Hey WiWis,

wie wichtig schätzt ihr so die Aufmachung der Bewerbung (Aufbau Lebenslauf, Anschreiben, etc.) im Vergleich zum Inhalt ein?

Ich will das Thema diskutieren, da ich in meinen Bewerbungsrunden (Praktika) ein paar extreme Erfahrungen gemacht hab. Derzeit mach ich ein Jahr Pause zw. Bachelor und Master um Praktika zu sammeln. Mein Profil ist nicht schlecht (Studium im europ. Ausland, Auslandssemester, ein Praktikum, viel außerkurriukarer Einsatz) und trotzdem war bei meinen ersten paar Runden überhaupt nicht erfolgreich. Meine Bewerbungen gingen hauptsächlich an Big4 und UBs (Tier2-3) und meine Quote bei denen war vielleicht eine Einladung auf knapp 30 Bewerbungen.
Aktuell bin ich wieder in einer Bewerbungsphase, diesmal Big4 und DAX30 Controlling, und derzeit liegt meine Quote bei knapp 50%. Dazu war fast jede Absage bisher explizit aufgrund des Zeitraums. Das sind sicher auch keine Standard-Mails da ich teils Anrufe bekommen hab, wo gefragt wurde ob ich nicht auch länger könnte. Meine Anschreiben waren übrigens in dem Fall auch Masse und nicht jedes Mal individuell verfasst.

Was sich geändert hat? Einfach nur die Aufmachung meiner Bewerbung, und dazu eigentlich recht triviale Dinge, die auch teils sogar anders von Bewerbungsberatern und im Internet empfohlen werden:

• Lebenslauf einseitig statt zweiseitig
• Foto im Lebenslauf
• Anschreiben nach Geschäftsbrief-Standard

Etc.

Dass die Aufmachung immer etwas aufwertet ist ja klar, aber dass es so einen gewaltigen Unterschied zu machen scheint finde ich schon beängstigend. Derzeit wirkt es auf mich so, als wäre Personalern die Aufmachung wichtiger als der Inhalt und damit der Kandidat selbst.

Wie sind eure Erfahrungen dahingehend? Ist die Qualität der Materialien so wichtig in Deutschland? Und warum ist das so?

Ich bewerbe mich normal mit genau einer Seite (CV) und ner relativ knappen E-Mail. Sehr gute Quote.

Hab die Erfahrung gemacht, dass ein GUTES Foto sehr viel bringt. Hatte vorher kein Foto, seitdem hatte ich keine Absage mehr (Big4, DAX, KMU)...

Ja, die Aufmachung ist wichtig. Inhalt interessiert keinen. Hauptsache gutes Foto (mti Anzug/Krawatte, in Managerkörpersprache).

Du solltest das aus Sicht derjenigen sehen, die Deine Bewerbung lesen und bearbeiten sollen, also ein Mitarbeiter im Personalbereich sowie im Erfolgsfall eine Führungskraft aus dem Fachbereich.

Diese Menschen bekommen eine Vielzahl von Anschreiben und Lebensläufen, die in möglichst kurzer Zeit erfasst, verstanden und in Kategorien sortiert bzw. an Ansprechpartner weitergeleitet werden sollen. Bei Personalern gehört das zum Hauptberuf, bei Führungskräften im Fachbereich ist das eine Nebentätigkeit parallel zum Tagesgeschäft.

Die Vielzahl führt dazu, dass man Lebenslauf und Anschreiben nicht mehr in Gänze durchliest und auf sich wirken lässt, sondern aktiv und effizient nach relevanten Informationen durchsucht, um möglichst schnell eine Einordnung vorzunehmen - Kandidat grundsätzlich geeignet oder ungeeignet. Wenn Du mal eine Vielzahl von Lebensläufen in einer kurzen Zeit durchgelesen hast, wirst Du dieses Gefühl nachvollziehen können. Man liest nicht mehr, man "scannt".

Je länger und umständlicher Dein Lebenslauf, je stärker die Verletzung der Grundsätze in Schriftbild, Sprachstil, Formatierung, Sortierung etc., je verwirrender, fehlerbehafteter und nebensächlicher Dein Anschreiben, desto unprofessioneller wirkt der gesamte erste Eindruck, den diese Unterlagen beim Empfänger hinterlassen. Denn wer nicht mal die Unterlagen zu seiner eigenen Person in eine geordnete und verständliche Form bringen kann (so dass der "Scanner" schnell seine Informationen findet), der schafft das im Berufsleben bei weit komplizierteren Themen erst recht nicht.

Eine verwirrende, komplexe und überladene Bewerbungsunterlage mag für sich genommen noch ganz interessant, kreativ und "anders" wirken, im Quervergleich mit 100 anderen (direkt vorher durchgelesenen) Lebensläufen ist sie nur noch eine Qual.

Eine gute Aufmachung ist also keine Garantie dafür, dass Du eine Einladung bekommst, aber Anschreiben und Lebenslauf werden wenigstens bis zum Ende durchgescannt. Eine schlechte Aufmachung hingegen kann dazu führen, dass die Unterlagen eines ansonsten guten Kandidaten entnervt zugeklappt und auf den Stapel "ungeeignet" gelegt werden, da der erste Eindruck dermaßen unprofessionell ist, dass der Bereich sich eine Zusammenarbeit mit dem Bewerber gar nicht vorstellen mag.