Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 22
Das ihm Abverlangte trug menschenunwürdige Züge, war eine Art Judasdienst. Nichts hatte das mehr gemein mit der viel beschriebenen Loyalität gegenüber dem Unternehmen.
Ihre Stimme, warm und einladend, hatte zuerst das Gespräch mit Seymour gesucht. Nach den einleitenden Worten hatte Sie ihn kurz darum gebeten, Philipp in seiner Funktion vorzustellen. Natürlich beschrieb Seymour das Betriebsklima als herzlich und bestimmt, wenngleich er keinen Zweifel daran aufkommen ließ, dass er sich als eine Art Übervater verstand. Der geistige Ziehvater, der die jungen Wilden um sich herum scharte und ihre drangvoll kreativen Impulse und ihr Potential lenkte. Er betonte die weltweit herausragende Stellung der Cymatrix Company und verwies auf die Einzigartigkeit des Projekts. Dabei wirkte er in der Tat so souverän und überlegt wie ein verantwortungsbewusster Pater Familias. Einer, der Schaden und Beeinträchtigungen aller Art fernhielt und als Förderer und Mäzen auftrat. Philipp an seiner Seite wurde von ihm als die aufstrebendste Kraft im Unternehmen innerhalb des letzten Jahres bezeichnet und er wurde für seine Führungsqualitäten und sein weitreichendes Gespür für Mitarbeiter und die prompte Beseitigung anfallender Probleme in den höchsten Tönen gelobt.
Das Ganze schien in Philipps Augen zu einer einzigen Farce zu verkommen und wurde zum Sinnbild perfidester Perversion. Eine Farce allerdings, die nur für ihn zu durchschauen war, kannte er doch im Gegensatz zu all den Anwesenden einen ausschlaggebenden Teil des facettenreichen Wesens von Seymour. Sämtliche Leute im Raum, ahnungslos und fernab solch entlarvender Gedanken, verfolgten gespannt die glorifizierenden Äußerungen Seymours.
Ihre Blicke waren wie gebannt auf das Modell von Projekt M gerichtet, das da draußen zwischen dem südlichsten Zipfel von Brooklyn und dem Ort Atlantic Highlands in der Realität kurz vor der Vollendung stand. 10,5 Meilen lang war der Koloss aus Stahl und Beton. Die amerikanische Gesellschaft würde einmal mehr ihre Vormachtstellung unter Beweis stellen und als Wegbereiter des technischen Fortschrittes gelten. Die Welt würde den Atem anhalten und gebannt nach New York, dem Nabel der Welt schauen. Dann richtete Karyn Volonski das Wort an Philipp, der zu den besonderen Herausforderungen, die ein Projekt dieser Größenordnung mit sich brachte, einen Kommentar abgeben sollte.