"Als Wechselgrund fälschlich eine Befristung zu behaupten, ist aber ebenso unklug. Man verschenkt nämlich das Prädikat "unbefristeter Vertrag", das einem eigentlich eine bessere Verhandlungsposition für einen Wechsel bietet, da man ja nicht zwingend wechseln muss."
Ich bin mir nicht so sicher, ob bei einem Bewerber mit ganz wenigen Monaten Berufserfahrung das Prädikat "unbefristeter Vertrag" diesen in eine bessere Verhandlungsposition bringt. Zumal man ja innerlich diese gute Verhandlungsposition hat und nicht zwingend wechseln muss.
"Außerdem würde ich dann die Gegenfrage stellen, ob es denn beim heutigen Arbeitgeber keine Anschlussaufgabe geben wird und woher man das heute schon wissen kann. Keine gute Idee."
Woher soll der Bewerber wissen ob es eventuell eine Anschlussaufgabe gibt und wie früh man das wissen kann? Leute mit Befristung werden bis zum letzten Tag hingehalten, tlw. mit falschen Versprechungen, um sicherzustellen, dass sie bis zum Schluss alles geben. Das habe ich selbst oft genug bei Kollegen gesehen.
"Ihr müsst das mal durch die Brille eines potenziellen neuen Arbeitgebers sehen: Ihr habt einen Menschen vor Euch sitzen, den das Unternehmen für 30 - 40 Jahre in Form eines unbefristeten Vertrags an sich binden soll."
Ich gebe zu, dass ich noch nie auf der anderen Seite gesessen bin. Deshalb versuche ich tatsächlich, durch diese Brille zu schauen. Mir fällt der Gedanke schwer, dass in Vorstellungsgesprächen eine Bindung von 30-40 Jahren besprochen wird.
"Da sind die persönlichen Vorgehensweisen beim Treffen von Entscheidungen alles andere als Nebensache. Sie sind eventuell das wichtigste Kriterium für den weiteren Verlauf des Berufswegs dieses Menschen. Da fragt man nach. Vor allem, wenn man das Gefühl hat, dass jemand seine eigentlichen Beweggründe verschleiert und irgendwelche Geschichten erfindet."
Wenn es darum geht, kann man IMMER kritisch hinterfragen:
Beim Berufseinsteiger, warum er keine Anstellung bei einem seiner Praktika gefunden hat.
Bei Leuten mit Berufserfahrung, warum sie den Arbeitgeber verlassen wollen. Bei jeder Begründung kann man diese negativ interpretieren: Wenn der keine Herausforderung mehr sieht wechselt er. Wenn es mal im Team knirtscht wechselt er. Wenn er mit den Vorgesetzten nicht zufrieden ist geht er. Wenn er mal Überstunden machen muss geht er.
Folglich verliert man argumentativ IMMER, wenn man Aussagen über den alten Arbeitgeber macht. Somit sollte die Bewerbung/Argumentation immer ausschließlich auf die aktuelle Stelle ausgerichtet sein, Nachfragen (ausser die zum Aufgabengebiet) zum alten Arbeitgeber kann man mit Floskeln abwehren.
Umgekehrt ist es ja genauso: Jedes Unternehmen wirbt mit Floskeln wie Teamgeist, flache Hierarchien, tolle Unternehmenskultur, Eigenverantwortung, flexible Arbeitszeit usw. Wenn sich mal ein Bewerber traut nachzufragen, was damit gemeint ist kommen genauso Floskeln.
"Nein! Luegen ist prinzipiell nicht gut. Im Arbeitszeugnis kann zum Beispiel stehen, dass du die Firma auf eigenen Wunsch verlassen hast und dann kann sowas auffalen....Die zweit-Semester Bachelor Studenten, die dir raten zu luegen, haben da leider keine Ahnung vom tatsaechlichen Erwerbsleben."
Wie oben geschrieben, wartet kein halbwegs intelligenter Mensch, bis sein Vertrag abläuft, sondern man sucht sich vorher was neues und dann steht automatisch im Zeugnis, dass man auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlässt. Im CV schreibt man dann in Klammern bei der Position (Befristete Tätigkeit). Und schon ist man fein raus.
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