WiWi Gast schrieb am 07.01.2023:
Ich sehe ein, daß wir Betriebsvermögen schützen müssen. Ich verstehe nicht warum das bedeutet, daß wir hier keine Erbschaftssteuer erheben können, ich denke hier ist auch eine Kompromiss Lösung möglich. Sicher kann man auch die Freibeträge anpassen. 400k pro Kind alle 10 Jahre erscheint mir sehr hoch.
Zumal man die Steuerzahlung bei Betriebsvermögen und Immobilien auch stunden könnte, wenn man Angst vor Insolvenzen oder Zwangsverkäufen hat. Gerade bei Immobilien kann man auch noch zwischen Selbstnutzung und Vermietung unterschieden.
Gehen wir mal hypothetisch von 25% Steuer auf Betriebsvermögen aus. Stundet man das auf 10 Jahre, entspricht das 2,5% des Unternehmenswertes pro Jahr.
Das sollte ein gesundes Unternehmen problemlos als Gewinn bzw. Rendite aufbringen können. Dann hat der (neue) Inhaber zwar die ersten Jahre etwas weniger, aber schaden tut das dem Unternehmen nicht.
Möglichkeiten gibt es also genug. Und wenn man sich die Konzentration des Vermögens in Deutschland ansieht, wäre das wohl auch notwendig.
Wenn selbst führende Wirtschaftswissenschaftler die Vermögenskonzentration in Deutschland als Gefahr für unser langfristiges wirtschaftliches Bestehen sehen, dann weiß man, wie weit es schon gekommen ist.
Nur, dass der Unternehmenswert eben nicht das Betriebsvermögen ist und wenn du davon 25% als Steuer willst (ob gestundet über 10 Jahre oder nicht), dann bist du jenseits von jeglichen Sollertragsgrenzen voll in der Substanzbesteuerung. Für die wenigen Erben, die von den Medien und der Politik immer plakativ herausgehoben werden, ist das sicher kein Problem, aber für den Großteil des Mittelstandes und der kleineren (Handwerks-)Betriebe halt eben schon.
Versteh mich nicht falsch, ich bin auch dafür, dass man die Schere zwischen Arm und Reich mit einer wirksam und effizient gestalteten Vermögenssteuer (nicht ErbSt) eindämmt. Das ist in meinen Augen auch möglich. Aber die Erfahrung zeigt, dass diese Gesetzgebungsprozesse nicht von wirtschaftlichen oder rechtlichen Sinnhaftigkeitsüberlegungen, sondern von Lobbyismus getrieben werden und dann kommt auf gut deutsch gesagt nur Käse dabei raus, wie man an der letzten ErbSt-Reform sieht.
Und zur Wahrheit gehört halt eben auch, dass der Staat einfach seine Finanzen nicht im Griff hat. Schau dir doch z. B. mal an, wie viel Geld in der Corona- und Energiekrise teilweise völlig sinnlos rausgeblasen wurde. Mein Opa sagte immer "Wer mit Geld umgehen kann, dem sind 1000 Euro im Monat genug und wer nicht damit umgehen kann, dem ist eine Mio. Euro zu wenig". Und das trifft in kaum einem anderen Land so zu, wie hierzulande. Und das wird sich auch nicht dadurch ändern, dass man die bösen Reichen noch mehr abkassiert, denn man findet auf der anderen Seite eben auch immer noch mehr Arme, denen man für die Wiederwahl irgendwelche Wohltaten anbieten kann.
Lieber Vermögenssteuer als Erbschaftssteuer? Würde ich gerne mehr drüber hören. Ich bin grundsätzlich für eine Vermögenssteuer, habe aber immer das Gefühl gehabt, das die Menschen bei einer Erbschaftssteuer eher mitziehen und die als erster Schritt wahrscheinlich auch leichter zu gestalten ist. In gewisser Weise ist eine Erbschaftssteuer ja eine einmalige Vermögenssteuer.
Ich persönlich Fans den Vorschlag vom Vorposter auch etwas radikal, grundsätzlich halte ich eine moderate Belastung aber auch beim Handwerksbetrieb für angemessen. Gerade das sind ja die Betriebe bei denen auch eine Neugründung möglich ist, dann sollte beispielsweise eine Belastung von 5-10k auch zu stämmen sein. Den genauen Betrag sollen aber andere nennen. Der sollte vernünftig ausgearbeitet sein.
Ich finde dein letzter Abschnitt hat nichts mit der Erbschaftssteuer zu tun.
Natürlich sollte der Staat möglichst effizient arbeiten. Das sollte er aber auch, wenn wir keine Erbschaftssteuer haben. Andersherum wird auch ein zu hundert Prozent effizienter Staat Steuern erheben und damit eine Erbschaftssteuer nicht obsolet werden.
Eine Vermögensteuer ist schon deshalb einfacher umzusetzen, weil Art. 14 GG das Erbrecht in besondererweise gewährleistet und der ErbSt damit eindeutige Grenzen gesetzt sind. Eine Steuer, die einen Großteil des Erbes aufzehrt, ist damit verfassungswidrig. Im Gegensatz dazu genießt zwar das Eigentum verfassungsrechtlichen Schutz, nicht aber das Vermögen. Auch eine Vermögenssteuer darf zwar keine erdrosselnde Wirkung haben, aber solange sie aus Sollerträgen bezahlt werden kann, ist immer im Rahmen des zulässigen und die Sollerträge fallen je nach Vermögenswert (z. B. Grundstücke) recht hoch aus.
Ob die Menschen bei einer höheren ErbSt "eher mitziehen", wage ich auch zu bezweifeln. Wenn du mit Leuten darüber mal länger redest, kommt am Ende immer die gleiche Einstellung raus: sämtliche Steuern sollen zwar erhöht werden, aber bitte nur die Steuern der anderen. Man selbst zahlt ja schließlich schon genug Abgaben und hat es außer dem schon nicht leicht im Leben, während die bösen Unternehmer und Konzerne garnichts zahlen. Und dann hat man einmal Glück und erbt was, und dann muss man das auch noch abgeben!!1!!1! Das sind Diskussionen, die ins Nichts führen, so, als wolltest du dich mit einem Schokoriegel über Goethe unterhalten.
Eine Verkleinerung der Schere sehe ich schon als notwendig an und zwar dringend. Wenn man ein Land regiert, ist es wichtig, Kompromisse zu finden, und zwar in Finanz-, Wirtschafts-, Sozial- oder Steuerpolitik, einfach überall. Ein Kompromiss ist immer ein Ergebnis, mit dem beide Seiten gut leben können. Je größer die Schere ist, umso weniger findet man ein solches Ergebnis aber. Im Gegenteil, am Ende ist die Mittellösung das, womit eben keiner mehr leben kann. Du siehst es doch heute schon, wenn ich 130.000 € im Jahr verdiene, gehen davon mit Sozialbeiträgen und Steuern knapp 50 % von weg. Wo ist da der Leistungsanreiz, der Anreiz die Extrameile zu machen? Von dem, was übrig bleibt, kriege ich ja in Köln mit Familie nichtmal mehr ne vernünftige Eigentumswohnung. Für mich ist das Ergebnis schlecht. Genauso wenig hilft es aber irgendwem aus der Unterschicht, reich zu werden, weil selbst die 50 % Steuereinnahmen von meinem Gehalt dem Staat nicht mehr reichen, um Geringverdiener zu unterstützen und seine Schuldenbremse einzuhalten. Daher kommen ja die Forderungen nach höheren Erbschaftsteuern.
Das führt dann auch zum letzten Punkt, der Staat sollte - frei nach Arnulf Baring - mal lernen, mit dem auszukommen, was er hat. Wir haben seit Jahren jedes Jahr neue Rekordsteuereinnahmen. Und trotzdem reicht es nicht, weil wir für alles und jeden das Geld mit vollen Händen raushauen. Und dann geht das Gejammer los, dass starke Schultern mehr tragen müssen und dieser ganze plakative Käse. Ich kanns nicht mehr hören.
Also wenn man irgendwo ansetzt, dann muss man es beim Vermögen tun, und nicht den gut ausgebildeten Angestellten, Gewerbetreibenden und Selbstständigen, die eine der Stützen unserer Gesellschaft bilden, noch höhere Ertragsteuern aufbürden. Oder irgendwen bestrafen, weil er von seinen Eltern ein Haus erbt, oder die Anwaltskanzlei vom Vater fortführen will. Das führt am Ende nur dazu, dass niemand mehr reelles Vermögen aufbauen kann und alle gleich arm bleiben. Chancen schaffen sieht anders aus. Und am höchsten sollte die Vermögensteuer für unproduktives Vermögen sein, das der Gesellschaft überhaupt keinen Nutzen mehr stiftet (z. B. unbebaute Baugrundstücken in Stadtgebieten, die die Leute tausend Jahre lang liegen lassen, dann an ihre Kinder vererben und die dem Markt dauerhaft entzogen bleiben).
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