@Vorvorposter
Das ist meine pers. Meinung auf Grund meiner Erfahrungen mit diesem AG. Es haengt aber mit Sicherheit auch immer davon ab, bei welcher Agentur man arbeitet, bzw. wer die Vorgesetzten sind.
Konkret war es bei mir so, dass ich mich mit der (immer noch vorhandenen) "Obrichkeitshoerigkeit" und Statik der gesamten Organisation sehr schwer getan habe. Der Dienstweg muss pingeligst genau eingehalten werden, Prozesse und Entscheidungen ziehen sich ewig in die Laenge und Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung sind sehr sehr eingeaengt. Wer in diesem System gross wird mag das nicht anders kennen, aber ich habe dort einfach nicht reingepasst. Wer mit sich selbst einen so grossen Kompromiss eingehen will und sich sagt 'gut, dann mach ich halt hier Dienst nach Vorschrift, denk nicht weiter nach und fuer mich ist das nur ein Mittel zum Geld verdienen' - fair enough! Modernes Dienstleistungsunternehmen vs. Behoerde...hach ich koennte meine Doktorarbeit drueber schreiben. Fuer mich war das jedenfalls der geistige Tod.
Ich geh noch weiter mit der Erklaerung: Bei der BA jagt seit Jahren eine Reform die andere. Seit McK und Berger dort aufgeschlagen sind ist es richtig gruselig geworden. Da musst Du als bewerberorientierter Vermittler Deine "Kunden" (ja, es wird von Kunden gesprochen...) klassifizieren. Wer Marktkunde (grds. so ziemlich jeder Akademiker - wo ist aber bitte der Markt??) oder Betreuungskunde (Alkoholiker etc.) ist, fuer den wird erstmal nicht viel getan. Dazwischen gibt's noch die Beratungskunden I und II, fuer die dann auch wirklich aktiv was getan wird. Kommt Euch bekannt vor? Im Studium aufgepasst? BCG-Matrix laesst gruessen...:-)) Nur, dass man nicht mit Cash-Cows zu tun hat, sondern mit Menschen und Schicksalen. In den meisten Faellen eher Poor-Dogs. Das ganze nennt sich HP (Handlungsprogramme) und jeder (!!!) Vermittler bei der BA kann ein Lied davon singen. Vermutlich eher in mol als in dur.
Dann hat der liebe Herr Weise ja einmal erklaert, dass die BA KEINEN SOZIALPOLITISCHEN Auftrag nachkommt. Tja was macht sie dann? Ich kann es euch verraten mit einem Wort:
Statistik!
Richtig gelesen. Der Sinn und Zweck der BA ist nicht das Allgemeinwohlinteresse zu vertreten oder gar beduerftigen zu helfen. Das ergibt sich auch nicht aus dem SGB III. Wirkich nicht! Der Sinn bzw. die Existenzberechtigung dieser Monsterbehoerde ist es vielmehr schoene Statistiken zu veroeffentlichen. Der Weg zu netten Integrationszahlen ist dabei vollkommen zu vernachlaessigen. Jeder der in eine Massnahme/Weiterbildung geht, jeder sich in Selbststaendigkeit versucht, sich fuer ein paar Monate von Zeitarbeitsfirmen ausnehmen laesst, sogar viele ueber 58 tauchen nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auf. Egal, wichtig ist, was hinten rauskommt! (frei nach Helmut "Birne" Kohl)
Das naechste was mich aufgeregt hat war zu sehen, was fuer eine riesen Geldvernichtungsmaschine die BA ist. Ich hab im AGS viel mit Foerdergeldern gearbeitet. Wenn Du monatlich auf Deine Gehaltsabrechnung schaust und dann selbst (Steuer-)Gelder sinnlos mit beiden Haenden aus dem Fenster wirfst, kommst Du irgendwann in Gewissenskonflikte oder wirst ein bisschen gaga. Nach wie vor ist alles Budgetgesteuert und das Geld MUSS weg. Es MUSS weg! Ich hab da Kohle aus dem Fenster gehauen das mir schlecht wurde. Hier mal 5000 an einen AG, dort mal 10000 fuer irgendeine Massnahme am Jahresende. Der Wahnsinn am Schreibtisch!
Dann das Arbeitsklima. Ein Kollege von mir hat nach 26 Jahren BA waehrend meiner Zeit das Handtuch geworfen. Er meinte, die letzte Reform sei der overkill gewesen. Nun ist er privater Arbeitsvermittler und ihm sind HP, Orgakonzept und Integrationszahlen scheissegal. Ich hatte sehr grossen Respekt vor der Entscheidung, zumal er sogar im Personalrat sass. Ansonsten bleibt zu sagen, dass nach oben ducken nach unten treten bei der BA ganz normal ist. Obrichkeitshoerigkeit eben. Wie koennen aber McK und Berger erwarten eine hierarchische, starre Mamutbehoerde organisatorisch zu reformieren, wenn die Voraussetzungen gar nicht gegeben sind? Organisationen sind dynamische Gebilde - in der freien Wirtschaft. Nicht aber, wenn es sich um eine kuenstlich aufgeblaehte, sich selbst am Leben erhaltende, budgetgesteuerte Behoerde geht. Irgendwie hat denen das vorher keiner gesagt. Egal, Geld haben sie ja genug bekommen. Sehr viel Geld sogar...
Personalpolitisch will ich auch noch was erzaehlen. Das war bei mir persoenlich auch der Hauptgrund, warum ich dort wieder aufgehoert habe. Der Staat als Arbeitgeber versaemt es hier im erschreckenden Ausmass soziale Verantwortung fuer seine Arbeitnehmer zu uebernehmen! Es ist kein Scherz jetzt. Mir sind Faelle bekannt, da wurden Arbeitsvertraege nach 11 Monaten nicht verlaengert und ehemalige BA-Mitarbeiter mussten somit Hartz4 beantragen! Einer einmonatige Verlaengerung, und somit der Anspruch auf ALG, wurde nicht stattgegeben. Statt dessen wurde sich um neue befristete Vermittler gekuemmert. Das widerspricht sich nicht nur heftigst moralisch, sondern auch mit der eigenen (schrift. fixierten) Personalpolitik. Des Weiteren sind mir Faelle bekannt, wo MA fuer 2 oder 3 Monate eingestellt wurden, wie bei einer Zeitarbeitsfirma. Es gibt sogar Faelle, und das sind keine Wandersagen, da sassen MA schon ein paar Tage zu Hause und dann kam der Anruf, wo sie denn bleiben. Naja, die Arbeitsvertraege bzw. Verlaengerungen waren nicht rechtzeitig unterschrieben worden. Ich moechte gar nicht erst wissen, wie viele MA jaehrlich auf Entfristung klagen. Duerften nicht wenige sein. Wie erwaehnt, die BA operiert da auf sehr duennem Eis.
So, ich hoer erstmal wieder auf. Sorry, wenn ich mich so in Rage geschrieben habe. Es kommen halt alte Emotionen hoch. Trotzdem bin ich ganz froh diesen "Scheissladen" (ich hoffe ihr koennt mich nun etwas besser verstehen) mal von innen kennengelernt habe.
LG, Andreas
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