Hi,
habe den Thread hier per Google gefunden und wollte euch einmal meine Erfahrungen mitteilen. Ich habe Altran als Firma vor einigen Tagen durch eine Bonding Veranstaltung an der RWTH Aachen kennengelernt. Auf dem Bonding Stand hat mich der Gesprächspartner direkt (innerhalb einer Minute) zu einem ersten Gespräch am nächsten Morgen in der Lobby des teuersten Aachener Hotels (Quellenhof) eingeladen. Kam mir etwas seltsam vor, aber ich bin hingegangen.
Am nächsten Tag pünktlich in der Lobby hatte ich ihn dann getroffen. Es gab etwas Smalltalk und auf meine Frage, wie denn die Zimmer sein, antwortete er, dass er hier gar nicht schlafen würde - er benütze diese Lobby nur gern als sein Büro, wenn er in Aachen sei.
Die ersten Fragen waren dann ziemlich langweiliges Geplänkel. Ich sollte erstmal erzählen, was ich bisher schon gemacht hatte (wurde nicht drauf eingegangen) und dann gings schnell in die Richtung wo ich hin wollte.
Danach gings weiter und ich sollte ihm die Frage beantworten: "Stellen Sie mir die Zahl eine Milliarde anschaulich dar.". Ehrlich gesagt bin ich davon total überrumpelt worden und wusste irgendwie nicht, was ich sagen sollte. Er wollte da absolut nicht locker lassen und entsprechend zog sich das gefühlt ziemlich lange. Ich bin dabei natürlich nervös geworden und konnte ihm offenbar keine zufriedenstellende Antwort geben konnte ("nicht anschaulich genug"). Nebenbei äußerte er sich auch des öfteren, dass es recht einfach wäre und dass er schon viele gute Antworten gehört hätte. Was mir dazu einfiel war aber alles nicht gut genug. Er hat mich ziemlich lange zappeln lassen (mind. 10 Minuten). Mit solch einer Frage hatte ich absolut nicht gerechnet und die hat mich entsprechend auch ziemlich aus der Bahn geworfen. Es gab mir das Gefühl ziemlich versagt zu haben.
Abschließend durfte ich mir noch ein paar nette Hochglanzfolien über die Firma ansehen mit ganz tollen Bausteinen, wie die Karriere verläuft und was die Firma alles für einen tut. Davon hab ich nur die Hälfte mitbekommen, weil ich im Kopf noch total verwirrt war. Dazu kam noch die Gehaltsfrage (4045K Maximum, mehr sei nicht drin) und wo ich denn verfügbar wäre ("Aachen, Köln", Seine Antwort: "Da haben wir keine Zweigstellen", notiert es aber trotzdem ohne weitere Nachfragen und ohne Alternativen zu nennen).
Insgesamt hat das Gespräch ca. eine Stunde gedauert und ich hatte den Eindruck, dass er das ziemlich routiniert nach Strichliste durchging (hat hin und wieder was von einer Reihenfolge erwähnt, die er einhalten müsste). Während ich geredet habe, hat er oft ziemlich gelangweilt an die Decke geschaut und als ich dann zum Schluß selbst mal ein paar Fragen stellen wollte (war wohl nicht eingeplant, noch 10min zur nächsten vollen Stunde), musste ich mich beeilen, weil er noch andere Bewerber hätte (ich hatte den Eindruck, dass die nicht mitbekommen sollten, dass noch jemand vor ihnen da war).
Ich fragte, was er mir denn jetzt empfehlen würde und er sagte mir, dass ich erstmal ganz unten klein anfangen sollte und dann könnte ich ja weiter sehen. Im Nebensatz bekam ich noch zu hören, dass mein Studium zu lange gedauert hätte und meine bisher freiberuflich durchgeführten Firmenprojekte nicht als Berufserfahrung zählen würden. Damit endete es dann.
Hinterher fiel mir auf, dass ich während des ganzen Gespräches nicht ein einziges Mal nach meinen fachlichen Qualifikationen gefragt wurde. Der Lebenslauf hätte dazu genügend Anhaltspunkte hergegeben (Abschlußnote 1.0, diverse Firmenprojekte nebenbei, zweites Diplom an einer renommierten Uni im Ausland). Auch kam mir das ganze Gespräch ziemlich einseitig vor und hin und wieder ließ er Sätze fallen wie "ach so und ich muss sie jetzt noch folgendes Fragen". Nach der Frage, bei der er mich so hat zappeln lassen, hat mich sogar noch ausgefragt, was ich denken würde, warum er mir diese Frage gestellt hätte (Kommentar zu einer meiner Antworten war "Oh, das ist neu"). Kurzum: Das war ein sehr zweifelhaftes und einseitiges Gespräch nach vorgestricktem Muster, dass er offensichtlich im Stundentakt so abspult. Die Verunsicherung ist dabei Teil der Strategie.
Ich hab mich später über dieses Gespräch mit einem Bekannten, der schon einige Jahre in der Automobilbranche im mittleren Management tätig ist, unterhalten. Er erklärte mir, dass das Geschäftsmodell solcher Firmen natürlich nur aufginge, wenn man Leute möglichst günstig einkauft, um den Gewinn zu maximieren. Die guten Leute könnten diese Firmen aufgrund der gezahlten Gehälter sowieso überhaupt gar nicht halten. Sein Fazit: "Wo andere Firmen ihre Mitarbeiter entwickeln, versuchen solche Firmen ihre Mitarbeiter klein zu halten, um möglichst lange an ihnen zu verdienen.".
Ich finde, dass da was dran ist. Es passt ziemlich genau zu dem, was ich erlebt habe und entsprechend werde mich anderweitig umschauen. Ich hoffe mal, dass ich dem ein oder anderen hier damit helfen konnte. Insgesamt fand ich es aber trotzdem sehr lehrreich. So leicht lasse ich mich beim nächsten Mal nicht wieder überrumpeln ;)
Viel Erfolg bei euren Bewerbungen
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