Lounge Gast schrieb:
Ich denke schon, dass Bachelor Absolventen mehr können. Denn
sonst würde man sie ja nicht gegenüber im dualen System
ausgebildeten Mitarbeitern bevorzugen.
Allein schon die Idee, einen Büromitarbeiter in einem System
auszubilden, das für Industriearbeiter/Handwerker geschaffen
wurde, ist doch ziemlich irre. Ich wundere mich sowieso,
warum sich das in Deutschland so lange halten konnte.
Man tut ja so, als sei die Büroarbeit ein Handwerk. Akten
ablegen, sortieren, klammern, scannen und kopieren. Die
Theorie kommt bei dualen Ausbildungen dagegen viel zu kurz.
Mehr als einen Tag Berufsschule und Lernen im Schneckentempo
mit einem Pädagogen hat man da doch nicht. Auch vermeintlich
anspruchsvolle Ausbildungen wie Bankkaufmann,
Industriekaufmann oder Steuerfachangestellter sind inhaltlich
ein Witz, wenn man bereits älter als 17 Jahre alt ist.
Die einfachen Tätigkeiten fallen im Büro weg oder werden
nebenher gemacht.
Bachelor können mehr Fremdsprachen (eine riesige
Schwachstelle der dualen Ausbildungen)
Bachelor haben mehr Theorie gehabt (dürfte etwa dem Inhalt
eines staatl. gepr. Betriebswirts entsprechen) und können
daher für mehr Tätigkeiten eingesetzt werden.
Bachelor brauchen weniger Anleitung und können selbständiger
arbeiten, weil sie das im Studium auch schon mussten. All das
hat ja in einer, rationalisierten, hoch verdichteten
Arbeitswelt große Vorteile.
So einfach ist es auch nicht. Was du beschreibst ist die unterste Stufe der Büroarbeit. Nur, wird das selbst bei einem kleinen Handwerker komplizierter, wenn es um Jahresabschlüsse, Steuern, Lohnabrechnungen, Angebotserstellungen oder Inkassoproblemen geht.
Außerdem war dieses System immer erfolgreich und eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft.
Ich bestreite überhaupt nicht, dass es so gedacht ist, dass die Bachelors diese Leute ersetzen sollen und vermute, dass es übermorgen auch einen Bachelor of Tischlerarbeiten gibt, aber was nützt die theoretische Bildung, wenn die Praxis fehlt?
In Wahrheit zerstören wir ein funktionierendes System, denn was passiert denn wirklich?
Die ehemals guten Lehrlinge absolvieren heute keine Lehre mehr, sondern haben plötzlich alle Abitur und studieren. Wir verändern das Ausbildungssystem und nennen die fertigen Azubis "Bachelor".
Die "Bachelors" selbst halten sich für Akademiker, meinen, dass sie die Stellen und das Gehalt der Akademiker erhalten und landen am Ende größtenteils in 0815-Bürojobs oder mangels Berufserfahrung in Zeitarbeit, Arbeitslosigkeit oder im Niedriglohnsektor.
Genau so ist es nämlich in den USA, die genau so ein System haben.
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