Also ich habe es so gemacht: Ich habe mich nach dem Studium bewusst nicht in der WP (wegen zu viel Reisetätigkeit) und auch nicht bei größeren Gesellschaften beworben (Tätigkeit zu einseitig, zu viel Stress bis zum Examen) und meine Bewerbungen stattdessen gezielt an kleinere Kanzleien gerichtet.
Am Anfang gab es kaum Reaktionen auf meine Bewerbungen, weil die erstens niemanden wollten, der nach zwei / drei Jahren schon wieder geht, weil er das Examen schreibt und zweitens war ich im Vergleich zu den Steuerfachangestellten / Fachwirten wohl einfach auch zu teuer. Ich habe sogar eine Absage von einem Steuerberater bekommen, in der er mir geschrieben hat, ich sollte mich doch bei den Big4 bewerben, das sei seiner Meinung nach deutlich aussichtsreicher, lol!
Naja, ich habe eine Weile erfolglos gesucht und bin dann einfach mit geringeren Gehaltsvorstellungen reingegangen. Und dann hat es sofort geklappt bei einer kleineren Kanzlei. Zufall? Keine Ahnung....
Auf jeden Fall war ich am Ende sehr zufrieden, wie das alles gelaufen ist. Kaum Überstunden, viele Urlaubstage, viele Seminare von dem Kanzlei bezahlt bekommen. Musste nicht mit "Schlips und Kragen" zu Arbeit, Kanzlei war cool gelegen in der Stadt. Habe viel gelernt. Ich konnte bis zum Examen ganz normal Urlaub nehmen und musste nichts für die Freistellung aufsparen. Längere (unbezahlte) Freistellung für das Examen problemlos gekriegt. Netto-Gehaltseinbuße in der gesamten Assistentenzeit im Vergleich zu höchstbezahlten Alternative: ca. 12.000 ?.
Ich würde es jederzeit wieder so machen.
Nun zu deiner konkreten Frage: Ja, im Prinzip kann als Praxiszeit auch die praktische Tätigkeit im Rahmen einer dualen Ausbildung angerechnet werden. Die Tätigkeit muss allerdings den Kernbereich der Tätigkeit eines Steuerberaters ausmachen: Erstellung von Abschlüssen, Steuererklärungen, USt-VA usw. Das reine Buchen von Geschäftsvorfällen sowie Administration wie z. B. Post oder Telefon zählen nicht dazu. Und hier sehe ich das Problem: Azubis machen vor allem Buchhaltung und Telefon / Post. Genau genommen würde die Tätigkeit vom Inhalt her also nicht für das Examen ausreichen. Allerdings überprüft die Kammer die Arbeitsbescheinigung der Kanzlei nicht. Wenn du also eine Kanzlei findest, die dir eine entsprechende Bescheinigung ausstellt, ist es eigentlich egal, was du wirklich gemacht hast.
Allerdings ist es halt fraglich, ob dich wirklich eine Kanzlei ausbilden will, wenn du nachher gar nicht bei denen arbeiten willst.
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