WiWi Gast schrieb am 13.01.2022:
WiWi Gast schrieb am 13.01.2022:
Oh Mann, da blutet mir das Herz.
Vorab: ich freue mich für euch, dass ihr euch euren Lebenstraum erfüllen konntet. Wirklich.
Aber euer Vorgehen ist aus Investitionssicht wirklich dermaßen wertvernichtend.
Danke, hatte den gleichen Gedanken. Wie kann man nur so agieren...
Muss ich an sich auch zustimmen, aber kann sie irgendwo auch verstehen. Bin prinzipiell auch so gestrikt "lieber schon abbezahlt" und "Hauptsache wenig Schulden vor sich herschieben". Ist irgendwo ein komisches Gefühl nach 20 Jahren Tilgung dann irgendwie immer noch so einen massiven Berg zu sehen, auch wenn man theoretisch den dann auf einmal begleichen könnte.
Ja wobei was mich an dieser Diskussion auch irgendwie stört dass immer so getan wird, dass ein Investment in dem MSCI World sicher mind. 5% p.a. und mehr bringt. Wirklich überhaupt nichts gegen Aktien und ETF Anlagestrategien aber heute glaubt auch jeder 16 Jährige man müsse nur auf ein paar Tech Aktien in Trade Republic und co setzen und schon generiert man damit safe ein passives Einkommen.
Wenn man 400.000 im Depot in Aktien, ETFs und ähnlichen Anlageklassen liegen hat dann können da auch unglaublich schnell 300.000 draus werden, dann hat man eine deutlich negative Rendite die man über 20 Jahre erst mal wieder überhaupt auf 0 bringen muss.
Da ist dann der vermiedene 1%-Kredit mit also 1% „Rendite“ (Opportunitätskosten) u.U. doch kein so schlechtes Investment..
Das ist reine Statistik. Im Schnitt lag die Rendite vom MSCI World über die letzten Jahrzehnte bei 7,8% pro Jahr. Aktien haben sich über einen viel längeren Zeitraum konstant als Werttreiber bewiesen - den Immobilienboom in DE gibts erst seit 10 Jahren.
Ich kann doch meine Rendite-Erwartung nicht unadjustiert auf Vergangenheitswerten beruhen lassen.
Die historische Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen seit 1950 dürfte auch irgendwo im Bereich 4-5% liegen. Trotzdem kommt doch wohl niemand auf die Idee, das in die Zukunft auf die nächsten 20-30 Jahre fortzuschreiben, wenn die Rendite aktuell knapp unter 0 liegt.
Aktien haben (in der Erwartungshaltung der Anleger) immer ein Risk Premium gegenüber sicherer Anlage. Aber ich wage zu bezweifeln, dass die zukünftige Differenz der realen Rendite deutlich höher liegt als in der Vergangenheit.
Außerdem profitieren Unternehmen und damit auch Aktien stark von Wirtschaftswachstum, weil sich in dem Umfeld viele neue Märkte und Kundengruppen erschließen lassen. Das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern liegt heute deutlich niedriger als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert. Auch Treiber des globalen Wirtschaftswachstums wie China verlieren aufgrund ihrer inzwischen deutlich besseren Wirtschaftskraft langsam an Dynamik. Wenn nicht Afrika und Lateinamerika in den nächsten Jahren extrem zu boomen anfangen, wird das auch zu sinkenden Aktienrenditen führen.
Verstärkt wird die Entwicklung zusätzlich noch durch den globalen Kampf gegen den Klimawandel. Die Transformation der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität bindet enorm hohe Ressourcen (Kapital, Arbeitskraft und Materialien) und wird daher auch einen dämpfenden Faktor auf die Wirtschaftsentwicklung haben. Ohne günstige Energie wird z.B. auch ein Boom in Schwellen- und Entwicklungsländern deutlich unwahrscheinlicher.
Natürlich investiere ich auch in Aktien bzw. ETFs (und habe mir trotzdem für die Lebensqualität letztes Jahr mit meiner Frau ein Haus gekauft), aber meine Rendite-Erwartung für den Zeitraum bis zur Rente in 30+ Jahren liegt sicherlich nicht bei 7,8%, schon gar nicht real nach Steuern. Ich rechne konservativ mit Werterhalt (Nachsteuer-Rendite gleicht Inflation aus) und hoffe auf ein bisschen zusätzliche Rendite von 1%, im Optimum 2% (real, nach Steuern). Wenn sich das erfüllen sollte, ist das als Rentner schon eine sehr komfortable Situation.
Was man als Aktienfan auch nicht vergessen darf: die heutige Steuersituation mit 25% Kapitalertragssteuer plus Soli ist verhältnismäßig günstig. Ich würde für die Zukunft nicht ausschließen, dass wir - sei es durch Transaktions-, Ertrags- oder Vermögensbesteuerung - auch Mal wieder Zeiten mit 40-50% Steuern sehen. Irgendwer (lies: die Mittelschicht) muss die Klimaneutralität schließlich bezahlen.
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