Ich bin zwar "nur" bei einer kleineren Beratung/Projektmanagement Firma (ca. 3.000 MA) kann aber auch von meinen Erfahrungen berichten.
Meine Erlebnisse beziehen sich auf die Zeit, in der ich noch Projekte mit bearbeitet und eher die Zuarbeit für die Projektleiter gemacht habe.
Abhängig von der Anzahl an Projekten war der Alltag eher nach den Launen und aufgetragenen doings der Projektleiter dominiert. Wenn diesem kurz vor Feierabend eingefallen ist, dass er gerne bis abends oder am nächsten Tag etwas fertiggestellt haben möchte, durfte ich entsprechend Überstunden und Nachtschichten machen; Wochenendarbeit inklusive. Ich beschwere mich auch nicht darüber, ich wusste worauf ich mich eingelassen habe.
Für mich belastend war immer auf die Vorgehensweise und Informationspolitik anderer angewiesen zu sein und ständig in der Holschuld zu stehen. Eine selbst von mir strukturierte Woche wurde häufig von den Spontanaufträgen der Projektleiter chaotisch.
Kommen wir zum Thema "Burn-Out" oder Depression:
Als im vergangenen Jahr ein Großprojekt begann und ich mit mehreren Projektleitern zusammen arbeiten durfte, habe ich leider den vollen Stress und das volle Chaos dieser abbekommen. Es wurden von mir unmögliche Fristen und Aufgaben abverlangt (die gegebenenfalls ein besserer MA geschafft hätte, mir hat jedoch das Know-How gefehlt um dem Druck Stand zu halten). Aufgrund des Drucks habe ich immer früher angefangen zu arbeiten. Teilweise war ich um 06:00 Uhr im Büro, saß ohne Pause, ohne Essen, ohne Trinken bis in den frühen Abend da. Während meine Kollegen Kaffeepausen machten, zusammen zum Mittagessen gefahren sind, habe ich meine Zeit mit den Workaholic-Projektleitern verbracht und mich gefragt ob es wirklich lebensfüllend ist, sich so etwas anzutun. Dazu kam noch ein Kunde, der einen permanent unter Druck und fertig gemacht hat.
Ich wurde immer ruhiger und ruhiger. Der Frust zu Beginn schwenkte irgendwann zu Verzweiflung und Unmut über. Ich nahm mehrere Kilo ab, zog mich zurück und war bei jeder Kleinigkeit gereizt. Ich zog die Notbremse und meldete mich zwei Wochen krank.
Als ich zurück kam war ich aus dem Projekt drausen und wurde stillschweigend durch einen neuen Kollegen ausgetauscht. Meine Motivation war am tiefsten Punkt in meiner beruflichen Laufbahn. Ich hatte das Gefühl gescheitert zu sein. Fühlte mich ausgebrannt, nutzlos und habe alles hinterfragt.
Seit dem Zeitpunkt ging es auch nicht mehr bergauf. Ich bin motivationslos, habe das Gefühl alles falsch zu machen und bin schwer am Überlegen, ob ich nicht psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen soll.
Ich wollte den Job wechseln, allerdings macht mir Corona einen Strich durch die Rechnung. Ich habe eine neue Perspektive, muss jedoch erst einmal die Krise aussitzen und hoffe täglich, dass die Scheiße ein Ende hat und ich einen Tapetenwechsel hinbekomme.
Stress und Druck machen Menschen kaputt. Manche sind dafür geeignet, manche eher nicht. Deshalb sind sie aber keine Lowperformer, sondern sind psychisch einfach nicht so stark. Wer merkt, dass sich Kollegen zurückziehen sollte für sie da sein und sie unterstützen.
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