Hallo,

ich stehe gerade vor dem Beginn meines Masterstudiums BWL in Augsburg. Momentan bin ich mir relativ sicher, dass ich ins Controlling möchte. Jedoch habe ich vor, die Masterarbeit NICHT im Controlling zuschreiben, sondern am Lehrstuhl für Finanz- und Bankwirtschaft.

Gründe hierfür:

• habe bereits Seminar- und Bachelorarbeit bei diesem Lehrstuhl geschrieben und war sehr zufrieden
• interessiert mich Kapitalmarktforschung am meisten, jedoch möchte ich später nicht in einer Bank oder in der Forschung arbeiten
• scheint mir die Masterarbeit am Controllinglehrstuhl sehr abstrakt zu sein und mir kaum etwas für die Praxis zu bringen; beim anderen Lehrstuhl bekomme ich jedoch ein interessantes Thema aus dem Behavioral Finance und soll anhand einer eigenen Studie mit einem Datensatz Thesen aus der Literatur überprüfen (was mir deutlich mehr Spaß machen würde)

Nun zur Frage: Kommt es etwas "komisch", wenn ich mich für eine Stelle im Controlling bewerbe, aber weder Bachelor- noch Masterarbeit im Controlling geschrieben habe? Arbeitgeber verlangen ja immer einen "roten Faden" im Lebenslauf und eindeutige Schwerpunktsetzung? Wie gesagt meine anderen Fächer haben alle Finanz- und Controllingsbezug.

Außerdem kann ich mir gut vorstellen später mal im Beteiligungscontrolling zu arbeiten und da könnte doch die kapitalmarktbezogene Masterarbeit auch ganz nützlich sein? Außerdem erlange ich da ja auch statistische Kenntnisse und Methoden, die ich bei der Controlling Arbeit wahrscheinlich nicht erlangen würde.

PS: Zusatzfrage: Wie wichtig ist IFRS fürs Controlling? Ist es ein K.O. Kriterium, wenn man damit noch nicht so viel zu tun hatte? Oder sollte ich noch UNBEDINGT Vorlesungen im Master dafür belegen?

Viele Controller haben keine Kenntnisse in IFRS. Masterarbeit Controlling ist nicht wichtig, wenn du ausreichend Praktika im Controlling hast.

Im internen ReWe brauchst du keine Kenntnisse zu IFRS, HGB oder US GAAP. Ist viel mehr ein Nice to have. Was die Masterarbeit anbelangt, so würde ich persönlich ja sagen, dass die Bachelorarbeit egal ist, aber der Fachabteilungsleiter sollte bei dir zumindest erkennen können, dass du dich auch tatsächlich für Controllingrelevante Gebiete interessierst.

Es könnte nämlich einen großen Unterschied machen, ob du Finanztransaktionen ausführst, oder ob du Finanztransaktionen analysierst, bewertest, die Wirtschaftlichkeit ermittelst und eine Bewertung abgibst. Das ganze musst du dann auch noch ordnungsgemäß dokumentieren können und präsentieren. Außerdem legst du dich bei einem Finanz- und Bankwirtschaftslehrstuhl quasi auf eine Branche fest.

Ich habe es ganz genau so wie du gemacht, obwohl bei mir auch immer klar war, nicht in der Finanzbranche arbeiten zu wollen. Eine so konzipierte Masterthesis heißt: Fragestellung formulieren, Daten beschaffen, Daten strukturieren/bereinigen, Daten analysieren, Schlüsse ziehen und formulieren/darstellen. Ist nicht so schwer, das auf benötigte Fähigkeiten eines Controllers zu übertragen. Dazu kommt, dass generell finanzaffine Personen (also z.B. ein Leiter Controlling, bei dem du dich vorstellst) erfahrungsgemäß auch oft ein gewisses (sei es auch nur privates) Kapitalmarktinteresse haben, so dass sich ein nicht zu abstraktes Thema der Thesis gut für einen Diskussionseinstieg eignet. Direkt für deine Arbeit im Controlling bringt dir die Thesis nichts, gib dich nicht der Illusion hin. Ist aber auch egal, du musst es nur richtig verkaufen. Eine theoretische Abhandlung über ein Controlling-Thema würde dir auch nichts bringen.

Zum Thema IFRS: Bilanziert das Unternehmen, in dem du arbeitest nach IFRS, ist das auch für einen Controller ein relevantes Thema. Anders habe ich es noch nicht erlebt. Gerade im Beteiligungscontrolling hast du mit dem internen Rechnungswesen der Tochtergesellschaften wahrscheinlich nichts zu tun, sondern deine Arbeitsgrundlage sind die bilanziellen Daten, die auch zur Erstellung des Konzernabschlusses genutzt werden. Aber hier eine Erfahrung aus der Praxis: Ob die Rückstellungsbewertung nun nach HGB, IFRS oder sonstigen GAAP erfolgt, ist für den Controller erst in zweiter Instanz wichtig. Viel wichtiger ist eine generelle Sicherheit in den Themen GuV/Bilanzierung/Cashflow, die nach einem Studium mit Rechnungswesen/Controlling Schwerpunkt erwartet wird, aber oft nicht vorhanden ist.