WiWi Gast schrieb am 21.09.2020:
Ich habe es mal in einem anderen Thread geschrieben. Auch wenn es einige nicht gerne hören, ein FH BWLer mit doch eher leichtem Studium, der zu einer Big4 geht, dort einfach haargenau das tut was ihm gesagt wird und fleissig ist, hat weitaus bessere Karrieremöglichkeiten und kann viel schneller ein gutes Einkommen bekommen und muss mit über 50 weniger Angst um seinen Job haben als ein Maschinenbauer oder E-Techniker.
Den Mangel gibt es, aber nur eher in Süddeutschland und auch nur eher im Mittelstand oder bei Dienstleistern, weniger bei den grossen Firmen, die gut bezahlen. Ab 45 wird es als Ingenieur zunehmend schwerer einen neuen Job zu finden, ab 50 ist man leider für viele Entscheider zu alt. Vorallem zu alt um eine neue Technologie zu erlernen. Meist spezialisiert man sich auf etwas und wehe das wird nicht mehr so sehr gebraucht oder die wenigen Firmen die das gebrauchen können, stellen gerade nicht ein. Wer dann mit über 50 den Job verliert, landet schnell bei Hartz4. Ich kenne solche Fälle. Fähige Ingenieure die mit über 50 wegrationalisiert wurden. Finden nichts mehr. Selbst nicht in Stuttgart oder München. Ihr Spezialgebiet ist zu speziell und die Zeit um diese Leute in neue Technologien einzuarbeiten gibt man nicht. Man will Leute die sofort vom ersten Tag an produktiv sind.
Ein Beispiel von einem arbeitslosen Ingenieur über 50: Er hat die letzen 10 Jahre in einer kleinen Nische der Elektrotechnik gearbeitet. Vor 12 Jahren war er in einem Bereich der ET tätig, der mehr gefragt ist. Er bewirbt sich daher heute auch in diesem Bereich. Es heisst, er sei schon zu lange draussen, man gibt ihm nicht mal in Klitschen die Chance sich neu einzuarbeiten. Solche Probleme hat ein Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Controller nicht!
Das Beispiel den Ingenieurs das du aufzeigst ist tragisch aber daraus eine Regel für Ingenieure abzuleiten, ist unlogisch. Ein Wirtschaftsprüfer der 12 Jahre aus dem Job raus ist und die technischen Entwicklungen der letzten Jahre nicht erlebt hat, der wird die gleichen Probleme haben wie ein Ingenieur. Allein schon deine implizite Annahme, dass Controlling, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Steuerberatung in den kommenden Jahren nicht zentrale Gebiete von Disruptionen werden und sich nicht groß verändern werden, zeigt, dass du wenig Verständnis für wirtschaftliche Entwicklungen mitbringst.
Eine “verstaubte” Branche läuft viel höhere Gefahr durch Digital Attacker revolutioniert zu werden als eine Branche die zentrale Umbrüche gerade durchläuft wie der klassische Maschinenbau (Digitalisierung, e-mobility). Wären diese Umbrüche in der Branche nicht deutlich, würde es diesen Thread doch gar nicht geben.
Es ist ein Wunschdenken, dass der Job des FH BWLers bei Big4 sicherer ist als Jobs von Ingenieuren. Der FH-MBler in der Fahrwerksentwicklung bei BMW ist durch einen starken Betriebsrat besser abgesichert, verdient deutlich besser und ist aktuell nicht in einen der größten Betrugsskandale der deutschen Wirtschaftsgeschichte verwickelt.
Das Produkt Auto wird es auch noch in 30 Jahren geben und die Anforderungen an Ingenieure werden sich weiter ändern wie immer in der Geschichte. Wer dort mitgeht dem bieten sich tolle Chancen. Die Steuerberatung wird in 30 Jahren primär automatisiert sein. Das Produkt wie es heute besteht, wird es so nicht mehr geben.
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