Natürlich war mein Vater nicht der Durchschnitt. Aber er war bei weitem auch kein Top-Verdiener.
Ich glaube was einer weiter oben geschrieben hat ist schon ein wichtiges Puzzelteil: Früher musstest du unter den top 30 % der Einkommen liegen, um dir so einen Lebensstil leisten zu können. Und da waren nicht nur Akademiker (ich meine bei meinem Vater im Jahrgag gab es eine Akademikerquote von 10 - 12 % oder in der Region), sondern auch Facharbeiter, Meister etc., vor allem bei den gut zahlenden Arbeitgebern. Dafür war die Ungleichheit gegenüber Berufen wie Kassierer, Putzfrau, Helfertätigkeiten, etc. größer.
Heute ist es jetzt nur noch ein viel kleinerer Teil der so leben kann. Und einen großen Anteil daran hat diese Gleichheitsideologie. Im Endeffekt haben wir den Großteil dieser 20 - 30 % von damal runtergezogen, um den Rest darunter etwas anheben zu können. Man muss sich nur mal anschauen, wo der Facharbeiter im 2. Einkommenspertentil damals mit seinem Steuersatz lag und wo er heute ist.
Dazu kommt dann noch, dass sich auch die Ungleichheit durch die Arbeitgeber verringert hat. Hier hat Outsourcing, Offshoring, etc. seine Spuren hinterlassen. Zu Zeiten meines Vaters konnte man auch mit einfachen Tätigkeit vergleichsweise gutes Geld verdienen, wenn man bei den großen Konzernen angestellt war. Das waren aber die Tätigkeit, die mittlerweile alle ausgelagert sind. Sowas wie Logistik, Reinigung, Pfördner/Wachdienst, etc. Nur mal zum Vergleich: Wir haben bei uns noch eine Servicekraft, kurz vor der Rente, aus dieser Zeit. Die gute Frau kocht Kaffee, bestückt die Besprechungsräume mit Geschirr und Getränken, räumt nachher auf, verteilt das bisschen Post das noch kommt, räumt die Spülmaschine ein und aus, etc. Also eine ungelernte Tätigkeit. Dafür verdient sie nach Tarif knapp 40 k. Das kriegen manche WiWi Bachelor nicht. Solche Jobs gibts heute einfach nicht mehr. Da macht das wenn überhaupt jemand, der bei einem Dienstleister zum Mindestlohn angestellt ist.
WiWi Gast schrieb am 27.08.2022:
Natürlich hatten die Arbeitskollegen deines Vaters einen ähnlichen Lebensstil wie dein Vater...
Aber auch in Großstädten in NRW gab es neben den Facharbeitern in großen Konzernen eben auch Kassierer, Handwerker, Putzfrauen usw. Die hatten einen anderen Lebensstil. Vor allem die Boomer hatten auch das Problem, dass es einen Überfluss an Arbeitskräften gab. Selbst jobs die mittlerweile keiner mehr machen will (Bäckereifachverkäufer usw.) waren damals relativ leicht zu besetzen.
Es kommt einem vielleicht so vor aber es ist nicht so das damals jeder mit dem Realschulabschluss einen Ausbildungsvertrag bei ThyssenKrupp bekommen hat.
Die Zahlen sprechen eigentlich auch eine andere Sprache. Der Wohnraum pro Kopf ist gestiegen, die Eigentumsquote auch und auch die Urlaube, Autos und co. werden eher größer als kleiner.
WiWi Gast schrieb am 24.08.2022:
Das kann ja durchaus sein. Bei mir war es eine Großstadt in NRW. Und es war kein Einzelfall. Die Kollegen meines Vaters hatten alle einen ähnliches Lebensstil. Ihr Freundeskreis, auch größtenteils Facharbeiter, lebten auch alle ähnlich. Und auch bei meinen Freunden in der Schule war es so (soweit man das als Kind mitbekommen hat). Ski-Urlaub haben nicht alle gemacht, aber ein Haus hatten alle, zwei Autos eigentlich auch. Und als ich ungefähr 15 war kamen bei manchen sogar noch Ferienimmobilien dazu.
Klar, um die Welt gejetted ist keiner, vielleicht war mal wer ein Jahr nach Amerika zum Urlaub oder so. Sonst war es der Mittelmeerraum oder die Kanaren, Holland, Dänemark, etc. Aber heute ist ein Asienurlaub ja nicht zwingend teurer als einer in Dänemark.
Kommt aber auch immer darauf an, wo das gewesen sein soll. Im Rhein Main Gebiet hat man in den 1980er und 1990er Jahren für diesen Lifestyle schon mindestens 2 volle Akademikergehälter gebraucht.
Was ich nicht verstehe, woher der Anspruch kommt, als Alleinverdiener ein Luxusleben für eine Familie finanzieren zu wollen. Das ist doch völlig klar, dass der Alleinverdiener ein sehr gutes Gehalt verdienen muss.
Dann der Verweis auf früher. Ja, früher hatten die Menschen nicht so einen Luxus. Da waren keine zwei Autos da, schicke Urlaube im Ausland, permanente Freizeitaktivitäten, die jede Menge Geld kosten. Und dazu noch, jedes techn. Gadget, mehrere Fernseher etc.
Das wäre niemals mit einem Gehalt bezahlbar gewesen. Im übrigen haben in ärmeren Familien immer alle schauen müssen, dass Geld reinkommt. Meine Oma hat z.B. für den Junggesellennachbarn gebügelt und gewaschen.
Achja und Samstagarbeit war auch normal, genauso wie Samstagsschule. Und Urlaube, ja mit dem Bus nach Norditalien, denn ein eigenes Auto war Luxus.
Ich könnte ewig weitermachen, aber irgendwie ist das Wiwi-Forum schon eine eigene Welt für sich.
Ich frage mich wo du hier ein Luxusleben sehen willst. Niemand schreit nach Villen oder Luxusautos oder sowas. Was die meisten Schreiber hier haben wollen ist das Leben einer Familie aus der (oberen) Mittelschicht ihrer Elterngeneration, in den meisten Fällen Facharbeiter. Und das sah z.B. bei meinen Eltern (Jahrgang 1960) so aus, dass man mit 1,5 Gehältern (Facharbeiter + Krankenschwester) eine Doppelhaushälfte im Speckgürtel einer 400 k-Stadt + 2 Autos + 2 - 3 Wochen Flugreise (vor Kindern)/Nordsee (mit Kindern) + 1 Woche Skiurlaub finanzieren konnte.
Finde es jetzt nicht überzogen wenn Leute sagen es läuft etwas falsch, wenn ich mir heute mit einer besseren Ausbildung weniger leisten kann. Und getrieben wird das eben vor allem durch die Immobilienpreise. Und auch durch die Urlaube, aber das ist bspw. etwas wo ich bereit bin dran zu sparen bzw. das auch tue.
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