Wieviel erbt ihr?
WiWi Gast schrieb am 09.01.2023:
Bei deiner Erklärung vom Staat fehlt mir aber ehrlich gesagt immer noch der Zusammenhang zum Thema. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn der Staat mit dem Geld auskommen würde, was er hat bzw. er nur ein sehr geringe Steuereinnahmen benötigen würde, ich denke da sind wir uns Grundsätzlich auch alle einig. Ich verstehe nur nicht, was das mit einer Vermögens- oder Erbschaftssteuer zu tun hat. Ich frage deshalb so explizit nach, weil ich das Argument in der Diskussion ständig höre und das Gefühl hat jeder versteht es nur ich nicht. Geht es darum, daß wir dann keine Vermögenssteuer mehr erheben müssen oder geht es darum, daß wir unsere Energie besser auf die Kosten Seite konzentrieren sollten und nicht auf die Erhebung neuer Steuern?
Sei es drum ich hätte zwar auch gerne einen Staat der nur sehr wenige Geld benötigt, ich sehe aber ehrlich gesagt kaum Spielraum. Natürlich lässt sich wahrscheinlich an vielen Stellen Bürokratie abbauen, da aber eigentlich auch in unserer öffentlichen Verwaltung auch mal die Digitalisierung Einzug nehmen müsste und so eine Transformation ja erstmal Geld kostet, glaube ich nicht, das hier viel Gespart werden kann.
In unserer Infrastruktur gibt es auch einen ziemlich großen Investitionsstau, da sehe ich auch kaum Möglichkeiten.
Kommen wir zu den Empfängern unseres Sozialsystems, da wäre der größte Posten die Rentner. Ich bin für eine Reformation des Renten Systems um es langfristig tragbar zu machen aber ich denke nicht, das es in den nächsten Jahren günstiger werden kann(Babyboomer). Wenn ich mir den Rentenbescheid meines Vaters anschaue, (45 Jahre als Handwerker gearbeitet, Brutto Rente 1,7k), sehe ich auch nicht viel Potenzial für eine Rentenkürzung.
Arbeitslose und Flüchtlinge erhalten schon nur das Existenzminimum, selbst wenn man wollte wird eine weitere Kürzung wohl vom Verfassungsgericht gekippt. An Kindern wird eigentlich schon viel gespart, ich glaube die Ausgaben für Bildung kann man schlecht noch weiter runterfahren, man könnte Leistungen wie Kindergeld und Waisenrenten streichen und die Kinder stärker für die Versorgung ihrer Eltern belasten. Dann haben wir aber eher eine stärker auseinander gehende Schere zwischen Arm und Reich.
Es hat insofern was damit zu tun, dass nur ein gestiegener Finanzbedarf neue Steuereinnahmen erfordert. Wäre das nicht der Fall, würde man auch nicht über die Wiedereinführung der VSt diskutieren müssen - mal abgesehen davon, dass ich gerne eine effiziente Vermögensteuer und dafür deutlich weniger Ertragsteuern hätte, weil das einfach andere Anreize setzt, die der Gesellschaft langfristig deutlich nützlicher wären.
Und der Finanzbedarf steigt unter anderem deshalb, weil sich die Politik - zumindest in meiner Wahrnehmung - zu häufig von irgendwelchen emotionalen Gefühlsduseleien leiten lässt, anstatt von rationalen Sacherwägungen. Das ist halt en vogue, während nüchterne Realitäten als kaltblütig und berechnend gelten und damit stark negativ konnotiert sind. Folgende Beispiele:
Wir sehen die Nuklearkatastrophe in Fukushima und erklären einseitig den Atomausstieg (gefühlt als einziges Land auf der Welt). Wir sehen Menschen im Mittelmeer auf kleinen Booten und rufen ihnen zu "kommt alle her". Wir schaffen Kohlekraftwerke ab und müssen Strom aus anderen Ländern importieren, wir überstürzen eine hochpolarisierte Ausländermaut und kriegen vom EuGH einen aufs Dach und wir schwächen mit dem Verbot von Verbrennungsmotoren unseren eigenen und mit Abstand am stärksten Wirtschaftszweig. Die Liste ist endlos und all das kostet den Steuerzahler Milliarden. Wir tun das alles aus einer Emotion heraus, Kurzschlusshandlungen, entweder, weil wir meinen, anderen irgendwas recht machen zu müssen oder glauben, eine Vorreiterrolle einnehmen oder die Welt im Alleingang retten zu müssen.
Dabei macht sich keiner Gedanken darum, ob und was finanziell darstellbar ist und welche Konsequenzen unsere Entscheidungen überhaupt im wirtschaftlichen und sozialen Sinn haben. So kann ich mich verhalten, wenn ich im Restaurant was zu essen bestelle, aber von Politikern erwarte ich, dass sie sich nicht von irgendwelchen traurigen Bildern oder ihrem Bauchgefühl leiten lassen, sondern dass sie nüchterne, rationale und faktenbasierte Entscheidungen treffen.
Leider ist genau das - zumindest in meiner Wahrnehmung - nicht der Fall. Und das ist eben mein Ansatz zu erklären, warum der Staat mit seinen Finanzen nicht auskommt und die jährlichen Rekordsteuereinnahmen nicht reichen, sondern man immer neue Finanzquellen auftun muss. Und wo bekommt man das schon noch hin? Bei den Ertragsteuern ist nicht mehr viel zu holen, also ist es sinnvoll, nach höheren Erbschaft- und Vermögensteuern zu schreien. Das lässt sich gegenüber der Fraktion der Undifferenzierten meistens auch gut verargumentieren, dass "die Reichen mehr zahlen sollen". Insofern stimmt auch deine These, dass eine breitere Masse der Bevölkerung da mitziehen würde. Allerdings aus den völlig falschen Gründen.
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