Führungskräfte leisten rund 14,6 Stunden unbezahlten Überstunden im Monat
Im Jahr 2014 arbeiteten die Erwerbstätigen in Deutschland mit 58,5 Milliarden Stunden 1,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Angestellte mit Führungsaufgaben leisten mit rund 14,6 Stunden die meisten unbezahlten Überstunden im Monat. Bei Angestellten mit hochqualifizierten Tätigkeiten und Leitungsfunktionen waren es 7,3 unbezahlte Überstunden im Monat.
Führungskräfte leisten rund 14,6 Stunden unbezahlten Überstunden im Monat
Nürnberg, 05.03.2015 (iab) - Im Jahr 2014 arbeiteten die Erwerbstätigen in Deutschland insgesamt 58,5 Milliarden Stunden. Das entspricht einem Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichtete das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Mehr gearbeitet wurde zuletzt 1992 mit 59,9 Milliarden Stunden.
Das Arbeitsvolumen hat sich 2014 auch bei durchwachsener Konjunktur kräftig erhöht. Der Arbeitsmarkt bleibt Zugpferd der deutschen Volkswirtschaft, hält Enzo Weber, Leiter des IAB-Forschungsbereichs Prognosen und Strukturanalysen fest. Dieses Wachstum ist sowohl auf die Zunahme bei den Erwerbstätigen als auch auf den Anstieg bei der Arbeitszeit zurückzuführen.
Die Erwerbstätigkeit nahm im Jahr 2014 um 0,9 Prozent zu und hat mit 42,7 Millionen einen neuen Höchststand erreicht. Die durchschnittliche Jahresarbeitszeit der Erwerbstätigen stieg 2014 um 0,6 Prozent und lag bei 1.371 Stunden. Selbständige und mithelfende Familienangehörige arbeiteten 2014 durchschnittlich 1.973 Stunden, beschäftigte Arbeitnehmer 1.302 Stunden.
Ein Grund für die angestiegene Arbeitszeit sei, dass die Beschäftigten mit durchschnittlich 1,3 Stunden wieder Guthaben auf ihren Arbeitszeitkonten sammelten. Im Jahr 2013 wurden noch drei Stunden abgebaut, erklärt Weber. Der Anstieg sei außerdem auf die geleisteten Überstunden zurückzuführen. Beschäftigte Arbeitnehmer machten 2014 im Durchschnitt 21,1 bezahlte Überstunden und damit 1,1 Stunden mehr als im Vorjahr. Die unbezahlten Überstunden lagen 2014 bei 27,8 Stunden, es waren damit 0,6 Stunden mehr als 2013.
Was sind Überstunden?
Als definitive Überstunden bezeichnet man solche Mehrarbeit, die die Arbeitszeit eines Beschäftigten tatsächlich verlängert. Diese werden nach ihrer Abgeltungsform in bezahlte und unbezahlte Überstunden unterschieden. Bei den bezahlten Überstunden findet ein monetärer Ausgleich statt. Beschäftigte werden für die mehr geleistete Arbeitszeit entlohnt, zum Teil gibt es über den normalen Stundenlohn hinaus auch einen Überstundenzuschlag. Bei den unbezahlten Überstunden findet kein Ausgleich statt. Beschäftigte erhalten weder eine finanzielle Abgeltung, noch die Möglichkeit, die mehr geleistete Arbeitszeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder auszugleichen.
Im Gegensatz zu den bezahlten und unbezahlten Überstunden führen transitorische Überstunden nicht zu einer tatsächlichen Verlängerung der Arbeitszeit. Bei transitorischen Überstunden handelt es sich um mehr geleistete Arbeitsstunden, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder durch Freizeit ausgeglichen werden. Damit verändern transitorische Überstunden nur die Lage und Verteilung der Arbeitszeit. Insgesamt gibt es einen langfristigen Trend zu weniger bezahlten Überstunden in Deutschland. Dieser lässt sich insbesondere auf den Strukturwandel am Arbeitsmarkt und neue Instrumente zur Arbeitszeitflexibilisierung wie Arbeitszeitkonten zurückführen.
Ergebnisse nach Stellung im Beruf
Auch bei der Betrachtung der bezahlten und unbezahlten Überstunden nach dee Stellung im Beruf zeigen sich deutliche Unterschiede
- In der Gruppe der Arbeiter haben bezahlte Überstunden eine hohe Bedeutung. Dabei steigt die Anzahl der bezahlten Überstunden mit zunehmender Qualifikation bzw. einer höheren betrieblichen Position. Während ungelernte Arbeiter im Durchschnitt rund 1,9 bezahlte Überstunden pro Monat leisteten, waren es bei Meistern und Polieren rund 4,3 Überstunden. Unbezahlte Überstunden werden von Arbeitern nur in geringem Maße geleistet.
- Im Vergleich zu den Arbeitern haben bezahlte Überstunden in der Gruppe der Angestellten eine geringere Bedeutung. Angestellte mit umfassenden Führungsaufgaben leisten die meisten unbezahlten Überstunden, im Durchschnitt waren es rund 14,6 Stunden pro Monat; bei Angestellten mit hochqualifizierten Tätigkeiten und Leitungsfunktionen waren es 7,3 unbezahlte Überstunden. Dagegen sind unbezahlte Überstunden bei Angestellten mit einfachen oder qualifizierten Tätigkeiten von geringerer Bedeutung.
- In der Gruppe der Beamten zeigt sich mit zunehmendem Dienstgrad eine Abnahme der bezahlten Überstunden und eine Zunahme der unbezahlten Überstunden. Beamte im einfachen oder mittleren Dienst weisen die geringsten Überstunden auf, wobei die Anzahl der bezahlten Überstunden hier noch etwas höher ausfällt als die Anzahl der unbezahlten Überstunden. Beamte im höheren Dienst leisten fast ausschließlich unbezahlte Überstunden, im Durchschnitt rund 9,6 Stunden pro Monat.
- Qualifikationsbedingte Unterschiede werden in der Gesamtbetrachtung aller Arbeitnehmer durch die unterschiedliche Voll- und Teilzeitstruktur etwas überzeichnet. Betrachtet man nur Vollzeitarbeitnehmer, so fallen etwa die Unterschiede bei unbezahlten Überstunden zwischen hochqualifizierten und einfacheren Tätigkeiten bei den Angestellten moderater aus.
Der Krankenstand blieb im Vergleich zum Vorjahr mit 3,8 Prozent ungefähr gleich. Nach ersten vorläufigen Hochrechnungen lag die Kurzarbeit im Jahr 2014 mit rund 93.000 Personen unter dem Stand des Vorjahres (124.000 Personen).
Download Durchschnittliche Arbeitszeit in Deutschland 2004-2014 [PDF, 1 Seite - 48 KB]
http://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/tab-az2014.pdf
Download Verbreitung von bezahlten und unbezahlten Überstunden [PDF, 8 Seiten - 308 KB]
http://doku.iab.de/aktuell/2014/aktueller_bericht_1407.pdf
Überstunden-Auswertung anhand des Sozioökonomischen Panels 2012
Um die Anzahl der geleisteten bezahlten und unbezahlten Überstunden anhand verschiedener Charakteristika zu unterscheiden, werden die Befragungsergebnisse des Sozioökonomischen Panels (SOEP) von 2012 ausgewertet. Auswertungen vorheriger Wellen des SOEP finden sich in Anger (2006), Brautzsch et al. (2012) und IW (2014). Das SOEP ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung. Im Auftrag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin werden jedes Jahr in Deutschland etwa 30.000 Personen in fast 11.000 Haushalten zu den Themen Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung oder Gesundheit befragt. Das SOEP bildet auch eine Hauptdatenquelle der IAB-Arbeitszeitrechnung in Bezug auf die Überstunden.