Ich finde es bedenkenswert, wenn man als Initiator dieser Gruppe um Meinungen bittet und diese dann kritisiert, wenn sie nicht dem gewünschten Ergebnis passen.
Zu sagen, dass die "Kritiker" Zivildienst geleistet oder sich gar "gedrückt" haben, ist ja wohl eine Unterstellung, die jeder Grundlage entbehrt. Oftmals wird man durch die Bundeswehr selber zum "Kritiker". Ich selber habe meinen Dienst ganz vorurteilsfrei angefangen, aber nach der Grundausbildung saß ich nur noch auf der Stube rum, habe Videos geschaut, mit meinen Kameraden dummes Zeug gelabert und abends Bier gesoffen. Dieses Bild von der Bundeswehr habe ich durch die Bundeswehr selber bekommen. Und ich bin da sicherlich nicht die Ausnahme.
Wenn immer man einen ?Bundi? trifft, kann er einem die gleichen Geschichten erzählen. Inwieweit ich dem Land geholfen habe, mag ich bezweifeln. Ich habe eher das Gefühl, dass ich Ressourcen gebunden habe. Denn die Ausbilder, auch wenn sie nichts taten, waren sie ja zumindest vor Ort und haben Geld gekostet. Was ich gelernt habe, ist wohl mittlerweile vergessen. Bis auf die Dienstgrade. Wenn es jetzt zum Krieg kommt, dann fange ich praktisch bei Null an. Da hätte ich mir die Monate beim Bund auch sparen können. Eher würde ich jetzt versuchen, mich einer Bürgermiliz anzuschließen, weil ich erfahren habe, wie schlecht die Bundeswehr teilweise organisiert ist, so dass ich keine Lust habe, aufgrund von Orga-Fehlern ein Selbstmordkommando zu absolvieren. Es gibt sicherlich sehr gute Einheiten bei der Bundeswehr, die auch international mithalten können. Das ist aber nur die Spitze. Das Gros der ?Wehrpflicht-Armee? ist wohl kaum Einsatzfähig. Von daher ist es gut, dass es jetzt de-facto eine Berufsarmee gibt.
Ich behaupte mal, dass die Gefahr der großen Panzerschlachten in der Norddeutschen Tiefebene, um den Kommunismus aufzuhalten, für die nächsten Jahrzehnte gebannt ist. Ein Massenheer wird nicht benötigt. Die Zeit der momentanen Konflikte benötigt eine spezialisierte Truppe, die international schnell einsatzbereit ist. Hierfür bedarf es Berufssoldaten. Von daher zweifel ich den Nutzen von Wehrübungen von Reservisten für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr für ihr momentanes Einsatzspektrum an. Wehrübungen sind gut, wenn es um die breite Landesverteidigung geht. Dieses ist aber momentan und in absehbarer Zeit nicht gefährdet. Von daher ist es unangebracht, davon zu reden, dass man für das Land sein Leben einsetzt, nur weil man gelegentlich mal eine Wehrübung macht. In der aktuellen Situation helfen Reservisten, sofern sie nur paar Tage im Jahr eine Wehrübung machen, der Bundeswehr kaum. Höchstens wenn der Reservist als Urlaubsvertretung eingesetzt wird. Unternehmen die diesem kritisch gegenüber stehen sind somit keine ?Vaterlandsverräter? sondern haben vielleicht selber den Sinn und Nutzen kritisch hinterfragt. Zumal der Vorgesetzte ja auch selber erfahren haben könnte, dass bei der Bundeswehr mehr gesoffen als geschossen wird.
Menschenführung wird da wohl auch kaum gelernt. Was ich da an Menschenführung selber erfahren habe. Das geht auf keine Kuhhaut. Katastrophal. Und das rumscheuchen von Rekruten auf dem Kasernenhof ist was anderes als in einem Unternehmen. Bei der Bundeswehr führt man aufgrund seines Dienstgrades. Im Unternehmen muss man sich den Führungsanspruch aufgrund von Kompetenz und Leistung erarbeiten. Wer meint, dass er Menschen befehlen kann, nur weil er eine gewisse Position innehat und sonst nichts kann, der macht sich lächerlich. Von daher ist der Einwand, Führungserfahrung zu sammeln, für die meisten Unternehmen belanglos.
In den meisten Fällen machen die Reservisten die Wehrübungen doch, weil es ihnen Spaß macht und nicht weil sie dazu gezwungen werden. Ergo ist es deren Privatvergnügen. Den Sinn für das Allgemeinwohl habe ich ja bereits in Frage gestellt. Warum sollte ein Wirtschaftsunternehmen für das Privatvergnügen bezahlen? Gerade wenn die Arbeitskraft benötigt wird, kann ich gut verstehen, dass die Unternehmen die Leute nicht freistellen wollen. Wenn es die Zeit erlaubt, kann es auch sein, dass man ohne Bezahlung freigestellt wird. Ich kann mir aber kaum vorstellen, dass man freigestellt wird und man dafür noch Lohn bekommt. Da kann ich die Unternehmen verstehen.
Und noch ein kleiner Tipp: Man kann zu der Bundeswehr stehen wie man will, im Unternehmen würde ich aber nicht so auf ?Bundi? machen. Das kommt meistens nicht gut. Damit kann man den Kollegen wohl schnell auf die Nerven gehen. Und wenn man das merkt, einfach ruhig sein und eben nicht versuchten, die Leute zu ?bekehren?.
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