Das Land steuert hier derzeit mit Karacho auf eine riesige Katastrophe zu und ich sehe auch nicht wie es hier einen Ausweg geben soll. Man hat sich komplett in eine Sackgasse manövriert und ist nicht in der Lage, angemessen mit der Situation umzugehen. Hier kommt leider eine immer wieder zu beobachtende, unheilvolle Mischung diverser Phänomene zusammen:
1.) Unfähigkeit und/oder fehlender Wille zu angemessenem Risikomanagement
Es gibt kein Bewusstsein dafür, wie mit Risiken umzugehen ist und wie man verschiedene, widerstreitende Anforderungen angemessen abwägt. Es wird nur in worst case-Szenarien gedacht und Risiken versucht kategorisch zu vermeiden. Sieht man auch an so Dingen wie ausufernder Bürokratie, die jedes noch so kleine und unrealistische Gefahrenszenario mit dutzenden Vorschriften regeln will und dadurch Projekte wie z.B. den Berliner Flughafen massiv verzögert. Oder daran, dass die Bahn bei einer Warnung vor einem Sturm (der dann nichtmal so schlimm kommt, weil auch da wieder ein worst case gesponnen wurde) gleich mal den ganzen Fernverkehr einstellt. Es könnte ja irgendwo ein Zug gegen nen Baum fahren.
Das Phänomen betrifft sowohl die Entscheidungsträger (v.a. in der Politik) als auch weite Teil der Gesamtbevölkerung.
2.) Eine aus historischen Gründen sehr radikale und geistig starre Ethik
Dem Leben jedes einzelnen Menschen wird hierzulande ein unendlicher Wert beigemessen, was auch an unserer Historie des 20.Jhd.s liegt, aber schon auf Kant zurückgeht. (Einen Preis hat nur, was einen Wert hat, der Mensch hat aber keinen Wert sondern Würde) Dadurch gibt es grundsätzliche Denkverbote was das Abwägen der Gesundheit einzelner Risikopatienten gegenüber der Stabilität der Gesamtwirtschaft (mit Auswirkung auf die gesamte Bevölkerung) anbelangt. Der im angloamerikanischen Raum verbreitete Utilitarismus ist hier deutlich flexibler und betrachtet den Gesamtnutzen für die Mehrheit. Dadurch gibt es keine Scheu, sogar das Leben eines einzelnen Menschen monetär zu beziffern und gegenüber dem Schaden für die Gesamtwirtschaft zumindest im Prinzip abzuwägen.
3.) Fehler Entscheidungsmut der Politiker und Angst vor negativen Umfragewerten
Das geht Hand in Hand mit
4.) Immenser medialer Druck und Sensationsgier der Journalisten
Keiner wird sich aus der Deckung wagen, weil die meisten Journalisten jeden Politiker, der nicht rigide genug vorgeht, genüsslich in der Luft zerreißen und ihm jeden einzelnen Toten, für den er angeblich persönlich verantwortlich ist, vorrechnen werden. Siehe Trump und Johnson (angloamerikanisch, utilitaristisch geprägt, ihr wisst schon), die am Ende auch umgekippt sind. Ich will gar nicht sagen, dass die alles richtig gemacht haben zuvor, vor allem Trump mit seinen ständigen Verschwörungstheorien nicht. Aber sie hatten eine richtige Grundeinstellung und haben nicht nur in den düstersten worst case-Szenarien gedacht, konnten das aber nicht durchhalten. Bin mal gespannt, wie lange es Schweden noch schafft diesen mMn absolut richtigen Weg beizubehalten.
5.) der Föderalismus, der alles nur komplizierter macht ohne auch nur den geringsten Mehrwert zu bieten
wäre an sich vielleicht hier nicht so schlimm, käme es nicht gepaart mit
6.) Macht- und Karrierestreben einzelner Landespolitiker
Insbesondere natürlich Laschet und Söder, die beide ganz offensichtlich Bundeskanzler werden wollen (der eine relativ offen, der andere tut immer so als interessiere ihn das nicht, das nehme ich ihm aber nicht ab) und sich daher als Krisenmanager profilieren. Da beide auch noch unterschiedliche Herangehensweisen propagieren spalten sie die Gruppe der Entscheidungsträger und führen letztlich zu Alleingängen (insb. in Bayern) und einem Flickenteppich an Regeln, der nicht sinnvoll und angemessen ist. Und es führt eben dazu, dass einer vorprescht, möglichst radikal um sich als entscheidungsstarker Macher zu produzieren, und sich dann andere wegen Punkt 4 oben gezwungen sehen, nachzuziehen. Beim Thema "Maskenpflicht" wieder wunderbar zu beobachten, wie einer nach dem anderen umgekippt ist. Nur dass hier interessanterweise mal nicht Söder der Ausgangspunkt war.
7.) zu guter Letzt die Obrigkeitshörigkeit weiter Teile der Bevölkerung
Die meisten wünschen sich offenbar immer noch den starken Führer an der Spitze, den gütigen (Landes-)Vater, der das Volk an die Hand nimmt, beschützt und durch die Krise führt. So wird ohne Murren akzeptiert, was immer einem vorgegeben wird. Hierbei spielt natürlich auch Punkt 1 von oben eine gewichtige Rolle. Ich wette, wenn demnächst irgendwelche Studien ums Eck kommen, dass wir uns am besten dadurch schützen können indem wir nur noch nackt herumlaufen, hätten wir in kürzester Zeit auch dafür in den Umfragen hohe Zustimmungswerte, wenn Papa Söder und Mama Merkel uns eindringlich mahnen, dass das zu unserem Besten ist und wir da bitte alle solidarisch sein und mitmachen müssen. :-) Es gibt überwiegend kein mündiges Bürgertum und kein Bewusstsein dafür, was eine Demokratie ausmacht. Alle scheinen auch noch glücklich zu sein, dass ihnen das Denken abgenommen wird und jemand sagt, wo es langgeht. Egal wie viel Sinn das ergibt was derjenige sagt. Bezeichnend in dem Kontext ist die bereits früher angesprochene völlige Ignoranz dafür, was gerade mit unserer parlamentarischen Demokratie passiert. Der Bundestag ist völlig entmachtet und Merkel regiert mit den Ministerpräsidenten wie eine Monarchin mit ihrem Hofstaat. Wurde hier im Thread auch schon angesprochen. Bezeichnenderweise auch hier völlig ohne Resonanz. Niemand scheint ein Bewusstsein dafür zu haben, was für eine Katastrophe das für die Grundfesten unserer Demokratie darstellt was gerade passiert. Käme jetzt ein neuer Führer das Volk würde ihm auch wieder bereitwillig in den Krieg folgen, wenn er es nur überzeugend genug verkauft, dass das doch zu unser aller besten ist. Erschreckend.
antworten