Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 8
Die Klappschlösser am schwarzen Aktenkoffer schnellten zurück.
Und dann war er plötzlich wieder bei dem Bild, das das Schachspiel zeigte. Es war völlig unerwartet vor seinem Auge aufgetaucht. In der Tat war ihm auf einmal klar, in welchem Verhältnis die beiden Schachspieler zueinander standen. Das deutete sich nicht zuletzt durch die Perspektive an. Der vordere von beiden, der zur Hälfte mit dem Rücken zum Betrachter saß, war der Untergebene und auch im Spiel der Unterlegene. Der Andere, in einer Pose genussvollen Triumphes mit einem irgendwie spitzbübischen und heimtückischen Lächeln auf den Lippen, war nicht nur der im Spiel herrschende und Ton angebende. Er hatte die Zügel, oder hätte man besser sagen sollen Züge, in der Hand, dominierte auf ganzer Linie, auf dem gesamten schwarz-weiß karierten Feld. Sein Gesicht spiegelte die unwiderrufliche Siegesgewissheit wieder, und das versetzte ihn in Erregung. Er schien den Anderen systematisch in die Enge zu treiben und sein Spiel gnadenlos durchzuziehen. Und er schien Freude, ja, eine tiefe Genugtuung, daran zu finden. Es schien nicht nur um dieses Spiel zu gehen. So viel wurde Philipp aus den jeweiligen Haltungen der Kontrahenten klar. Es ging noch um etwas anderes.
Und dann begann auf einmal Leben in das Bild vor seinen Augen einzukehren. Die Kamera, immer noch sein geistiges Auge, begann langsam um den Tisch zu kreisen. Die Anspannung des Unterlegenen, seine gesamte verzweifelte Lage, vermochte er deutlich zu spüren. Ja er hatte sogar den Eindruck seinen Angstschweiß zu riechen. Dann als der Führende seine Hand in Richtung einer zu ziehenden Figur ausstreckte, wurde er dessen Siegelring gewahr. Auf dem goldenen Ring waren in tiefem schwarz die Initialen J.S. eingelassen. Der Schock fuhr ihm durch sämtliche Glieder. Dann hatte er auf einmal dieses höhnisch grinsende Gesicht vor seinen Augen. Das Gesicht von John Seymour. Er wusste jetzt definitiv wer da gegen wen spielte.
Er legte sich rücklings aufs Bett und starrte zur Decke. Es begann schließlich zu dämmern. Mehrere Stunden musste er einfach starrend dar gelegen haben. Es war so als hätte ihn irgend etwas gelähmt, hätte ihn in den Zustand vollkommen beherrschender Paralyse versetzt. Überflüssig zu erwähnen, dass er am nächsten Tag ziemlich gerädert aufwachte. Seinem Körper und seinem Geist war es versagt geblieben, Entspannung zu finden.