"Grundsätzlich fällt es Absolventen sehr schwer eine Entscheidung in Unsicherheit zu treffen. Im Studium waren immer alle Faktoren bekannt. Im Berufsleben gibt es selbst unter Idealbedingungen sehr viele Unwägbarkeiten und Risiken."
Richtig! Wer mal als Einkäufer einen Vertrag gemacht hat, weil die Zeit drängte und man Kapazitäten vertraglich absichern musste, obwohl noch Angebote ausstanden und mit mehr zeitlichem Spielraum noch Verhandlungen hätten geführt werden können, der entledigt sich von der Vorstellung, immer alles im Leben bis ins letzte optimieren zu können. Die Zeit spielt da nicht mit.
Das Leben besteht aus Optionen und Informationen. Zwei Optionen zu haben ist besser als nur eine zu haben (und sei es durch die gewonnene Transparenz). Verbrauche ich bei zwei Optionen Zeit zur Gewinnung von Informationen oder zur Schaffung einer dritten Option, so kann es sein, dass am Ende eine der Optionen schon gar nicht mehr existiert. So ist es beim Buchen von Urlaubsreisen, bei eBay-Auktionen, beim Schließen von Einkaufsverträgen oder eben bei Bewerbungen. Fenster öffnen sich und Fenster schließen sich.
Man kann nicht immer alles abwarten oder gar nach einer getroffenen Entscheidung wieder einen Rückzieher machen, um sich umzuentscheiden Weil es Vertragspartner gibt, die ebenfalls Optionen haben und irgendwann Entscheidungen treffen, um auf der sicheren Seite zu sein. Zögere ich zu lange bei der Jobwahl, entscheiden sich die Arbeitgeber für andere Kandidaten.
Bei der Berufswahl muss ich am Ende meine Leistung bringen und im Job bestehen. Ob ich beim Bewerbungsverfahren nett behandelt wurde oder 100 Euro pro Monat mehr verdiene, hilft mir hinterher nicht weiter. Und wer einen Job hat, dessen Vor- und Nachteile er kennt und einschätzen kann, sollte diesen nicht einfach riskieren für eine scheinbare Optimierung von Nebensächlichkeiten.
Den Arbeitgeber, wo alles traumhaft ist, gibt es nicht. Er könnte nämlich die Gehälter senken und würde dies auch tun. (Siehe Kostenlos-Praktika in bestimmten "hippen" Branchen.)
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