Auch wenn das Thema schon etwas älter ist, ich würde mich da gern mal einbringen. Und es wird sehr lang.
Bevor es um das Medikament geht vorab:
Zu sagen, dass das Studium XY ja so leicht ist und man lieber abbrechen soll, wenn man es ohne solche Mittel nicht packt, hilft nicht. Ganz im Gegenteil!
Zu sagen, wer im Studium schon ohne nicht auskommt, packt es im Beruf nicht, ist genau so kontraproduktiv und Schwachsinn.
Viele scheitern an der Masse des auswendiglernen ohne jeglichen Praxisbezug. Trotzdem können sie im Job sehr gute Leistung ohne dieses Zeug bringen!
Solche Aussagen bewirken nur eines: Noch mehr Leistungsdruck, Angst und Zweifel an sich und bringt die Leute dazu nur noch mehr zu konsumieren. Für viele ist ihr Traumberuf ohne Studium nicht erreichbar und darauf zu verzichten, nur weil man vllt nicht 500 Seiten für je 5 Klausuren schafft auswendig zu lernen, ist Blödsinn. Die Lösung sind natürlich aber auch keine Drogen, sondern vllt eher ein gut geplantes Extrasemester. So kann die Last der Dinge, die einem schwer fallen besser verteilen und den Lehrplan etwas auf sich zuschneiden.
Doch davor haben viele wegen solch dummer Sprüche a la "das ist doch so einfach" und "so wird aus dir nichts" Angst. Ich wünschte mir Studenten würden mehr Sozialkompetenz erlernen und sich gegenseitig motivieren und durchschleifen und sich auch mal erlauben zu jammern. Wir sind keine Maschinen!
Nun zum Thema:
Ich habe erst mit 24 angefangen zu studieren. Vorher eine Ausbildung mit 16 angefangen und gearbeitet, so wie man das als "Arbeiterklassenkind" eben macht und kein Geld für ein Studium da ist und das in der Familie auch nie einer tat.
Doch mein Berufswunsch verfolgte mich und so hab ich mich kaputt gearbeiter, nebenbei schnell Fachabi mit Auszeichnung gemacht und dann studiert mit den Ersparnissen, Kredit und arbeiten nebenbei. Ich wusste, ich werde kein Überflieger sein und entschied mich für die Variante ein Semester extra studieren. Denn auswendig lernen konnte ich noch nie gut, selbst für einen vokabeltest habe ich 2 Wochen gelernt, andere 2 Tage. In den typischen auswendiglernklausuren bin ich dann meist mit 3,0 durch. War okay, denn dafür war ich bei praktischen Leistungen wie Präsentationen, Case Studys, Hausarbeiten, Planspielen etc. fast immer die Beste und bekam viel Lob von meinen Professoren und anderen Studenten. Dann kam das letzte Semester, das extra Semester. Es war gut geplant, der Vorlesungsplan nicht zu voll das lernen war organisiert. Es konnte nichts schief gehen, ich war produktiver als sonst im Semester (meine Freunde waren ja auch alle im Praktikum). Und dann kam die Prüfungsphase. Die erste Klausur war gut, was ich auch erwartet hattet. Und dann kam mein 2. Versuch in der "Endgegnerklausur" (Statistik) meiner Uni. Durchfallquote um die 70-80%, ein Prof der es immer wieder schafft Studenten mit seinen neuen Aufgaben völlig zu schocken und für ca. 80 Prozent der nicht feierlichen Exmatrikulationen sorgt. Ich war vorbereitet, konnte alle Altklauren im 2er Bereich lösen und verstand was ich tat. Und dann lag vor mir Teil 1 ohne Taschenrechner. Hochmotiviert suchte ich die Aufgaben, die ich super schnell lösen kann um schon einmal Punkte zu sammeln. Doch es waren plötzlich keine "echten" Statistikaufgaben mit Wahrscheinlichkeiten, Verteilungen und Stichproben - reine Denkaufgaben. Die Panik kommt, der Blackout folgt und nichts ging mehr. Was folgte war Verzweiflung, Angst wegen einem Fach im Studium zu scheitern. Ich hab sonst alles im 1. Versuch gemeistert. Zukunftsangst begann, denn Geld für ein weiteres Studium hatte ich nicht, sogar Schulden vom Bildungskredit. Einen Tag später versuchte ich mich aufzuraffen und einfach weiter zu machen. Vor mir lag eine Abschlussprüfung bestehend aus 4 Vorlesungen aus 2 Semestern, viel Arbeit, viel auswendiglernen. Es ging nichts in meinen Kopf, egal was ich versuchte. Ich verließ den Prüfungsraum nach 4 Stunden und wusste jetzt schon - durchgefallen. Was folgte waren noch 2 Wochen für 3 weitere Klausuren, darunter noch eine Abschlussprüfung mit vielen Formeln und natürlich ohne Formelsammlung. Ich machte einen Plan, was ich wann lerne und war guter Dinger. Und dann kam der endgültige Wendepunkt. Ich hatte richtige Panikattaken. Ich weinte, war am zittern und frieren, mir war schlecht, müde, fühlte mich benommen, herzrasen, konnte nicht essen oder schlafen und lernen klappte nicht. Ich war so verzweifelt, weil ich so ein Ausmaß nicht kannte. Auch der Arzt konnte nicht helfen. Angstlösende Medikamente brauchen ca. 2 Wochen um zu wirken und/oder machen schläfrig. Das konnte mein Arzt mir nicht guten Gewissens geben, denn wenn ich nicht lerne, bekomme ich noch mehr Panik und brauche entsprechend eine höhere Dosis, ein Teufelskreis. Bachblüten und Baldrian halfen leider nicht. Er sagte, so schrecklich es auch ist, versuche alles was geht und schreib die Klausuren und hoffe auf 50%. Er wusste, mir geht's nur darum zu bestehen. Paar lerntipps gab es noch und dann war ich auf mich gestellt. Aber es ging nicht's. Ich fragte also voller Scham einen Bekannten, ob er nicht wen kennt, der wen kennt und klagte ihm mein Leid, das ich eigentlich schon viel zu wenig Zeit habe und es nicht mehr machbar ist, aber ich es einfach irgendwie versuchen muss. Er nahm mich in den Arm und sagt, er hat Ritalin welches er nicht braucht, er es mir aber ungern geben möchte. Er machte sich Sorgen, denn er wusste, ich habe für sowas kein Verständnis und glaubte ich bereue es. Ich war so in meinem Tief, das ich gar nicht gecheckt habe, das er diese Tabletten häufiger nimmt. Er selber hatte nur 30mg Tabletten und meinte, ich solle diese aber nur 2-3 Tage vor der Abschlussprüfung nehmen, da die ziemlich krass wirken könnten, da ich sowas nie genommen habe und gab mir auch nur die 3 Tabletten und klärte mich über Wirkung, Einnahme, Nebenwirkungen auf und organisierte noch ein paar 10mg Tabletten für den Anfang. Ich hatte Hoffnung, es irgendwie doch noch zu schaffen. Und dann kam was kommen musste, ich nahm 10mg mit nem Becher Kaffee, welchen ich sonst nie trinke und fing an zu lernen und wartete vergeblich auf den Kick. Auch am nächsten Tag nicht's! Kein Kick, kein Tunnel, kein Fokus oder Konzentration. Also nahm ich am Tag darauf 30mg und wieder nichts. Also zurück zu Panikattaken und Verzweiflung und Google, wo ich schließlich auf Artikel wie "Ritalin schnupfen" kam. Es war mir zu unangenehm nach mehr Tabletten zu fragen um eine höhere Dosis nehmen zu können, also hoffte ich damit irgendwie noch was bewegen zu können.
Das Ende vom Lied: Eine kaputte Nasenschleimhaut, Standpauke vom Hausarzt, ein kaputtes Ego weil ich von mir und auch meinem Körper enttäuscht war. Wieso ließ er mich so in Panik verfallen? Wieso kam ich nicht allein daraus? Wir hatten es doch bisher ganz okay geschafft und warum kann er dann nicht zumindest auf dieses Zeug reagieren?! (Die Antwort: Zu viel Stress, dadurch konnte mein Gehirn den Stoff nicht richtig verarbeiten). 2 Klausuren hab ich gerade so geschafft, die gefürchtete Abschlussprüfung nicht. Ich begann mein Praktikum bei einem riesigen Chemiekonzern, welcher mit übrigens trotz mäßiger Noten genommen hatte und musste nun 3 schwere Klausuren neben 40 Stunden arbeiten wuppen. Es ging mir nicht gut. Schließlich erzählte ich meinem Chef und Buddy unter Tränen was los ist und ich nicht weiter weiß. Ich sah die Kündigung schon kommen. Doch was kam war Verständnis und die bitte, mich mit dem Betriebsarzt zu unterhalten, damit ich meine Angst, die sich nun zu einer richtigen Stöhrung entwickelt hatte, in den Griff bekommen kann und wir eine Lösung finden mich durch das Studium zu boxen. Denn meine Leistung auf der Arbeit war so gut, dass sie mich behalten wollten und mir anboten auch meine BA bei ihnen zu schreiben. Und auch wenn es nicht klappen sollte, ich dort eine Zukunft habe.
Ich würde es nicht wieder nehmen. Und solltet ihr euch dafür entscheiden, dann tut euch selber den gefallen und redet mit eurem Arzt. Natürlich findet er es nicht gut, aber er kann die Nebenwirkungen überwachen und euch wichtig Hinweise geben, die bei der Einnahme zu beachten sind. Hätte ich das getan, dann hätte ich gewusst, dass die Tabletten unter anderem Talkum enthalten und die Nasenschleimhaut davon auch langfristig geschädigt werden kann. Auch heute hab ich damit noch Probleme.
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