung, so wie es bei dir der Fall war, aber früher oder später sind auch all deine Kollegen in der selben Besoldungsgruppe wie du, obwohl sie vielleicht nicht ansatzweise so gut sind.
Unabhängig von meinen Erfahrungen in der Finanzverwaltung freut es mich, dass du so positiv berichten kannst und deinen Weg gegangen bist, ohne etwas zu bereuen. Wenn ich meine Kollegen sehe, die sich täglich über ihren Job und ihr Leben beklagen, ist es eine angenehme Abwechslung, auch mal von jemandem zu hören, der sich bei seiner Arbeit wohl fühlt.
Vielen Dank nochmal für den Erfahrungsbericht und dir ein frohes Weihnachtsfest!
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