Wenn das Verfassen von Stellungnahmen keine Arbeit ist, warum wird es dann so gut bezahlt? Bei uns liegen die Stundensätze für die "akademischen" StB ca. 50% über den Stundensätzen für die Compliance-StB.
"Aufsätzchen" schreibt wohl kaum ein StB hauptberuflich. Veröffentlichungen dienen in erster Linie der Akquise, indem man innerhalb der Kanzlei und am Markt bekannter wird. Ansonsten sind die Aufsätze oft weniger theoretisch als Du vielleicht denkst. Publiziere selbst gelegentlich in den einschlägigen Zeitschriften (DStR, GmbHR etc.) und meist beruhen die Aufsätze auf Fällen, die mich in der Praxis beschäftigt haben.
Zum Thema Ausbildung vs Studium: Verdiene als StB (32 Jahre) ca. 120k. Wenn man mir als Krankenpfleger 150k zahlen sollte, schule ich vielleicht noch mal um ;-)
Lounge Gast schrieb:
Es geht meiner Meinung nach darum, dass viele Absolventen die
Vorstellung haben, dass sie gar nicht richtig arbeiten müssen
(als BWLer mit etc. Datev oder Excel) und stattdessen ihr
Geld mit Aufsätzchen, Stellungnahmen und theoretischen
Analysen zu verdienen. Praktisch soll das, was man in der
Schule oder im Studium gemacht hat, im Berufsleben
fortgesetzt werden. Dabei ist es heute überhaupt nichts mehr
Besonderes, wenn man studiert. Es ist mittlerweile viel
einfacher, jemanden mit Studium zu kriegen als mit einer
dualen Ausbildung.
Aufsätze in Zeitschriften dienen - wie gesagt - der Akquise. Unmittelbar verdient man damit kaum etwas (800 Euro pro Aufsatz sind viel).
Bei Newslettern ist es ähnlich. Ist halt eine relativ günstige Werbemaßnahme. Mehr nicht.
Es geht auch nicht darum, sich auf reine Theorie zu konzentrieren. Wenn ich einen Einspruch begründe oder eine Klageschrift verfasse, geht es um Geld. Ob der Einspruch erfolgreich ist, hat für den Mandanten also sehr praktische Auswirkungen. Wenn ich eine Umstrukturierung berate und da irgendeine Sperrfrist übersehe oder nicht, kann darüber entscheiden, ob der Mandant auch danach noch am Markt existiert ;-)
Seminare dienen oft ebenfalls der Akquise. Sie werden zudem ganz ordentlich bezahlt. >1000 Euro pro Tag sind durchaus machbar. Hängt aber natürlich auch vom Thema ab. Mit "Spezialfragen des UmwStG" verdient man meist besser als mit "Bilanzierung für Anfänger".
Es stimmt zwar, dass der Preisdruck in der Compliance immer
mehr zunimmt. Aber wenn ich mir anschaue, wie viele
Fachzeitschriften, Newsletter und Seminaranbieter im Umlauf
sind und wie oft irgendwelche anonymen Ghostwriter für wenig
Geld gesucht werden, die Seminarunterlagen vorbereiten
sollen, dann kann die Konzentration auf reine Theorie auch
nicht der Ausweg sein.
Natürlich ist die Mandantenbindung in der Steuerberatung relativ hoch. Es macht auch wenig Sinn, ständig den StB zu wechseln. Gerade kleine und mittlere Unternehmen gehen daher immer zum gleichen StB. Hingegen stehen die Steuerabteilungen großer Konzerne (insbesondere DAX) unter strenger Beobachtung. Mittlerweile entscheidet da oft der Einkauf über die Vergabe von Aufträgen. Und da zählt dann oft nur noch der Preis.
Die Geringschätzung der Compliance finde ich auch nicht gut. Kommt aber halt nicht zuletzt daher, dass die Stundensätze oft deutlich niedriger sind als die Stundensätze in der "akademischen" Beratung.
Die Geringschätzung der Compliance führt oft sogar dazu, dass teure Gutachten geschrieben werden müssen. Die KSt-Erklärung darf nur 3.000 Euro kosten, sodass die unter erheblichem Zeitdruck von einem mäßig qualifizierten Berufseinsteiger erstellt wird. Jahre später entdeckt die BP massive Fehler auf und fordert dann Steuern in beträchtlicher Höhe nach. Dann ist es natürlich kein Problem, für 500 Euro die Stunde 50-seitige Gutachten verfassen zu lassen...
Zuletzt sind viele StB froh, wenn sie bei "ihrem" Geschäft bleiben können. Ich möchte keine Steuererklärungen machen. Viele Compliance-Berater sind hingegen froh, wenn sie keine Klageschriften verfassen oder UmwStG beraten müssen.
Zumal der Markt für
Steuerberatungsleistungen sehr wenig transparent ist. In
aller Regel bleiben Mandanten ewig bei ihren Steuerberaten
und würden zu fremden Beratern nie gehen, auch wenn diese
etwas billiger sind. In der Compliance geht es nicht nur um
den billigsten Preis.
Compliance bedeutet ja auch nicht, dass man nur Zahlenreihen
eintippt. Es ist die Anwendung der Theorie. Manche Abschlüsse
sind so schwierig, dass man sie Anfängern nicht geben kann.
Als angestellter Steuerberater bin ich zwar nicht
selbständig, werde aber dennoch intern auch am Umsatz
gemessen. Und da können ein paar große, gut bezahlte
Abschlüsse viel mehr bringen, als wenn ich zu irgendwelchen
Themen Stellung nehmen muss und nur wenige Stunden dafür
abrechnen darf.
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