Lounge Gast schrieb:
Meine Vorstellung war aber, dass es
neben der Entwicklung einen parallelen Karrierepfad gibt, für
den man eben andere Fähigkeiten braucht, aber dennoch mit
Implementierungsprojekten zu tun hat.
Ja natürlich gibt es das. Große Implementierungsprojekte sind extrem arbeitsteilig. Da gibt es für jeden Bereich Spezialisten: Analyse, Design, Implementierung/Modultest, Integrationstest, Systemtest, Performancetest, Rollout, Infrastruktur, Betrieb, dazu meist noch Architektur, PMO, Sales. Implementierung und Modultest sind eventuell 1/4 der Wertschöpfung. Der Rest muss auch erbracht werden. Nur der ganze Bereich Koordination, TPL, PL und Programmleitung entfällt für dich als Berufseinsteiger.
Zum Beispiel kann man
bei Accenture als Java / ABAP- Entwickler anfangen, oder man
kann in die Technologieberatung gehen. Wie die Tätigkeiten
genau aussehen, weiß ich leider nicht. Aber anscheinend ist
alles viel stärker miteinander verknüpft, als ich dachte.
Da würdest du auch als SAP Entwickler einsteigen. Technologieberatung bei Accenture sieht eine kontinuierliche Karriereentwicklung zwingend vor. Im Laufe der Zeit mußt du quasi aus der reinen Entwicklung mehr und mehr aussteigen und mehr Verantwortung übernehmen. Anfangs vielleicht ein schwieriges Thema, später ein kleines Team, anschließend eventuell Lieferverantwortung für einen Teilbereich usw.
(Überspitzt formuliert:) Ich bin nicht der Typ, der einen
eigenen Blog hat, auf dem er die neuen Features der neuesten
Java-Version erklärt und Beispiele vorführt. Ich verwende
privat nicht Linux, und ich habe auch keine Lust mir einen
eigenen Server einzurichten (es macht mir aber Spaß, darüber
nachzudenken, was ich damit machen könnte, z.B. die
Kaffeemaschine einschalten ;) ).
Klischees und noch mal Klischees. Ich bin damals auch als Entwickler eingestiegen und interessiere mich nur für Technik, die mir hilft, Probleme zu lösen. Meine Frau kümmert sich um die Konfiguration meines Handies weil mir das nur Zeit wegnimmt. Irgendwelche privaten Technikprojekte ohne konkrete Zielstellung habe ich noch nie gemacht.
Pragmatismus, Disziplin und strenge Kosten-/Nutzensicht sind die Keyskills für Entwickler. Innovation an der richtigen Stelle kann helfen, ist aber kein Wert an sich. Technikaffine Nerds gehen dem Kunden auf die Nerven.
Wenn du also der einzig lösungsorientierte Mensch unter lauter selbstverliebten Nerds bist, boosted das deine Karriere enorm.
Dafür interessiere ich mich für wirtschaftliche Themen, womit
die "anderen" gar nichts zu tun haben wollen (ich
würde schon für Nebenfach BWL belächelt, weil es so leicht
sei). Das sind vermutlich die Leute, mein Vorschreiber in der
Auflistung beschrieben hat.
Entwickler brauchen i.d.R. tiefes Fachwissen. Kann dir also nur helfen. Später als PL brauchst du dein BWL Wissen noch mehr, das so ein Projekt funktioniert wie ein kleines Unternehmen.
Ich weiß von Software-Ingenieuren, die ich gefragt habe, dass
sie am Anfang nur Spezifikationen bekommen haben, und diese
implementieren mussten. Später hätten sie dann selbst welche
geschrieben (auch Schnittstellen nach außen spezifiziert) und
Verantwortung für ein Modul bekommen. Das zieht sich dann
aber vermutlich über Jahre. Und genau so etwas möchte ich
nicht. Ich finde langes Programmieren monoton und anstrengend
(und sehr unkommunikativ). Ich würde lieber eine Branche gut
kennen, als ein Produkt bis ins kleinste Detail.
Ob Programmierung oder nicht, du wirst dich tief in ein Thema / Produkt oder Aufgabengebiet einarbeiten müssen. Spezialisierung ist einfach unbedingt notwendig in dieser Branche. Deine Vorstellung, dass man als Nicht-Entwickler leichter zwischen Themen und Branchen wechseln könnte ist schlicht falsch.
Entwicklungsarbeit ist nicht unkommunikativ. Das Gegenteil ist der Fall. Jeder größer Projekt und Arbeitsteilung, desto mehr wirst du kommunizieren müssen. Die reine Codierung macht nur noch einen Bruchteil der Arbeit aus.
Außerdem hatte ich den Eindruck, dass die Entwickler nur als
Kostenstelle wahrgenommen werden, die es zu minimieren gilt
(deshalb auch Indien usw.). Die Stellung im Unternehmen ist
nicht so stark. Darauf ist oben schon jemand eingegangen.
Vielleicht kann dazu noch jemand etwas schreiben.
Offshoring kommt immer dann ins Spiel, wenn repetitive oder einfache Tätigkeiten in großem Umfang gemacht werden müssen. Die Kollegen in Indien skallieren sehr gut. Die interessanten Aspekte wie Koordination, Design, Architektur verbleiben Onshore. Deshalb ist der Entwicklerjob in den vergangen Jahren ein ganzes Stück anspruchsvoller geworden.
Offshoring betrifft übrigens auf keinen Fall nur die IT. Tendentiell wird aktuell alles offshored, was skalierbar und billig sein soll. Ganze Personalabteilungen sind schon offshored worden.
Ich muss aber auch zugeben, dass für mich Karriere- und
Gehaltsentwicklung von Bedeutung sind. Ich denke, dass ist in
der Software-Entwicklung eher durchschnittllich.
Kommt drauf an. In der Beratung geht es sicherlich schnell voran. Für die traditionelle IT Abteilung würde ich zustimmen.
Warum sollten man einen guten Entwickler auf eine Position
befördern, wo er nicht mehr entwickelt?
Die Frage kannst du immer stellen. Warum befördert man überhaupt irgend jemanden, der einen prima Job macht auf eine Position, wo derjenige etwas anderes tun muss?
1.) Weil man ihn sonst nicht im Unternehmen halten kann
2.) Weil man sich durch gute Arbeit und Disziplin für höhere Aufgaben qualifiziert
3.) Weil man davon ausgeht, dass seine Expertise ihm auch als Führungskraft hilft, die richtigen Entscheidungen zu treffen
Ich denke, dass ich als Informatiker mit Interesse an
Wirtschaft gute Aussichten habe. Ich weiß nur noch nicht,
welchen Weg ich einschlagen soll.
Du solltest dich besser informieren und dann den Job machen, der dir liegt. Was die anderen darüber denken, ist zweitranging
PS: Der Beitrag vom Wirtschaftsinformatiker vom 29.07 gefällt
mir. Allerdings würde ich ungerne mit ABAP zu tun haben.
Ich glaube, dass du gar kein richtiges Gefühl dafür hast. Richtig?
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