Konstruktion - Der Wirtschafts-Thriller: Teil 8
Die Klappschlösser am schwarzen Aktenkoffer schnellten zurück.
Flughäfen haben viele Gesichter. Wie so vieles im Leben bedeuteten sie einen Mikrokosmos. Wenn sie könnten, würden sie die fantastischsten Geschichten erzählen können. Seine war nur eine davon. Aber das war eine andere Geschichte. Während Philipp die Haupthalle des John F. Kennedy Airport betrat, dachte er darüber nach, wie viel Unsicherheit sich in Flughäfen entfalten musste. Er hatte das Gefühl, das es nirgendwo anders - ganz gleich um welche Art von Gebäuden es sich handelte - so viel Unsicherheit geben konnte. Menschen hatten Flüge hinter sich gebracht, die sie in gänzlich andere Sphären katapultierten. Sie betraten fremden Boden unter den Füßen, von dem sie nicht annähernd wissen konnten was er mit ihnen anstellen würde. Begegnungen mit fremden Menschen, anderen Kulturbereichen standen ihnen bevor. Wenn er selbst nicht so unsicher gewesen wäre, dann hätte er wohl erst gar nicht zu solchen Gedanken geneigt. Vielleicht hätte er nur die freudestrahlenden Gesichter wahr genommen, die es natürlich auch zuhauf gab.
Er kannte den Flughafen und somit hatte er es leicht, zu den Schließfächern zu finden. Den Koffer unter dem Arm tat er Blicke zu allen Seiten, kam sich auch hier irgendwie beobachtet vor und konnte dieses Gefühl nicht einfach so abschütteln. Zu sehr hatte sich in ihm der Glaube gefestigt, nur Teil eines Plans zu sein. Das paranoide an seinem Verhalten musste für alle Menschen, die seine Wege kreuzten, einfach alle in dem gesamten Gebäude, auszumachen sein. Er selbst hatte das Gefühl, sich von außen sehen zu können. Eine gehetzte, krankhaft agierende Gestalt inmitten von Menschenmassen. Seine eigene Haut erschien ihm in diesem Moment so unbehaglich wie das Gewand eines Büßers. Tatsächlich bescherte ihm sein verschrobenes Bewusstsein den Eindruck den intrigierenden, durchbohrenden Blicken der Massen ausgesetzt zu sein. In Wahrheit interessierte sich keiner für ihn. Allenfalls mochte er etwa den Sicherheitskräften des Flughafens - unter welchen Gesichtspunkten auch immer - kurz aufgefallen sein.
Kurz bevor er die Schließfächer erreichte, hatte er den kalten Schlüssel aus der Innentasche seines Sakkos geholt. Und es war eine vage Hoffnung, die ihn beschlich, es könnte mit dem Öffnen des Schließfaches Klarheit über die Dinge in sein Bewusstsein eindringen. Dem war natürlich nicht so. Langsam schob er den Koffer in den dunklen, länglichen Stauraum, ließ seine Hände kurz tastend über die metallischen Innenflächen des Schließfaches fahren und schloss es dann. Wenn er dort irgend etwas zu finden erwartet hatte, so wurde er enttäuscht. Dann begab er sich zu einem der Ausgänge des Flughafens und orderte ein Taxi, das ihn direkt zum Holiday Inn brachte. Seinen Wagen hatte er vorsorglich in der Parkgarage des Flughafens gelassen. Dem Verkehr in und um New York wollte er sich nicht unnötig aussetzen.