WiWi Gast schrieb am 20.01.2019:
Gibt auch ne Menge BWLer, die jetzt einen auf AI Consulting machen. Man geht halt da hin,wo die jobs sind.
Ich bekomme das hautnah mit. Denn die meisten mir bekannten BWL'er, die einen auf AI Consulting machen, machen einen bescheidenen Job.
Ich leite in unserer UB einen Bereich, in dem ich nur MA mit relevantem Informatikabschluss und einschlägiger BE in in Informatik-nahen Themen einstelle und anschließend zu Consultants ausbilde. Meine Leute sitzen nie auf der Bank, unsere Klienten versuchen diese ständig abzuwerben.
Die o. g. BWL-basierenden "AI Consultants" sitzen viel häufiger auf der Bank und das Klienten-Feedback ist selten positiv.
Mir geht's hierbei nicht darum, BWL als Studium im Consulting-Kontext schlecht zu reden.
Vielmehr ist es so, dass das BWL-Studium Problemanalyse und -lösung (inkl. der entsprechenden Zusatzdisziplinen wie Modellierung) nicht in der Breite und Tiefe vermittelt, wie es ein Informatikstudium tut (so man es als Student auch systemisch und ganzheitlich gelernt hat).
Schaut man sich den Werkzeugkasten eines (jungen) Strategieberaters an, so ist dieser zwar effektiv und effizient, aber doch sehr überschaubar. Wenn man dann nur mit dieser hochspezialisierten methodischen Problemlösungskompetenz anspruchsvolle Themen aus der Informatik (z. B. AI) angehen will, wird das Eis schnell sehr dünn.
Ich halte den Finger an dieser Stelle bewusst in die Wunde, da gerade auf WiWi-Treff der Irrglaube vorherrscht, Informatik sei "IT" bzw. "Programmieren" (und bitte "Programmieren" nicht mit professioneller Softwareentwicklung gleichsetzen). Dabei bleibt - zumindest für meinen Geschmack - oftmals unerwähnt, dass ein Informatikstudium eine sehr gute Grundlage für eine Berater-Karriere sein kann (entsprechende Persönlichkeit vorausgesetzt), denn:
- Informatik als Studium ist eine Systemwissenschaft
- Gepaart mit Ausflügen in die Systemtheorie und diversen Zweigen der Mathematik, die ohnehin im Informatikstudium gelehrt werden, wird man auf Systemdenken getrimmt. Und zwar über eine große Bandbreite.
- Folglich fallen Analyse, Manipulation und Bauen von Systemen jeder Art (inkl. Modellierung) Informatikern sehr leicht. Dazu gehört auch das System "Business".
Physiker bringen i.d.R. ein vergleichbares Rüstzeug mit, lassen aber gerade im Kontext IT und Digitalisierung oftmals notwendige harte Informatik-Skills vermissen. Zumal Physiker oft am "Not Invented Here"-Syndrom leiden und gerne das Rad neu erfinden. Daher würde ich Physiker nur ungern an die Implementierung lassen, gleiches gilt für Deep Dives. Auf der rein abstrakten Ebene - gerade beim systematischen Verständnis der Gesamtzusammenhänge - sind sie aber gut.
Und natürlich generalisiere ich. Unabhängig von Studium und Beruf bringt jeder Mensch auch noch sein individuelles Gehirn mit und hat vlt. anderweitig Systemdenken breit und tief gelernt.
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