Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 22
Das ihm Abverlangte trug menschenunwürdige Züge, war eine Art Judasdienst. Nichts hatte das mehr gemein mit der viel beschriebenen Loyalität gegenüber dem Unternehmen.
Noch war es nicht gelungen, die dunkle Seite Seymours aus dem Schatten zu befördern. Das was Seymour scheinbar im Sinn hatte, war auf Ewigkeiten wie ein Held dazustehen. Ein messianischer Meister, um den sich die Jünger scharten. Philipp konnte es nicht Recht sein neben diesem Mann vor der Kamera zu stehen, nicht nachdem er wusste, wozu er in der Lage war. Aber was hatte er denn für eine Wahl? Er war fester Bestandteil dieser medialen Inszenierung. Tatsächlich graute ihm davor, eine Rolle in dieser offensichtlichen Projektion gigantischer Selbstverwirklichung einzunehmen.
Er fühlte sich einfach erbärmlich dabei. Aufgefordert zum Verkauf seiner Seele. Nicht nur, dass er sich zum Verrat an seiner eigenen Gesinnung und seinen Idealen gezwungen sah, nein, er betrachtete es auch als Verrat an der Gesellschaft. Das ihm Abverlangte trug menschenunwürdige Züge, war eine Art Judasdienst. Nichts hatte das mehr gemein mit der viel beschriebenen Loyalität gegenüber dem Unternehmen. Wenn er vorher zum unwissentlichen Handlanger des Bösen geworden war, so schien es nun so, als ob er sich öffentlich bekennen sollte zum Pakt mit der dunklen Macht. Ihm war so als sollte er sich selbst einen Stoß verpassen ins vormals ungetrübte Herz.
Geiger, Mann, wo sind sie mit ihren Gedanken? Seymours Worte hatten ihn jäh heraus gerissen aus der Verkettung seiner misslichen Eingebungen. Äh, bitte? brachte er irritiert und entgeistert hervor und hatte das Gefühl, seinen Gegenüber wie durch einen nebulösen Schleier anzustarren. Ist ihnen nicht gut, Geiger? Sie sehen schlecht aus! erwiderte Seymour mit dem Ausdruck tiefer Besorgnis auf der Stirn. Ach nichts. Es ist wohl nur die Aufregung wegen der ganzen Kameras hier. Ich mache das zum ersten Mal! Irgendwann ist immer das erste Mal. Sie werden es lieben. Folgen sie mir in den Konferenzsaal. Man erwartet uns bereits dort.