Ja, vielleicht nicht für jeden Lebenslauf im Vergleich zu Jahrgang 196x, allerdings wenn man mal übertrieben schaut, wie man vor 200-300 Jahren gelebt hat, als es weder warmes Wasser noch eine wirkliche medizinische Versorgung etc. gab, dann lebe ich doch sehr viel lieber heute. Auch waren vor noch nicht so langer Zeit die Regelarbeitszeit wesentlich höher, von der 80h zur 35-40h Woche inkl. Krankenversicherung, Betriebsrente, Urlaub, Arbeitsschutz, ...
Auch sind die Grundbedürfnisse abgesehen vom Wohnen heute zumindest in meiner Blase recht schnell erarbeitet. Unsere (2+Kind) aktuelle Miete plus alle Lebenskosten habe ich derzeit mit 35h in knapp nach zwei Wochen erarbeitet bei 60 Tagen Urlaub. Klar Blase, aber das ist schon ein ziemlicher Luxus, der früher glaube so nicht oft möglich war, heute bieten das viele Tarifvertrag-gebundene Unternehmen.
Alles andere, was uns so oft angelastet wird wie iPhone etc. ist alles andere als Lebensnotwendig und dient jetzt nicht jedem als Qualitätssteigerung. Für die, die allerdings gerne wie früher im großen echten Garten Gemüse anbauen wollen, statt in Farmville, sind gekniffen, sofern ihre Heimat im Ballungsgebiet liegt. Ich glaube wir haben den lokalen Sweet Spot was Lebensqualität angeht vor ein paar Jahren erreicht, mal sehen wie es weiter geht. Bzgl. Stress etc., spiele ich für meinen Teil das Spiel deshalb nicht mit und bleibe dem Immobilienmarkt deshalb für den Eigenbedarf fern. Auf der Arbeit ist man auf mich angewiesen worauf ich auch achte und ich selbst mache mich dank großem finanziellen Puffer nicht abhängig vom Arbeitgeber. Das würde ich nicht für eine marode Immobilie aufgeben, denn mehr wäre hier auch für uns nicht drin bei Faktor 35/40 aufwärts.
Lang- /Mittelfristig wird es jedoch auch für die Älteren schwierig, wenn die jungen Familien beengt in Mehrfamilienhäusern auf 80m2 sitzen und immer mehr für die Rentner in ihren 200m2 Bauten berappen müssen, um die Rente zu finanzieren wobei sie selbst erst mit 70 Jahren mit 40% Niveau in Rente gehen dürfen. Generationengerechtigkeit wird mM die nächsten Jahre immer mehr in den Mittelpunkt der Politik rücken, da die festgefahrene alte Basis ausstirbt, siehe CDU. Neben Klima und Rente wird auch Wohnen wieder mehr in den Fokus rücken. Wenn das nicht angepackt wird, werden wir auch weder echte Fachkräfte in unser Land bekommen noch die entsprechenden Leute in Land behalten können und dann ginge es immer weiter bergab.
WiWi Gast schrieb am 24.01.2022:
Ich bin mir ehrlichgesagt gar nicht sicher, ob das Leben tatsächlich für die meisten besser geworden ist.
Ja, es hat sich viel getan, und viele Entwicklungen haben das Leben einfacher gemacht. Auf der anderen Seite hat sich aber auch viel geändert, was das Leben wieder stressiger und aufwendiger gemacht hat. Dazu kommen noch Dinge die heute zwar schön zu haben sind, die ich aber ehrlicherweise nicht vermissen würde, wenn ich nicht wüsste das es sie gibt.
Was man mMn vor allem merkt, ist dass alles stressiger geworden ist. Auf der Arbeit ist die Arbeitsdichte deutlich höher als früher. Und auch privat gibt es den Effekt.
Allein der fast schon Zwang zu Doppelverdienerpaaren hat ganz viele der Errungenschaften mehr als aufgewogen. Denn auch mit den ganzen Errungenschaften arbeiten wir heute statistisch gesehen mehr als vor 50 Jahren. Was man da als besser ansieht ist sehr individuell. Manche werden sagen die moderne Welt mit wenig Abhängigkeit vom Partner und vielen Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung bei höherem Stresslevel ist das bessere Leben. Andere werden sagen die Zeit in der ein 40 h Job eine Familie versorgen konnte und beide Partner ab 16 Uhr und am Wochenende Feierabend hatten (so lange sie keine kleinen Kinder zu versorgen hatten) waren das angenehmere Leben.
Und beim Wohnen ist es ähnlich. Den einen sind Dinge wie Fußbodenheizung, elektrische Rolläden, Smart Home, etc. super wichtig. Anderen ist das eher egal, für die ist Wohnfläche und Gartengröße viel wichtiger, es stört aber nicht wenn das Haus technisch auf einem alten Stand ist.
WiWi Gast schrieb am 24.01.2022:
Ich glaube niemand stellt in Frage, dass das Leben grundsätzlich einfacher/bequemer/etc. und damit für die meisten, auch wenn es viele nicht glauben, besser geworden ist.
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