Studien- und Berufswahl: Interview mit Ulrike Flach (MdB)
Mit Ulrike Flach, Vorsitzende des Ausschusses für Bildung und Forschung im Bundestag, sprach Martin Hellwig über zentrale Themen der Studienwahl und Berufswahl.
Wie beurteilen Sie den boomenden Bereich Online-Studium?
Die virtuelle Hochschule ist bei uns noch viel zu sehr in den Kinderschuhen. Es ist ja - wenn man es mal ganz ehrlich sagt - nur die Fern-Uni Hagen, die ein annehmbares Angebot hat. Überall gibt es Online-Varianten, aber nicht wie in Amerika die Möglichkeit, sich nur im Online-Betrieb zu bewegen. Unser Vorschlag ist, dies an einer Uni in Deutschland ohne viel Präsenz auszuprobieren, weil ich damit ja auch den ganzen Weiterbildungsmarkt erreiche.
Was muss getan werden, damit Akademiker arbeitsmarktorientiert studieren?
Das Wichtigste ist natürlich, mit örtlichen Unternehmen zu sprechen. Dort ist das erste Signal. Wir haben auf Bundesebene zusammen mit den Ländern eine Art Frühwarnsystem installiert, das aber noch in den Kinderschuhen steckt. Wenn das richtig funktioniert, haben wir zumindest die Chance, Dinge rechtzeitig zu erfassen. Dann käme es nicht mehr zu diesen sogenannten Schweinezyklen.
Könnten Sie dieses Frühwarnsystem vielleicht ein wenig konkretisieren?
Das Frühwarnsystem heißt, dass man konsequent als Bund und Land mit den Arbeitsämtern bzw. den Unternehmensverbänden Kontakt hält und die Statistiken abgleicht. Damit nicht mehr das passiert, was Anfang der 90er eingetreten ist: Die Signale kamen zu spät von der Unternehmensseite. Erst brauchen wir ganz viele, dann brauchen wir wieder keine, dann wieder ganz viele Arbeitnehmer. Das geht aber nur, wenn ich in kontinuierlichem Kontakt bin. Das ist schwierig, das so zu installieren, dass es auch richtig läuft - in meinen Augen aber die einzige Chance. Frühzeitig gilt es Trends zu erkennen, nicht wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Welche Kernkompetenzen / Schlüsselqualifikationen sind heutzutage unabhängig von der Teildisziplin im Wirtschaftsstudium relevant? Was würden Sie Studienanfängern bzw. Studenten raten, auch außerhalb des Studiums?
Neben Sprachkompetenzen ist es sicher die Teamfähigkeit, und ich würde auch jedem Studenten raten, die sozialen Kompetenzen zu schulen. Das kann man ja unterschiedlich machen. Einerseits, indem man in entsprechende Weiterbildungsinstitutionen geht, andererseits nutzen viel zu wenige die Möglichkeit, in Vereinen oder Verbänden tätig zu sein. Wer das in frühester Jugend schon praktiziert hat, hat ein ganz anderes Verhältnis zum Umgang mit Menschen.