Vorab: Ich bin Mediziner, der selbst neben Medizin noch BWL studiert hat. Ich kann die beiden Fächer also ganz gut miteinander vergleichen.
WiWi Gast schrieb am 07.06.2023:
WiWi Gast schrieb am 06.06.2023:
Absoluter BS.
In Mannheim haben die Leute im Durchschnitt einen besseres Abi als bei fast allen medizinischen Fakultäten.
Quelle? Oder gefühlte Wahrheit?
Bei Meidzin werden viele nicht über Abi Note alleine sondern über Ausbildung etc zugelassen. Kumpel von mir ist mit 2,1 und Ex-Freundin mit 1,8 zugelassen worden beide mit entsprechender Ausbildung und Medizinertest. Das so wenige durchfallen liegt daran, dass wir einen immensen Ärztemangel haben und ein Studienplatz 250k kostet. Niemand hat Interesse daran, dass Jemand abbricht.
Wenn man mit 2,1 und 1,8 zum Medizinstudium zugelassen wurde müsste der Medizinertest herausragend sein (>95% Perzentil). Aber auch hier würden mich die Fakultäten interessieren. Zu meiner Zeit war der Medizinertest für das "Auswahlverfahren der Hochschule" obligatorisch für Mannheim und Heidelberg, bei vielen anderen Fakultäten brachte er einen Bonus von lediglich ein paar Zehnteln. Ich persönlich kannte keinen einzigen solchen Fall wie deinen, lediglich ein paar Leute mit Abi um die 1,5, die es mit extrem guten Medizinertest geschafft haben. Insofern kommen mir deine Aussagen wenig glaubwürdig vor.
60% der Klausurfragen sind auch kein Mythos sondern Infos aus erster Hand von der Charité. Das man die Klasuren mit 2-3 Tagen Vorbereitung schaffen kann ebenso. Weder meine Ex noch mein Kumpel hatten ein immenses Lernpensum. Beide haben durchaus was fürs Studium gemacht aber vom Pensum absolut mit anderen Studiengängen zu vergleichen.
Es gibt in Medizin ein sehr breites Spektrum von Klausuren. Umweltmedizin besteht man mit 2-3 Tagen Lernen. Für Innere Medizin und Pharma hat man an meiner Fakultät mehrere Wochen gelernt. Da war auch nichts mit "60% Altfragen". Und für die Staatsexamina lernt man immer mehrere Monate.
Die Charité hat einen Modellstudiengang, da läuft vieles anders und die genaue Verteilung der Lerndichte entzieht sich meinem Wissen. Aber Anatomiekurs und Physikum in den beiden ersten Jahren sind extrem lernaufwändig. Später in der Klinik wird es etwas lockerer, aber auch da hat man im Durchschnitt pro Semester eine häretere Klausur (wie die beiden Beispiele oben).
Mit zwei Wochen vorher anfangen zu lernen kommst du vielleicht an der WHU gut durch. An richtigen Unis ist das teilweise selbst für eine Klausur zu wenig. Gab bei uns mehr als genug Leute die die kompletten Semesterferien in der Bib verbracht haben nur um durch Mikro durch zu kommen.
Diese Leute waren dann vermutlich nicht sehr begabt für das Fach. Mit etwas quantitativer Begabung ist BWL/Wiwi sehr leicht und mit verhältnismäßig wenig Aufwand zu bestehen.
WiWi Gast schrieb am 07.06.2023:
Um es kurz zu machen:
Ja, Medizin ist die perfekte Karriere.
Studium deutlich einfacher und schneller als vergleichbare MINT Fächer. Gehalt und soziales Ansehen sind kaum zu schlagen. Sobald mal fertig mit dem Facharzt ist, sind die Arbeitsbedingungen absolut top (Ärzte die sich beschweren sollten mal ein Praktikum in ähnlich gut bezahlen Jobs wie Großkanzlei oder UB machen, dann kann man mal drüber reden was harte Arbeitszeiten sind)
Ich kann mir vorstellen, dass Medizin in intellektueller Hinsicht leichter ist als viele MINT-Fächer; der Lernaufwand per se ist aber nicht geringer. Ob es so sinnvoll ist, über Wochen die Anatomie des menschlichen Körpers bis ins kleinste Detail einschließlich jedes winzigen Knochenvorsprunges zu lernen, sei mal dahingestellt.
So prickelnd sind die Arbeitsbedingungen auch als Facharzt nicht, als Oberarzt an einer größeren Klinik hat man in der Regel noch einmal mehr Stress als die Assistenzärzte, und deren Leben ist schon nicht schön.
Ich bin nach ein paar Jahren in der Klinik für eine gewisse Zeit in die ach-so-stressige UB gegangen. Dort habe ich so viel gearbeitet wie in der Klinik (deutlich weniger, wenn man die "nebenklinischen" Tätigkeiten wie die obligatorische Freizeitforschung mitreinrechnet), und habe mehr verdient als ein junger Oberarzt. Und der Arbeitstag an sich war deutlich entspannter. Ihr habt echt alle keine Ahnung von der Realität des ärztlichen Arbeitslebens, vor allem in den Kliniken.
Ich bin dennoch zurück in die Klinik gegangen, weil mir in der UB der "innere Sinn" meiner Arbeit gefehlt hat, und ich gemerkt habe, dass mich das am Ende mehr belastet hat als meine Dienstvergütung, bei der ich netto (nein, die ist nicht steuerfrei) teilweise unter dem Mindestlohn lande. Dieser innere Sinn ist der Grund, warum Medizin für mich eben doch die "perfekte Karriere" ist (um mal auf die Ursprungsfrage zurückzukommen). Ich könnte niemals dauerhaft einen Job machen, bei dem es ausschließlich ums Geld geht. Ich kann als Arzt einer Tätigkeit nachgehen, für die ich mich auch ohne Geld motivieren kann. Dadurch ist mein Beruf nicht einfach nur "Lebenszeit gegen Geld verkauft".
Weder in meiner alten, noch in meiner neuen Abteilung habe ich übrigens auch nur ein einziges Mal mitbekommen, dass ein frischer Facharzt sich in unserem Fach niederlassen konnte - ein paar haben ihre Facharztausbildung um 2 Jahre Allgemeinmedizin ergänzt und konnten sich so als Hausärzte niederlassen. Es gibt kaum noch "freie" Kassensitze außerhalb der Allgemeinmedizin, weil alle von PE-gestützten Ketten oder einzelnen Großpraxen aufgekauft wurden. Und für die wenigen Sitze, die noch auf den Markt sind, muss man mittlerweile teilweise siebenstellige Beträge hinlegen - das lohnt sich für den einzelnen Arzt nicht, weil die Kette ganz andere Economies of Scale und Umsatzoptimierung (zu Lasten des Gesundheitssystems) realisieren kann. Die Zeiten, wo man sich als Facharzt eine goldene Nase verdienen konnte, sind vorbei.
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