WiWi Gast schrieb am 03.08.2023:
So sieht es aus und ist auch alles andere als eine Überraschung und war bisher bei jeder Tariferhöhung schon so. Irgend eine Ausgangsbasis für die Berechnung muss man schließlich nehmen und das ist IMMER das Basisentgelt. 2,6% Entgeltreduktion pro 6 Tage bleiben 2,6%.
Allgemein empfinde ich das Schlichtungsergebnis als Katastrophe. Die Bahn spricht von Verkehrswende und starker Schiene aber fährt bei den Gehältern trotzdem weiter auf Sparflamme. Ich weiß, viele der MAs die nicht im Büro arbeiten habe eine Art Feindbild gegenüber denen im Büro bzw. Leuten höherer dotieren Stellen bezogen und auch in der Gewerkschaft herrscht das Motto, die in den oberen Entgeltgruppen verdienen ja schließlich schon genug. Aber das Ergebnis jetzt ist jawohl alles andere als solidarisch.
Niemand spricht den unteren Entgeltgruppen mehr Gehalt ab, gerne auch über ein gesockelten Fixbetrag. Das ist absolut verdient. Doch je mehr man verdient, desto geringer fällt nun die absolute Erhöhung aus. Das sorgt dafür, dass man zB ab 602, bezogen auf die knapp 20% Inflation zwischen 2020 und August 2024, ein Lohnverlust von mindestens 11% erfährt. Ein absolutes Unding. Der ein oder andere mag das nicht wahr haben aber auch bei Leuten mit höherem Bildungsweg bedeutet x-Prozent Inflation, genau so x-Prozent weniger. Was hier aber passiert ist, Leuten dies abzusprechen. Wir reden hier nicht von überbezahlten LFKs oder OFKs, sondern von Fachexperten die in ebenso zum Teil völlig unterbesetzten Bereichen die Fahne alleine hoch halten müssen.
Schon heute ist es in meinem Bereich (da gibts nichts unter 602) unfassbar schwierig neue Leute zu bekommen und diese dann auch zu halten. Aber auch abseits der Systel ist man bei vielen Stellen nun mal auf hochqualifiziertes Personal angewiesen. Mit so einem Ergebnis wird diese Situation nur noch schlimmer. In den Bewerbungsrunden sieht man schon jetzt, sobald die Bewerber irgendwo anders mehr Geld bekommen, ist man bei der Bahn schnell aus dem rennen. Auch Kollegen und Kolleginnen von mir können sich zur aktuellen Zeit, bei erheblichem Mangel von Fachkräften, kaum vor Anfragen retten. Aber eigentlich mag man die Bahn als Arbeitgeber und würde gerne bleiben. Bei solchen Entwicklungen bleibt vielen irgendwann aber nichts anderes übrig als auszusteigen. So besetzt man offene Stellen nicht mit den Top Leuten, die man eigentlich braucht für die Bahn endlich mal voran zu bringen, nein es wird mit der 3. oder 4. Wahl besetzt.
Ich als Fdl auf einem großen Knotenbahnhof kann dich absolut verstehen, denn auch wir zählen jetzt schon zu den Gutverdienern im Konzern. Ich hatte das weiter oben schon einmal ausgeführt wie sich die "strukturelle Entgelterhöhung" ab dem 31.3.2025 auf die vier Lohngruppen der Fdl auswirken wird. Es wird hier nämlich eine massive Spaltung der Belegschaft vorangetrieben, so dass die Unterschiede nach Betriebszugehörigkeit bzw. Jahren in der Entgeldgruppe massiv vergrössert werden - wo diese eh schon sehr hoch sind und das in Zeiten wo diese linearen Karrieren immer weniger werden und die Bahn immer mehr auf Quereinsteiger angewiesen ist. Wobei diese Mitarbeiter auf ihrem jeweiligen Stellwerk exakt die selbe Arbeitsbelastung wie ihre Kollegen haben, die noch nicht so lange dabei sind.
Demgegenüber werden die Unterschiede zwischen den Stellwerksgrößen/-anforderungen so weit abgeschmolzen, dass dies nur noch rund 100 Euro netto ausmachen soll, und hier reden wir von einer sehr großen Bandbreite was die Arbeitsbelastung auf dem Stellwerk ausmacht. Dies wird gerade jenen auf den anspruchsvollen Stellwerken nicht zu vermitteln sein. Zum Ende der Laufzeit sollen tatsächlich die Fdl 355 in Stufe 1 und 2 (also 0 bis 10 Jahre dort eingesetzt) keine weitere Erhöhung erhalten (auf die 410), genauso wie alle weiteren höheren Berufsgruppen. Dagegen kommt ein "alter Sack" mit 30 Jahren Stellwerksdienst auf 307 knapp 500 Euro extra (zusätzlich zu den 410). So dass dann unterm Strich der mit 355, Stufe 1 und 2 auf rund 10% Lohnerhöhung auf den gesamten Zeitraum kommt, während 307 in Stufe 7 auf 30% Lohnerhöhung. Also satte 20% Differenz im gleichen Beruf! Wow, ich wüsste wirklich gerne was die EVG damit bezwecken will ausser dass niemand mehr auf den großen Stellwerken mehr arbeiten wollen wird.
Bei 5% Unterschied wäre es mir egal, aber das finde ich eine riesen Sauerei und ich weiss nicht was passiert wenn es der Masse der Fdl bewusst wird!!! Alleine dies sollte ein Grund sein abzulehnen, diese strukturelle Änderung ist auch in weiteren Berufsgruppen drin, habe nur die Fdl exemplarisch erwähnt weil ich davon selbst betroffen bin und mich daher gut auskenne, besonders in den Abstufungen 307, 306, 305 und 355, da ich schon auf allen vier Stellwerksgrößen gearbeitet habe und bisher dachte ich die 355 ist verdient für den anspruchsvollen Dienst. Hm...
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