"Bis jetzt hat ein Specialist (seit 2 Jahren dabei) mich unterstützt und ich verstehe mich mit ihm sehr gut. Allerdings ist er seit 3 Wochen nicht im Büro aus privaten/familiären Gründen. Seitdem übernimmt Assistant Manager die Verantwortung für mich. Meine Probleme: Er will einfach in Ruhe arbeiten und nicht gestört werden. Er erwartet, dass ich bereits nach 6 Wochen alles kann."
Für einen (Assistant) Manager ist das eine seltsame Erwartungshaltung. Er sollte eigentlich eine grundlegende Vorstellung davon haben, wie man einen neuen Mitarbeiter einarbeitet und an seine Aufgaben heranführt. Die Situation scheint aber auch für ihn nicht ganz so einfach zu sein. Immerhin fehlt einer seiner "Specialist"-Mitarbeiter und er soll sich zusätzlich zur Kompensation dieses Problems auch noch um den Neuling kümmern. Ihr beide habt es also im Moment nicht ganz leicht. Du weißt außerdem nicht, welche Vorgeschichte es gibt und welchen Druck er aufgrund des Weggangs der anderen Mitarbeiter stemmen musste oder muss. Vielleicht wurde ihm diese Personalflucht sogar persönlich vorgeworfen und ihm stinkt die Gesamtsituation seit längerem. Du weißt das alles nicht.
"1. Er sagte vor 2 Wochen persönlich zu mir, dass er von mir genervt sei, weil ich viele Fragen stelle. Dann habe ich versucht, meine Arbeit selbstständig zu erledigen. Ohne seine aktive Unterstützung machte ich paar Fehler und er fragte mich verärgert, warum ich ihn nicht gefragt habe. Ich bin ruhig geblieben und sagte ihm, dass ich demnächst Fragen stellen werde. Nach paar Tagen stellte ich ihm eine Frage. Dann reagierte er genervt und fragte mich, ob ich überhaupt vor Fragenstellung nachgedacht habe und versucht habe, Aufgaben selbst zu erledigen."
Klassisches Problem zwischen Manager und Mitarbeiter. Das wird auch in ein paar Jahren nicht anders sein. Es wird übrigens auch dann nicht anders sein, wenn Du mal der Assistant Manager bist und ein anderer der Neuling. Wo Menschen aufeinander treffen und nicht miteinander über die Erwartungen sprechen und keine Vereinbarungen für die Art der Zusammenarbeit treffen, prallen Sichtweisen und Gewohnheiten aufeinander.
Mein Tipp. Stelle Deine Fragen nicht einfach zwischendurch. Bearbeite die Vorgänge möglichst selbständig bis zu dem Punkt, an dem Du nicht weiterkommst. Vereinbare täglich ein Zeitfenster von 15 Minuten, an dem Du mit dem Assistant Manager die offenen Fragen kurz und knapp durchgehst. Ab dann arbeitest Du wieder autark bis zur nächsten Fragerunde.
"2. Wenn er mir etwas erklärt, dann ist er verdammt schnell. Ich habe den Eindruck, dass er so schnell wie möglich meine Fragen und Probleme abarbeiten will. Sein Blick verrät ständig, dass er von mir genervt ist und dass ich endlich alles alleine fehlerfrei erledigen soll."
Willkommen im Leben. Ist halt so.
"3. Einmal schickte ich eine E-Mail an einen Arbeitskollegen, der im Ausland arbeitet. Diese Mail konnte mein Assistant Manager sehen. Dann fragte er mich, ob ich überhaupt Deutsch beherrschen kann. Dann fing er an, mir zu erklären, wie man eine Geschäftsmail (Kurzer Bericht) verfasst. Nach seiner Erklärung fragte er mich, ob ich "sowas" nicht in der Uni gelernt habe. Er sagte, dass er mir Geld verlangen müsse, wenn er mir erklärt, wie man einen kurzen Bericht als Mail verfasst."
Siehe Punkt 2.
Frage einen Kollegen, wie ein besonders guter Bericht aussieht und ob Du einen als Beispiel haben kannst. An diesem Beispiel orientierst Du dich.
"Es gibt ebenfalls eine nette Arbeitskollegin, die zwar vor ihrer Elternzeit im Unternehmen (aber in einer anderen Abteilung) gearbeitet hat, aber mit mir zusammen seit Januar 2016 in meiner Abteilung angefangen hat zu arbeiten. Selbst sie hat mit meinem Assistant Manager Probleme. Sie sagte mir persönlich, eine große Krise mit dem Assistant Manager sei auf jeden Fall vorprogrammiert."
Die Kollegin ist die Kollegin und Du bist Du. Verbrüdere dich nicht mit den Kollegen gegen den Manager. Du machst dir am Ende die Probleme der anderen zu Deinen eigenen. Vielleicht wirst Du sogar von den Kollegen als Alibi gegen den Chef ins Feld geführt und gnadenlos verheizt. Das solltest Du dir nicht antun. Erst recht nicht in den ersten Monaten in diesem Unternehmen.
"Mein Abteilungsleiter hat keine Zeit für mich und lässt den einen Specialisten und den Assistant Manager mit mir zusammen arbeiten. Der Abteilungsleiter arbeitet nur mit uns, wenn wir jeden Dienstag wöchentlich berichten müssen oder wenn er spezielle Fragen hat.
Ansonsten will er einfach raus aus diesem Streit.
Er weiß vermutlich nicht, dass ich mit dem Assistant Manager ein Problem habe.
Würde ich dem Abteilungsleiter mein Problem schildern, dann wäre ich vermutlich im Ar***."
Richtigerweise. Man übergeht nicht einfach so eine Führungsebene. Der Abteilungsleiter würde das auch nicht wollen. Du auch nicht, wenn Du der Abteilungsleiter wärst. Gewöhne dich erstmal daran, dass Dein beruflicher Erfolg maßgeblich vom Erfolg Deines Vorgesetzten abhängt. Steht er gut da, stehst Du auch gut da. Steht er schlecht da, kann Deine Arbeit nicht so toll gewesen sein.
"Laut meiner aktuellen Kollegen behandelte unser Abteilungsmanager seine Mitarbeiter mit völlig unrealistischen Zielen, die offenbar zu Überstunden führten und sein Führungsstil war hierarchisch."
"Hierarchisch" ist in einer Hierarchie, die ein Konzern nun mal hat, die Regel und nicht die Ausnahme. Das Wasser fließt von oben nach unten. Das hohe Gehalt in Konzernen ist ein Stück weit auch Kompensation dafür, dass Du das alles trotz guter Noten und der anderen Einstellungsvoraussetzungen mit Dir machen lässt.
"Obwohl ich seit 6 Wochen im Unternehmen arbeite, habe ich bereits 3 Großkunden übernommen. Ein nächster Kunde wird bald kommen (Erstaunlich, dass ich als Newcomer direkt 3 Kunden übernommen habe und öfters direkt zu den Kunden fliegen/fahren muss)."
Ein Zeichen dafür, dass Ihr eher unter- als überbesetzt seid. Diese Konstellation ist für den Assistant Manager schwierig. Er möchte sicherlich ein erfolgreiches Team führen, in dem nichts schief läuft, aber dafür müsste er alles selbst im Griff behalten und jede Kleinigkeit genau beobachten, was er aufgrund der hohen Arbeitslast nicht schaffen kann. Also muss er Vertrauen haben. Das ist leichter gesagt als getan. Vertrauen ist schwierig, wenn neue Leute an Bord sind und man deren Kompetenz nicht einschätzen kann. Wenn es um große Kunden geht, kann man auch nicht einfach "try and error" spielen, obwohl das manchmal der einzig gangbare Weg wäre.
"Falls es was zu erledigen gibt, dann werde ich einfach mal so ohne Erklärung in Cc hinzugefügt. Die Aufgabe wird dann per Mail mitgeteilt."
Völlig normal. Mache ich auch oft so. Vielleicht noch mit einem kleinen Hinweis am Ende der Mail, wer sich um das Thema kümmern wird und bis wann (sowie ein freundliches "danke"). Das muss als Hinweis reichen.
"Was bis jetzt geschah, muss ich alle alten Mails lesen. Aber die Kommunikation fand nun mal nicht nur via Mail statt, sondern auch via Conference Call oder durch Geschäftsreise.
Genau in solchen Fällen habe ich öfters Fragen (vllt. sind meine Fragen dumme Fragen. Aber das kann ich nicht beurteilen)."
Das ist normal. Triff Annahmen und spiele die Fälle unter den getroffenen Annahmen durch. In Konzernen geht unglaublich viel Wissen verloren, weil Menschen nicht alles haarklein aufschreiben. Das wirst Du oft haben.
"Oder er gibt ihr eine Aufgabe, für die sie ca. 2 Wochen Zeit hat.
Dann meldet er sich am nächsten Tag bei ihr und fragt, ob sie die Aufgabe vollständig erledigt hat."
Ja, der Assistant Manager ist halt nicht so gut organisiert. Das muss man aushalten. Zur Not kracht's halt mal auf der zwischenmenschlichen Ebene. Dann lernt der Chef auch mal was dazu.
Lass dich nicht einschüchtern, mache weiterhin gute Arbeit, lasse Dir die Freude an der Arbeit und den Stolz über den errungenen Job nicht nehmen. Lass dich von der netten Kollegin nicht zu sehr vereinnahmen, sie hat ihre eigene Geschichte und ihre eigene Sicht auf die Welt, auch wenn ihr persönlicher Beistand Dir momentan sicherlich sehr hilft.
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