"Chef: Müller, ich erwarte von Ihnen bis zu unserem nächsten Termin einen Vorschlag. Und dann überzeugen Sie mich davon, dass die Option, die sie gewählt haben, die Richtige für uns ist."
Ja, so sind wir BWLer. Keine Ahnung, aber immer einen guten Spruch drauf.
"Während dein fiktiver Chef Inkompetenz ausstrahlt, hat mein fiktiver Chef Führungsstärke gezeigt. Er zeigt seinem Mitarbeiter, der Experte für das Thema ist, dass er ihm vertraut und gibt gleichzeitig eine klare Anweisung, wie das Thema zu behandeln ist und welche Erwartung er an den Mitarbeiter hat."
Ja, er hat Vertrauen gezeigt und ist bestimmt ein mega-beliebter Chef. Mag auch sein, dass Müller dieses Vertrauen verdient hat und alles richtig macht. Gleichzeitig aber hat der fiktive Chef aber fachliche Inkompetenz gezeigt. Er muss nicht jedes Detail kennen, aber ein Gefühl für die Einschätzung von Risiken haben. Fehler werden nicht gemacht, weil Sachbearbeiter etwas falsch machen, sondern weil Führungskräfte es nicht checken. Wenn die Mitarbeiter eine Entscheidung von Führungskräften brauchen, dann brauchen sie eine Entscheidung von Führungskräften. Und kein rhetorisches Blabla.
"An welcher Stelle genau braucht der Chef dafür dieselben tiefgehenden Detailkenntnisse wie der Sachbearbeiter?"
An genau der Stelle, wo durch eine vertragliche Formulierung für das Unternehmen ein erhebliches rechtliches Risiko entsteht. Wenn der Vertrag schief geht und das Unternehmen dadurch Millionen verliert, kann man nicht einfach sagen "Müller war's, der wollte das so!".
"Dass es ganz ohne Fachwissen nicht geht, ist klar. Aber es sollte Überblickswissen sein, um Dinge einordnen und Aufgaben an die geeigneten Mitarbeiter delegieren zu können. Und die Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter bewerten zu können. Detailwissen, um alles selbst machen zu können, ist nicht gefragt. Denn das ist überhaupt nicht Aufgabe des Chefs, und wer sich selbst so aufstellt, dass er immer nur in technischen Details und Aufgaben denkt, wird auch keiner werden."
Ich hatte damals im BWL-Studium ein Seminar, da wurde das tatsächlich so erklärt. Dieselben Leute, die hier einem Chef reines "Überblickswissen" zuschreiben, würden aber vollends an die Decke gehen, wenn sie später genau so einen Chef bekommen. Wenn Du richtig gute Leute hast, reicht dieses Überblickswissen nicht. Weil deren Arbeit zu hochwertig ist, um nur noch im Überblick beurteilt zu werden. Selbst ganz oben auf der Vorstandsebene wird teilweise über allerfeinste Details entschieden, da die Entscheidung weitreichend ist und "unten" nicht getroffen werden darf.
"Anstelle Sachbearbeiter muss es ja nicht gleich MBB oder eine Beratung (-sklitsche) sein sondern vielmehr auch PMO in internen Projekten o.ä. Da lernt man imho auch sehr viel über interne Prozesse auch wenn man hier nicht den Branchenüberblick (oder Industrieüberblick) wie in einer Beratung erhält."
PMO = Projekt Management Office = Sachbearbeiter. Wer keine Führungsaufgabe hat, ist in der Stellen-Hierarchie ein Sachbearbeiter. Auch wenn er im Rahmen von internen Zuständigkeiten Aufträge an andere geben darf.
Um auf die eigentliche Frage zurückzukommen: "Sachbearbeiter" kann vieles sein und es kommt auf die genaue Stellenbeschreibung und Verantwortung an, wie das Berufsleben unter dieser Bezeichnung abläuft. Ebenso wie "Berater" nicht gleich "Berater" ist.
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