WiWi Gast schrieb am 10.10.2021:
Hallo D-CH-F,
ich verfolge deine Beiträge hier im Forum schon länger.
Kann deine Punkte nachvollziehen, möchte aber trotzdem mal dagegen argumentieren,
im Sinne von Haus Bauen im Elsass.
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Für jemand der nicht fliessend Französisch spricht ist das unrealistisch. Wie will man als Bauherr, mit Ämtern, Architekten, Marklern, Gutachtern etc. kommunizieren. Wenn irgendetwas ist gilt franz. Recht mit Gerichtsstand in Frankreich. Ausserdem ist ohne fliessende Französisch Kenntnisse die Wahrscheinlichkeit höher in irgend einer Art über den Tisch gezogen/betrogen zu werden.
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Es gibt Gründe warum Hauspreise (nicht Grundstückspreise) für ein ähnliches Haus im Elsass deutlich günstiger sind als sagen wir mal auf der deutschen Seite des Rheins:
Der Baustandard in F ist wesentlich tiefer als bei uns. In F darf sich jeder ohne irgendeine Meister- oder sonstige Prüfung als Handwerker betätigen. Fliessenleger, Sanitär, Maurer mit Null Berufserfahrung sind da teils am Werk mit entsprechenden Ergebnissen. Dasselbe mit Architekten etc. Das geht dann am Schluss bis hin zu schweren Drohungen und versuchten Körperverletzungen, wenn eine Handwerkerrechnung wegen mangelnder Ausführung nicht bezahlt wird.
- Einbruchsrate dürfte auf fränzösischer Seite bei um die 10 Einbrüche pro Tag höher sein.
Hallo,
Einbrüche: Das habe ich mal gegoogelt. Im Département Haut-Rhin (Südelsass) gab es 2017 ca. 3000 Einbrüche, bei ca. 800 k Einwohnern. Im als ruhig und sicher geltenden Kanton Basel-Land mit ca. 290 k Einwohnern gab es im selben Jahr ca. 1300 Einbrüche. Das sind in etwa vergleichbar viele, wenn man das runter rechnet auf die Einwohner. Laut noch neueren Statistiken ist die Zahl sogar weiter gesunken, im Südelsass wie in Basel-Land, aber für 2017 habe ich eine offizielle Statisik gefunden, daher habe ich diese Jahre miteinander verglichen:
Kriminalitätsstatistik Basel-Land: https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/direktionen/sicherheitsdirektion/statistik/kriminalstatistik/downloads/20180328-kriminalstatistik-2017.pdf/@@download/file/20180328_Kriminalstatistik_2017_.pdf
Statistik Haut-Rhin. Einbruch ist auf französisch "cambriolage": https://www.haut-rhin.gouv.fr/content/download/18670/122132/file/DP%20FINAL%20-%20Chiffres%20de%20la%20d%C3%A9linquance%202017.pdf
Handwerker: Es stimmt mitnichten, dass in Frankreich jeder alles machen darf. ohne Qualifikationsnachweis Es gibt sehr wohl reglementierte Berufe, darunter viele Handwerks- und Bauberufe. Siehe hier auf französisch, inkl. Liste der Berufe. Früher war das mal anders.
https://bpifrance-creation.fr/encyclopedie/trouver-proteger-tester-son-idee/verifiertester-son-idee/activites-artisanales
Allerdings gibt es, wie überall, bessere und schlechtere Handwerker. Von Drohungen oder gar Körperverletzungen habe ich noch nie etwas gehört, aber es mag im Einzelfall sicher, wie woanders auch, "schwarze Schafe" geben und es gibt auch Bereiche, die nicht reglementiert sind, die jeder machen darf. Daher sollte man am Besten mit Firmen arbeiten, die einem empfohlen wurden oder mit etablierten Firmen, mit entsprechenden Referenzen. Das ist aber in Deutschland oder der Schweiz nicht anders. Einen Hausbau komplett selbst ohne fliessende Französisch Kenntnisse zu koordinieren, ist in der Tat sehr schwer. In dem Fall sollte man lieber ein Bestandsobjekt kaufen und bei Bedarf renovieren, da kann man mit deutschsprachigen Firmen aus dem Elsass, dem Badischen oder der Schweiz zusammen arbeiten. Es gibt durchaus auch Deutsche oder Schweizer, die haben ein Haus von einem deutschen oder schweizer Systemhausanbieter im Elsass bauen lassen. Ansonsten kann man auch schlüsselfertige Objekte von Bauträgern oder eine Neubauwohnung kaufen. Es gibt auch Baufirmen, die haben viele deutschsprachige Kunden,die übernehmen alles, inkl. Architekt, Kommunikation mit Behörden usw.
Bezüglich Verbraucherschutz bei Immobilien: da gibt es in Frankreich auf Wunsch sehr weitreichende Absicherungen, häufig über die finanzierenden Banken. Da gibt es gar Pakete mit Bauversicherungen, die über 10 Jahre lang für Bauschäden haften, selbst wenn die Baufirma pleite ist, nicht mehr existiert, zahlungsunfähig ist, nicht leisten will usw., da kann und sollte man sich beraten lassen, oft auch auf deutsch, was möglich und sinnvoll ist im Einzelfall.
Anwälte und Notare, die einen beraten können auf deutsch gibt es im Elsass ebenso genügend. Viele Bauträger und Baufirmen haben sich auf Kunden aus Deutschland und der Schweiz spezialisiert. Sehr viele Makler sprechen deutsch, da Schweizer und Deutsche wichtige Kunden sind. Spricht man natürlich gar kein Französisch, ist das Risiko höher etwas nicht zu verstehen. Daher sollte man mittelfristig auch gewillt sein, die Sprache zu lernen. Allerdings kann man alles organisieren. Einen Bauvertrag auf Deutsch unterschreibt man in der Schweiz oder Deutschland auch nicht alle Tage und ohne juristischen Rat kann man selbst in seiner Muttersprache "über den Tisch gezogen" werden.
Baustandards: Neuere Häuser haben gute Standards und vorallem Häuser, die sich typische Grenzgänger leisten. Früher, vor 30 oder mehr Jahren, waren sicher sehr viel einfachere Bauten möglich als heute und die Standards definitiv deutlich tiefer, das ist aber nicht bei allen Altbauten im Elsass der Fall. Es ist eine Frage, was man sich leisten möchte. Man kann sich von Baufirmen, viele davon mit deutschen und schweizer Kunden, einfach mal Referenzobjekte zeigen lassen und mit den Eigentümern sprechen. Kauft man was aus dem Bestand, kann man das mit einem deutschsprachigen Gutachter besichtigen. Bei konkreteren Fragen hier fragen oder hier anmelden und mir per privater Nachricht.
Was natürlich richtig ist: Auch wenn es das grenznahe Elsass ist, es befindet sich in Frankreich. Dort spricht man französisch, auch wenn deutsch durchaus noch verbreitet ist. Es gelten französische Gesetze und Gerichtstand ist, sofern man mit einer natürlichen oder juristischen Person aus Frankreich einen Rechtstreit hat, ebenfalls normalerweise Frankreich.
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