Meine persönliche Erfahrung:
Ich hatte mir vorgenommen, nach Studium, Berufspraxis und Steuerberater-Prüfung erst mal keine Stelle als angestellter Berufsträger anzunehmen, sondern zu versuchen eigene Mandanten zu finden und die auf selbständiger Basis zu arbeiten.
Ich habe damals zum Glück aber nur wenige Verträge abgeschlossen: Die obligatorische Berufshaftpflicht (auf Basis von Null-Umsatz), eine telefonische Weiterleitung mehrerer berufliche Telefonnummern, eine Email-Domäne und Webseite. Die Webseite habe ich selbst gestaltet. Ein kleiner Eintrag in den gelben Seiten (war damals noch einigermaßen relevant). Als Büro habe ich meine Privatwohnung bei der Kammer angemeldet. In der Sozialversicherung blieb ich weiter freiwillig gesetzlich versichert. Mit dem Datev-Vetriebler für meinen Ort habe ich zwar Kontakt aufgenommen, aber erst mal keine Softwarelizenzen bestellt. Zum Glück hat das alles nicht viel gekostet. Ich schätze mal, ein paar hundert Euro. Es ließ sich alles schnell kündigen.
Ich bin dann auf eine Gründermesse in der Region gefahren und habe mit den Leuten dort geredet in der Hoffnung, dass ich vielleicht den ein oder anderen Mandanten kennenlernen könnte. Naja, am Ende habe ich mit Leuten geredet, die wie ich sich gerade selbständig machen wollten und eigentlich nur daran interessiert waren, mir was zu verkaufen. Die etablierteren Selbständigen hatten schonen einen Steuerberater und wollten sich meinem Eindruck nach auch nicht von einem fremden auf das Geld und Steuern ansprechen lassen. Es verunsichert viele Leute.
Am Ende kam nichts dabei raus - außer die Erfahrung, wie es ist abgelehnt zu werden. Ich hatte mir vorgenommen, nie wieder auf so eine Messe zu gehen. Im meinem Umfeld wurde ich zwar sporadisch um steuerlichen Rat gefragt, hier hat sich dann auch keine Beauftragung ergeben. Die Leute machen selber ihre Steuern oder haben schon einen Steuerberater. Auch hier Null Erfolg.
Ob die Webseite etwas gebracht hat, kann ich nicht genau sagen, da ich kein Tool zur Auswertung von Besucherzahlen hatte. Ich weiß nur, dass auf die Anzeige in den gelben Seiten sporadisch Anrufe kamen. Allerdings waren das Leute, die 100 andere Steuerberater nebenher auch noch angerufen haben und sich nur das billigste Angebot raussuchen wollten. Eigentlich wollten die kein Geld für ihre Einnahmen-Überschussrechnung etc. ausgeben. Die Anrufe kamen dann sogar mehrmals im Abstand von zwei Monaten, weil diese Personen schon vergessen hatte, dass sie mich schon mal angerufen haben. Dann gab es noch irgendwelche Agenturen oder ausländische Unternehmen, die irgendwelche Dienstleitungen wie Gehaltsabrechnung oder Umsatzsteuervoranmmeldungen in Auftrag geben wollten. Ich bin mir nicht sicher, wie seriös das ist. Aufgrund des Geldwäschgesetzes darfst du eigentlich nicht. Das war so schwammig und unseriös, dass ich da nicht weiter drauf eingegangen bin. Also auch hier Null Erfolg.
Ich habe dann angefangen, für andere Kanzleien auf freiberuflicher Basis zu arbeiten. Damals war das schon schwierig ohne eigene Mandanten, weil die Rentenversicherung in Deutschland konsequenter Scheinselbständige beim Auftraggeber prüft und Beiträge nachfordert. Heutzutage ist das noch strenger und viele Kanzleien wollen dich so gar nicht mehr beauftragen. Da die Beauftragung durch Kanzleien nur sporadisch war und keiner mit mir dauerhaft kooperieren wollte, habe dann beschlossen, mir wieder eine Festanstellung zu suchen. Die ich dann bei einer 4-Partner-Kanzlei kurze Zeit später finden konnte.
Woran es liegt, dass ich nicht beauftragt wurde? Naja, wer in Deutschland einen Steuerberater braucht, der hat schon einen und wechselt nur, wenn er wirklich sehr unzufrieden ist. Da das Thema Geld und Steuern in Deutschland eher ein sehr privates Thema ist, wollen die Leute auch nicht von fremden darauf angesprochen werden. So zumindest mein Eindruck. Neue Mandate bekommt man eigentlich nur, wenn man "empfohlen" wird. Als angestellter Steuerberater bin ich dann später auch mal von Mandanten empfohlen worden. Und dann hat es auch geklappt mit neuen Mandanten. Aber das hat man halt nicht selbst in der Hand. Du musst halt die 5% der Bevölkerung kennen, die einen Steuerberater braucht. Je besser deine bisherigen Mandaten sind, desto bessere Mandanten kriegst du auch über Empfehlung. Das kann man aber nicht forcieren. Die Ein-Mann-Kanzlei ist aber sowieso am aussterben. Du musst als Kanzlei-Inhaber heute so viele Vorschriften (Geldwäschegesetz, Datenschutzverordnung, Steuerberatungsgesetz) einhalten, dass das alles eigentlich nur noch in größeren Einheiten zu bewältigen ist meiner Meinung nach.
Ob der Job als angestellter Steuerberater attraktiv ist, hängt von deinen Chefs und den Mandanten der Kanzlei ab. Das ist bei kleinen Kanzleien sehr indivdiuell. Das ist nicht so wie bei den Big4, wo dann unabhängig vom Standort ziemlich ähnliche Strukturen existieren.
Vielen Dank für Deinen Beitrag.
Ich teile die Einschätzung, dass es ein Risoko ist. Wäre ich mir sicher, dass "es läuft", hätte ich meinen Plan/Traum bereits in die Realität umgesetzt.
In gewisser Weise muss ich natürlich schon in Vorleistung treten und Kanzleiräume einrichten, Fotos machen lassen, ein Logo und eine homepage erstellen lassen, IT und software anschaffen (und alles Weitere, was ich jetzt sponatn übersehe).
Es wäre interessant zu wissen, wie viele neu gegründete (oder auch bestehende) Stb-Kanzleien nicht erfolgreich sind. Ich hoffe, die Quote unterscheidet sich deutlich von z.B. neu gegründeten Gastronomie-Betrieben.
Woran liegt es aus Deiner Sicht, dass einige Kollegen "nicht beauftragt" werden und andere sich vor Arbeit kaum retten können? Was machen die erfolgreichen Kanzleien anders? Welche Aspekte sind für Mandanten ausschlaggebend?
Dass meine Fachkenntnisse im IStR in meiner Kanzlei nicht gefragt sein werden, ist mir bewusst. Meine Liebe umfasst aber natürlich auch (mit wenigen Ausnahmen) die weiteren Rechtsgebite im Steuerrecht (bislang allerdings nur in der Theorie); ich bin absolut bereit fachlich etwas Neues zu machen.
Ist die Position als angestellte StBin aus Deiner Sicht attraktiv? Würdest Du ein Angestelltenverhältnis im Vergleich zur freien Mitarbeit in meinem Fall vorziehen? Ich würde mich sehr freuen, wenn Du über Deine Erfahrung als angestellter StB berichten würdet.
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