Interview mit Prof. Dr. Rinkens zur 17. DSW-Sozialerhebung
Interview mit Prof. Dr. Hans-Dieter Rinkens, Präsident des Deutschen Studentenwerks (DSW), zu Studiengebühren, Studienfinanzierung und den Anforderungen im Studium.
Kann die BAföG-Förderung bestehende
Ungerechtigkeiten ausgleichen?
In jedem Fall ist die staatliche
Finanzierung dabei eines der wichtigsten Elemente, das allerdings
unbedingt ausgebaut werden muss. Laut Sozialerhebung lebt nur 1 % der
Studierenden ausschließlich von der BAföG-Förderung. Um den Slogan der
BAföG-Kampagne von 2001 einfach, besser, mehr umzusetzen, muss die
Studienfinanzierung substanziell weiterentwickelt werden. Die
durchschnittliche Förderhöhe stagniert zurzeit, was sich darin äußert,
dass die Kaufkraft des durchschnittlichen Förderungsbetrags, bezogen auf
alle BAföG-Empfänger, im Jahr 2003 auf demselben Niveau wie 1991 lag.
Wie wirkt es sich nach Ihrer Ansicht auf den Studienerfolg aus, dass
mittlerweile zwei Drittel der Studierenden jobben?
Ganz
offensichtlich gibt es hier Wechselwirkungen. Die Sozialerhebung hat
ergeben, dass die Studierenden im Erststudium durchschnittlich eine
42-Stunden-Woche haben. Davon jobben sie 7,4 Stunden, den Rest verbringen
sie mit dem Studium. Damit sind ihre Kapazitäten ausgeschöpft, weiteres
Jobben würde den Studienerfolg gefährden. Denn es ist erwiesen, dass jede
Stunde zusätzliche Erwerbstätigkeit den Studienaufwand durchschnittlich um
fast eine halbe Stunde verringert. Ich denke schon, dass man auch mit
einem 7-Stunden-Job erfolgreich studieren kann und es ist sicher auch
zumutbar, sich seinen Lebensunterhalt in Eigeninitiative aufzubessern.
Aber diese Voraussetzungen gelten eben nicht für alle Studierenden. 56 %
müssen nach eigenen Angaben arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu
verdienen.
Drohende Studiengebühren trotz mangelnder
Ausstattung und Betreuung an den Hochschulen würden Sie Abiturienten
heute trotzdem zu einem Studium raten?
Auf jeden Fall! Außerdem
ist bei der Studiengebühren-Debatte das letzte Wort noch längst nicht
gesprochen. Ich denke, dass auch die Hochschulen in Zukunft mehr in die
Verantwortung genommen werden. Wir werden schon bald wieder eine
intensivere Debatte über die Studienbedingungen bekommen; denn die
Abbrecher-Zahlen weisen hier auf deutliche Unzulänglichkeiten hin, die
durch Studiengebühren nicht so einfach zu beheben sind.
Was
hat sich am Bild der Studierenden in den vergangenen Jahren am meisten
verändert?
Die Anforderungen an die Studierenden sind
stark gestiegen. Fast jeder Arbeitgeber erwartet heutzutage von den
Hochschulabsolventen Auslandserfahrung, Sprachkenntnisse, soziale
Kompetenzen und möglichst schon Berufserfahrung, die während des Studiums
gesammelt wurde. Außerdem findet zurzeit eine gewaltige Umwälzung im
Ausbildungssystem der Hochschulen statt Stichwort gestufte
Studiengänge -, die am Arbeitsmarkt noch gar nicht angekommen ist. Damit
die Reformen gelingen, ist es wichtig und nötig, die realen
Studierenden, ihre Voraussetzungen, ihre Alltagssituation, ihre
Bedürfnisse nicht außer Acht zu lassen. Dabei kann und soll unsere
Sozialerhebung helfen.
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Chancengleichheit beim Hochschulzugang
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Studienbedingungen und Anforderungen
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