Hartz IV Akademiker
Hallo zusammen,
die Begriffskonstellation 'Hartz IV Akademiker' wird vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft ein (Un)Wort des Jahres werden.
Gesprochen wird immer von Fachkräftemangel, sinkender Arbeitslosenquote ... Wer die Presseberichte ein wenig mitverfolgt muss denken, Deutschland sei Schlaraffenland für Berufssuchende, und es sind nur die paar wenigen, diese typischen Mitmenschen, die man nachmittags auf diversen Sendern in Talkshows wiedersehen kann, die einfach keine Chance (und meist auch keinen Willen) auf eine Anstellung haben.
Ich habe mich durch meinen Werdegang und meinen Erlebnissen eines besseren belehren lassen müssen. Meine Ausbildung (Kfz) damals habe ich ohne Schwierigkeiten als Innungsbester absolvieren können, parallel dazu die Schulbank für die FHR gedrückt und mit einem FHR-Schnitt von 1,x mir die FH aussuchen dürfen. Ich habe mich anschließend für eine in meiner Nähe entschieden, die einen, zum damaligen Zeitpunkt, neuen und zukunftsträchtigen Studiengang anbot. So wurde ich, durch die Umstellung auf Bachelor mit einem halben Jahr Verspätung, Betriebswirt im Gesundheitswesen, oder kurz Gesundheitsökonom. Den Abschluss (B.Sc.) habe ich mit 2,3 gemacht.
Bereits ein halbes Jahr vor Ende meines Studiums ging ich auf Stellensuche. Etwas so neues, bei einer boomenden Gesundheitsbranche, kann nicht so schwer sein. So suchte ich anfänglich lokal, recht schnell ging ich über zu regional. Da dies auch spärlich aussah, bundesweit und international. Ja, ich habe tatsächlich einige Bewerbungen mittlerweile ins Ausland versendet, ohne nennenswerten Erfolg jedoch. Ich bekam hier und da Vorstellungsgespräche. Die Abteilungsleiter, manchmal auch Personaler, waren nett, freundlich und auch sehr zufrieden, so schien es. Bei den Vorstellungsgesprächen war ich immer auf den vorderen Plätzen. Gute Noten, gut verkauft... Aber, da ist doch immer dieser eine, dieser eine bestimmte mit der Berufserfahrung. Wer hat wohl die Stelle bekommen...
So ging das nun eine Zeit, Stellensuche, Bewerbungen, ab und an Vorstellungsgespräch. Man sagte mir, es sei ganz normal, dass man nach dem Studium im Schnitt ein Jahr lang arbeitslos sei. Und ich dachte mir auch nicht viel bei. Anfänglich sowieso kein Problem, wie Urlaub. Doch die Tage vergingen, und ich war immer noch ohne Anstellung.
Jeder kennt den Begriff 'Generation Praktikum' und so versuchte ich solch eines zu bekommen. Ich meine, eine ausgebildete Fachkraft, die umsonst arbeitet, wie schwer kann das denn sein?! Ihr ahnt es bereits, selbst dies gelang nicht.
Um wieder Schwung in meinen Lebenslauf zu bringen, nahm ich kürzlich erst an einer Fortbildung teil. Innerhalb eines halben Jahres wurde ich Projektmanager IHK.
Bereits angefangen an mir selbst zu zweifeln, lernte ich dort andere Akademiker kennen. Man mag es kaum für möglich halten, aber Masterabsolventen mit einem 1er Schnitt diverser Fachbereiche, mit Berufserfahrung, die keine Anstellung finden! Natürlich nicht alles Master, auch Diploma, die seit 10 Jahren auf HartzIV sind, etc.
Aber die erschreckende Tatsache, dass dort so top qualifizierte Absolventen sich zusammenfinden (müssen)...
Mir sagte mal ein Personaler, auf eine durchschnittliche Stelle kommen 500 Bewerbungen, auf eine gute 1.000.
Es wir immer jemand dabei sein, der Berufserfahrung besitzt, der dem Idealbild der Personaler (jung, erfolgreich, berufserfahren, Topstudium, Auslandserfahrung etc) nahe kommt. Ich habe mich sowohl in meinem Bereich beworben, wie auch in anderen Sparten und Branchen. Ich habe zahlreiche Bewerbungen geschrieben, mit Leuten gesprochen, Unterlagen perfektionieren lassen. Ich bin ein guter, motivierter und kommunikativer Mensch. Inzwischen seit fast (erst) zwei Jahren auf HartzIV, durch ein Studienkredit kurz vor der Privatinsolvenz, ohne jegliche Aussicht auf Erfolg. Ich weiss nicht, wie es weitergehen soll, welche Perspektiven ich mit bald 30 Jahren noch habe. Der HartzIV Akademiker wird wohl auch in Zukunft zu unserer Gesellschaft gehören. Wollln wir nur hoffen, dass dieser diese nicht prägen wird.
In diesem Sinne.
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