"Sachbearbeiter" ist nicht gleich "Sachbearbeiter"!
Es hängt ganz stark davon ab, was hinter dieser Bezeichnung steckt. Natürlich möchten viele Menschen früher oder später eine Führungsposition übernehmen, und ich finde es auch vollkommen legitim, dass man sich dieses Ziel gesetzt hat. Nichts ist schlimmer als kein anständiges Ziel zu haben. Man muss es halt realistisch setzen und sollte nicht gleich in Tränen ausbrechen, wenn es nicht schon nach kurzer Zeit erreicht ist. Also meine generelle Zustimmung zu der Feststellung: Als Sachbearbeiter verkauft man sich "unter Wert".
Der Clou liegt darin, dass fast jeder Absolvent als "Sachbearbeiter" einsteigt und dass sich erst hinterher die Guten von den Schlechten trennen. Das heisst im Klartext: Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen, wenn Du zu Beginn nicht gleich eine hochverantwortliche Stelle bekommst. Entscheidend ist vielmehr, ob die Stelle Dir das POTENZIAL bietet, Dich früher oder später weiterzuentwickeln. Nur danach würde ich eine Stelle beurteilen.
Es kann sogar sehr hilfreich sein, mal für einige Zeit auf "unterster Ebene" "Sachen zu bearbeiten" und mal dort zu ein, wo ein Produkt wirklich entsteht bzw. wo die strategischen Entscheidungen in die Praxis umgesetzt werden. Diese Praxis schadet nicht, und sie tut auch nicht weh. Im Gegenteil! Ein guter Praktiker kann ein sehr guter Stratege werden, weil er nicht bloß ins Blaue hinein plant, sondern auch diejenigen Stellen kennt, die die Strategie am Ende umsetzen sollen. Das schafft Anerkennung im Unternehmen und schult für einen objektiven, realistischen Blick. Nichts ist Schlimmer als eine Führungskraft, die nie selbst geführt wurde.
Ich persönlich habe in einem großen Konzern ein Traineeprogramm absolviert, welches zunächst auch tolle Chancen auf Führungspositionen etc. versprochen hat. Dennoch wurde ich nach diesem Traineeprogramm zunächst einmal "Sachbearbeiter". Warum ich damit kein Problem habe? Weil mir ALLE Führungskräfte - von ganz unten bis ganz oben - bestätigt haben, dass es ohne operative Erfahrung am Produkt einfach nicht weitergeht. Es mag sein, dass man auf diesem oder jenen Weg auch ohne operative Erfahrung ein bestimmtes Level erreichen kann, aber ab der Mitte ist dann Schluss. Jemand, der nie am Produkt gearbeitet hat, das Produkt dementsprechend nicht kennt und auch keinen operativen Stallgeruch hat, kommt nie an die Spitze. So jemanden braucht man dort nämlich nicht.
An Deiner Stelle würde ich folgendes tun: Suche Dir eine Stelle, die Du bekommen kannst. Wenn es "nur" eine Sachbearbeiterstelle ist, dann ist das OK. Du brauchst dich darüber nicht zu ärgern. Jeder fängt einmal klein an. Du solltest dann aber schon früh mit Deinen Vorgesetzten klären, dass Du Aufstiegschancen möchtest und dass Du diese operative Stelle zwar sehr ernst nehmen wirst, früher oder später aber mehr Verantwortung bekommen willst. Man könnte sogar einen konkreten "Fahrplan" zusammenstellen:
"Person X fängt auf SB-Ebene an.
Person X lernt dort die folgenden Inhalte:
- Projekte organisieren
- Sich für Ergebnisse nach oben verantwortlich zeigen
- Menschen im Umfeld motivieren
- Erfahrungen aus Nachbarbereichen für die eigene Arbeit umsetzen
Wenn das alles gelernt wurde, bekommt Person X eine Chance auf eine höhere Stelle."
Wäre das etwa für Dich?
Uli
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