Ich werfe mal wertfrei in den Raum, dass es darauf ankommt, ob und wenn ja wie sehr man extrinsisch oder intrinsisch motiviert ist - sicherlich bei solch harten Bedingungen in einer Extremform.
Will sagen: man muss schon die 10 auf der intrinsisch motivierten Schiene sein, um in dem Umfeld nicht depressiv (ob in einem pathologischen Sinne sei mal dahin gestellt) oder jedenfalls unglücklich zu werden.
Ich bin nie ganz sicher, was man raten soll in solchen Fällen. Ich war - als ich jung war - in einer ähnlichen Situation. Hab ein Sabbatical gemacht, bin aber beim AG geblieben und nach einer langen Auszeit zurück in eine andere Abteilung. Andere Kollegen, nicht diese gegenseitige "Alles Scheiße"-Spirale unter Kollegen (was nicht jeder Grundlage entbehrt, aber wenn man es sich jeden Tag gegenseitig erzählt zieht einen das echt noch mehr runter).
Seit ich ein paar Jahre älter - also sagen wir seit ich deutlich ü30 - bin und in einem Umfeld, in dem zwar genauso "gearbeitet" wird, aber die Stimmung nicht so offensiv und demonstrativ nörgelig ist, bin ich echt zufrieden geworden. Was das mit dem Alter (bei mir - keine Ahnung ob das anderen so geht) zu tun hat? Aufmerksamkeit im Sinne von Anerkennung durch andere, Sichtbarkeit und so fort ist mir deutlich weniger und ich würde sagen maximal unwichtig geworden. Aber deshalb bin ich nicht unmotiviert.
Ich bin - auch das anders als früher - eher in konzeptionellen und strategischen Projekten eingebunden und kann da als "Experte" an der Hierarchie vorbei und über Bereiche hinweg schalten und walten, wie ich will. Der Hierarchie ist einerseits recht egal was ich inhaltlich mache, andererseits - großes Plus - kann ich zur Führung gehen und sagen, ich brauche da mal das Backing gegenüber dem Bereichsleiter XY weil dies das. Dann macht mein Bereichleiter dem anderen klar, dass ich für meinen Bereich spreche - und dann läuft die Sache wieder. Termin mit dem Vorstand? Ja stellen Sie das mal vor - Inhalt/ Message? Sie machen das schon... Und so hab ich - daher die Motivation - das Gefühl unter dem Radar als kleines Rädchen mit der Zeit (Jahre) durchaus einiges zu verändern und zu gestalten. Und wenn man irgendwann auch von Externen drauf angesprochen wird, warum eigentlich dies und das bei uns so und so ist und man sagt: Na ja, im Wesentlichen weil ich das vor zehn Jahren so aufgeschrieben und intern verhandelt hab - dann empfinde ich das als sehr befriedigend.
Jetzt aber genug von mir, was will ich damit dem TE sagen:
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Berücksichtige, dass sich mit dem "Alter", nicht nur die Prioritäten (wurde schon gesagt, Haus, Kinder...) verschieben können, sondern man evtl und im Rahmen dessen, was die eigene Persönlichkeit so her gibt, woanders Motivation findet, als in jüngeren Jahren. Man weiß irgendwann, was man kann. Gleich, ob einem das jemand sagt oder das jemand sieht.
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Als Konzernbeamter mag (könnte jedenfalls sein) auch erst mit der Zeit eine gewisse Befriedigung kommen/ erkennbar werden, die man aus sehr langfristigen Entwicklungen zieht.
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Stell Dir aber vor dem Hintergrund die Frage, wie lange Du denkst, dass Du deine jetzige Situation noch aushälst. Unterschätzen darf man diese Belastung nicht - aber überstürzt zu handeln wäre in Deiner Situation vllt auch falsch. Und mit überstürzt meine ich innerhalb von ein oder zwei Jahren. Am Ende ist das halt wie bei einer Ehekrise. Man arrangiert sich - aber es kann durchaus dauern. Funktioniert aber nur, wenn man nicht gleich hinschmeißt und vllt auch, wenn man die Euphorie junger Jahre, dass das die non-plus-ultra heiße Romanze auf ewig bleibt und nur das einen glücklich machen kann hinter sich lässt. Die gut geölte WG mit Extras hat auch ihren Charme. Aber eben nicht für jeden und noch mal: Ganz sicher kommt nicht jeder zu dieser Einstellung nur weil man älter wird. Ich stell nur in den Raum, dass es so laufen könnte und man sich ehrlich machen muss, ob man qua Persönlichkeit zu dieser Gruppe gehören könnte. Auch wenn es "langweilig" klingt, das mit Anfang oder Mitte 20 von sich zu sagen.
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persönlich würde ich von Start-up Experimenten abraten. Bis Du da was gefunden hast, Fuß gefasst hast etc kannst Du vllt. nicht mehr mit dem dort geforderten mithalten - oder willst es nicht (Prioritäten). Stattdessen:
- schau dich während Deiner Leidenszeit aktiv im Konzern nach anderen Stellen um. Netzwerken, Kaffee trinken/ zum Lunch mit Leuten gehen. Ich war erstaunt wie unterschiedlich die Kulturen zwischen Bereichen sein können. Das ist, als wäre man in unterschiedlichen Organisationen. Außerdem war ich überrascht, dass es fast nirgends Raketenwissenschaft gibt. Andere Bereiche sind teils froh und sehen jedenfalls gar kein Problem darin, jemanden auf dem Papier fachfremden (den sie von extern nicht nehmen würden) intern zu nehmen, weil sie sagen: Das was wir sparen, ihn in Unternehmensstrukturen einzuarbeiten oder, wenn jünger, überhaupt in die Arbeitswelt - das investieren wir lieber in die fachliche Einarbeitung. Im Zweifel weiß der Kollege sogar von der anderen Seite wofür wir hier unsere Prozesse so und so aufgesetzt haben oder andersherum und bringt ohne es zu wissen n echten Mehrwert mit. War bei mir so. Wenn ich jetzt an diesem - oder kleineren - Strategiesachen arbeite, dann kann ich mitdenken, was das in anderen Bereichen für Auswirkungen hat, weil ich das da selbst gemacht habe. Ergo kann ich die politischen Widerstände mitdenken und viele Klippen, die andere nicht mal erahnen, direkt umschiffen. Die Bereiche reden ja nicht miteinander - wo kämen wir denn da hin!
Das war jetzt alles eher ein Plädoyer für beiß Dich erst mal durch. Deshalb auch noch mal die klare Botschaft: Wenn's nicht geht, geht's nicht. Soll Menschen geben, die sich scheiden lassen und für die das die vollkommen richtige Entscheidung ist - und zwar unabhängig davon wie schnell sie welchen neuen Partner finden oder ob überhaupt notwendig...
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