Hallo xninja,
wie schade, dass wir uns unter solchen Vorzeichen wieder schreiben. Ich hatte dich eigentlich unter dem Stichwort "hat einen Job" verbucht und würde es viel lieber lesen, dass Du nach einiger Zeit glücklich und zufrieden aus dem Arbeitsleben berichtest. Nun hat der erste Anlauf nicht geklappt. Vorab wünsche ich Dir schon mal alles Gute für den nächsten Schritt. Ich bin mir sicher, dass Du das schaffen kannst.
Du beschreibst die Tätigkeit als "super Stelle", gleichzeitig schreibst Du aber von "ätzend" und "null Bock". Dies hat offensichtlich zwei Ursachen:
- Die Arbeit.
- Die Menschen.
Fangen wir bei Punkt 1 an. Was genau gefällt Dir an der Arbeit nicht? Ist sie Dir zu mathematisch? Oder hast Du gewisse "ethische" Grundlagen, die in dieser Tätigkeit nicht befriedigt werden? (Woran liegt das, stellt Ihr Waffen her!?)
Du schreibst weiter hinten, dass die Arbeit Dir als "sozialem und hilfsbereitem Menschen" zu "wertorientiert" ist. Nun weiss ich nicht genau, wo Du gelandet bist und wie man dort arbeitet, allerdings muss ich Dir eine Illusion nehmen: Dass nämlich irgendwo anders in der Wirtschaft nicht wertorientiert gearbeitet würde. Jede Firma hat eine Kosten- und Leistungsrechnung und wird darauf achten, dass am Ende Geld übrig ist. Das wird Dir im Marketing mindestens genauso nahe sein. Übrigens haben auch NGOs meistens eine relativ strenge Verwaltung, da gerade dort das Geld ohnehin knapp ist. Das ist KEINE Lösung für Dein Problem.
Übrigens ist Hilfsbereitschaft eines der wichtigsten Karriere-Kriterien, denn wer andere nicht unterstützt, wird niemals ein Team leiten können. Das nur nebenbei.
Noch eine Anmerkung: "Sachbearbeiterjobs" müssen nicht automatisch ein 9-5 Job mit mickrigem Gehalt sein. Bei uns heisst jeder "Sachbearbeiter", der noch keine Führungskraft ist. Da gibt es nicht wenige Sachbearbeiter mit 50-60K Gehalt und spannenden, strategischen Aufgaben.
Nun zum Problem 2: Die Menschen. Du schreibst, dass Dir die karrieregeilen Lackaffen zum Halse heraus hängen. Natürlich hast Du ein Recht auf eine persönliche Meinung zu Deinen Kollegen. Das Problem ist allerdings, dass man sich seine Kollegen niemals aussuchen kann. Selbst, wenn Du durch einen Jobwechsel in ein anderes Umfeld kommst, bedeutet das nicht, dass Du nicht nach ein paar Jahren wieder in solch einem Kollegenkreis landen kannst. Konkurrenz am Arbeitsplatz wird es immer geben. Für das Problem "Kollegen" gibt es im Grunde keine richtige Lösung. Das Stichwort "Unternehmenskultur" ist da vielleicht noch das wichtigste. Suche Dir ein Unternehmen, welches prinzipiell Menschen wie Dich akzeptiert und schätzt.
Außerdem würde ich bei dem zwischenmenschlichen Problem etwas tiefer in mich selbst gehen. Was ist es denn genau, was mich an diesen Kollegen so stört? Mag ich die nur deshalb nicht, weil die mich nicht respektieren? Habe ich Angst davor, hinter diesen Kollegen zurückzufallen? Stehe ich durch diese Kollegen schlechter da? Kommen diese Kollegen untereinander besser aus als mit mir? Wenn ja, woran könnte es liegen? Du schreibst von "weiteren, psychosozialen Probleme". Vermutest Du, dass es Dir generell schwer fällt, dich in ein berufliches Umfeld einzufügen? Hast Du denn derartige Probleme schon mal woanders gehabt, in einem Praktikum vielleicht oder innerhalb der Studenten Deiner Uni? Du musst aufpassen, dass Du nicht andere Menschen als Ursache für Deine eigenen Probleme heranziehst, denn damit läufst Du dem Problem eigentlich nur davon. Es wird Dich immer verfolgen.
Zur Probezeit: Ja, sie heisst Probezeit, weil man innerhalb dieser Zeit leicht kündigen kann. Ein Fehlschuss kann jedem passieren. Es wird auch nicht helfen, wenn Du dieses Problem verschweigst. Sei also offen und ehrlich zu anderen und sag ihnen: Es hat einfach nicht gepasst.
Wieso man skeptisch ist, wenn jemand nach 2 Monaten schon kündigt? Ganz einfach: Weil man vermutet, dass der Bewerber sich selbst nicht mal ein paar Monate Zeit gegeben hat, um das Umfeld wirklich unvoreingenommen zu begutachten und zu beurteilen. Nach 2 Monaten kannst Du noch gar nicht wissen, ob Du wirklich dort wegwillst. So sehen es zumindest die Personaler. Und so ganz Unrecht haben sie damit nicht.
KONKRET also folgende Vorschläge:
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SPRICH mit Deinem jetzigen Vorgesetzten darüber, womöglich auch mit anderen Führungskräften im Unternehmen. Zeig, dass Du dem Arbeitgeber gegenüber loyal bist und nicht unbedingt weg willst, dass Du aber innerhalb des Unternehmens einen Wechsel in einen anderen Bereich wünschst.
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Schieb das Problem nicht auf Deine Kollegen, das kauft Dir sowieso keiner ab. Wenn Du willst, dass man Dir eine zweite Chance gibt, musst Du zeigen, dass Du wirklich verstanden hast, wodurch Dein jetziges Problem verursacht wurde. Wenn Du nur sagst "die anderen sind mir unangenehm", gibt man Dir keine zweite Chance. Denn dann wurde über das eigentliche Problem gar nicht richtig nachgedacht.
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Berate dich mit anderen Berufseinsteigern, die Du persönlich kennst, über dieses Problem.
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Es gibt Arbeitspsychologen. Wenn man mit diesen Menschen spricht, heisst das noch lange nicht, dass man reif für die Anstalt ist. Es könnte doch sein, dass auch andere Menschen unter Deinem Problem leiden, Du es nur noch nicht weisst. Es kann sehr hilfreich für Dich sein, dich mit anderen Menschen zu unterhalten, die ähnlich denken und fühlen wie Du. Das gibt Dir Rückhalt, dass Du nicht der einzige bist.
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Zu Deiner Frage "was bringt es, wenn ich 2-3 Monate dort verbringe?" Vielleicht schnappst Du Fachwissen auf, welches Dein zukünftiger Arbeitgeber sinnvoll einsetzen kann. Wer nach 2 Monaten schon wieder geht, hat im Grunde GAR NICHTS gelernt. Dann waren die zwei Monate verschenkt.
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"Produktmanager in der Computer- und Videospielindustrie". Ist das eines Deiner privaten Hobbys? Ich sage Dir: Auch dort wird knallhart gerechnet. Es könnte frustrierend für Dich sein, dort zu arbeiten. Auf der anderen Seite: Versuch's doch einfach mal.
- Zu Deiner Angst, aufgrund einer Fehlentscheidung als Versager durchs Leben zu laufen: Ich möchte nicht altklug klingen, aber aus Fehlern kann man lernen. Dummköpfe sind nur diejenigen, die denselben Fehler wieder und wieder begehen. Ein einmaliger Fehler kann Dich reifen und klug werden lassen. Dazu musst Du aber wirklich über den Fehler nachdenken und aus ihm lernen, anstatt vor ihm davonzulaufen. Wenn Du dich einfach so woanders bewirbst, ohne wirklich zu wissen, WESHALB der heutige Job Dir diese Probleme bereitet hat, dann wirst Du denselben Fehler wieder und wieder begehen.
Trotz allem wünsche ich Dir morgen einen guten Start in die Woche.
D.Ek.
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