Sehe ich ähnlich, wenn auch nicht exakt genauso.
Ich habe beides durch. Dual und Uni. Mir hat das duale damals ziemlich geholfen, da ich etwas Druck gebraucht habe und noch nicht die geistige Reife und Disziplin hatte, die ich heute mitbringe. An einer Uni wäre meine damalige Faulheit wohl fatal gewesen. So musste ich mich immer rechtfertigen und hatte halt einen starren Lehrplan. Ich war allerdings der einzige mit dieser Einstellung. Viele in meinem Jahrgang hatten schon eine Ausbildung hinter sich und waren entsprechend strukturiert.
An sich lohnt sich das Duale Studium halt wirklich genau dann, wenn du einen breiten Praxiseinblick bekommen möchtest. In der Regel wirst du diesen nicht mit Praktika aufholen, da du durch deinen Status als "Interner MA" einfach auch noch mal interessante Abteilungen/Gruppen siehst, die du über Praktika nicht entdecken würdest. Darüber hinaus ist der entscheidende Vorteil dein Netzwerk im Konzern. Das schafft kein Praktikant während dem Studium. In der Wirtschaft und bei großen Konzernen sind ehemalige duale zudem gut angesehen (Struktur des Unternehmens bekannt, viel Praxis, interne Potenzialkräfte), da man diese ja selbst nach entsprechenden Kriterien ausgewählt hat (sehr gutes Abitur, Auswahltest, Assessment Center etc.). Wenn es dir also darum geht, einen ersten und soliden Fuß in den Konzern zu bekommen und eine interne Karriere zu boosten, dann dual. Dazu natürlich ein regelmäßiger Gehaltseingang und die Lehre ist meistens didaktisch sehr gut. Es wird ein hoher Wert auf die richtige Vermittlung des Stoffes gelegt und man wird in der Hinsicht nicht sich selbst überlassen (was häufig dazu führt, dass Vollzeitstudenten trotz Transferwissen nicht ganz verstanden haben, wie eine Thematik funktioniert).
Nachteile: Akademisch (ungleich praktisch) nicht so hoch angesehen wie Universitätsstudium, Spezialisierung (ist gleichzeitig auch ein Vorteil) und relativ viel Stress. Der Stress entsteht nicht durch komplexe Fragestellungen oder intellektuelle Überforderung sondern halt die Menge an Stoff in Kombination mit dem immer wiederkehrenden Neustart im Unternehmen (dauernd in neue Teams, immer wieder vorstellen etc.). Das ist aber in meinen Augen zu bewältigen. Dazu kommt natürlich, dass du halt keinen Uni-Spirit hast sondern in kleinen Gruppen lernst und einen straffen und starren Studienplan hast. Ergo nicht die Flexibilität eines "Vollzeit"-Studenten.
Bei einem Konzern im IGM und 15k MA schon eine Top-Sache. ERA-Stufe kommt auf die Stelle an.
Ich habe aber auch an einer Uni studiert (Bachelor und Master ->Mathe/Wirtschaftsmathe) und naja, das Unileben bietet sehr viele Vorteile (wobei Mathematik relativ zeitintensiv ist, wenn man keinen quant. IQ von >130 hat):
- Studentenleben-> Ausschlafen und später lernen etc. ist kein Problem. Semesterferien arbeiten oder nicht-> kein Problem. Spontan abhauen -> kein Problem.
- Wenn man Bock auf rätseln und Abstraktion hat, kann man in der Uni sehr tief eintauchen (kann man allerdings auch privat)
- Uni-Spirit: Man ist in einer sehr bereichernden und weltoffenen Umgebung unterwegs, lernt viele neue Leute kennen und erweitert seinen Horizont -> USP der Uni
- Akademischer Anspruch -> Wer in F&L will, wird bestens ausgebildet (eigentlich nur für Forschung)
- Breite -> Man kann sich natürlich breiter aufstellen bzw. Praktika in unterschiedlichen Branchen machen.
Das Universitätsstudium zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass man viel selbst organisieren muss (kann auch ein Vorteil sein), hohe Abstraktionskompetenz benötigt (gilt aber nur für Mathe, WIng ist bestimmt praktischer), man je nach Lage nebenbei arbeiten gehen muss und man es natürlich erst einmal in einen Konzern schaffen muss. Man konkurriert mit der Bewerbermasse und muss sich stärker abheben. Die Lehr-Betreuung ist meistens auch nicht das Gelbe vom Ei und man muss für seine Noten zum Teil extrem kämpfen. Das hat nicht mal was mit Intelligenz oder Fleiß zu tun, manche Professoren geben aus Prinzip Drecksnoten oder stellen unlösbare Aufgaben. Auch die Didaktik lässt häufig zu wünschen übrig. Ich bin selbst mittlerweile WiMa und merke immer wieder, wie häufig Studenten Sachverhalte gar nicht durchdringen sondern nur versuchen, sie auswendig zu lernen.
Ich glaube, wenn ich in die Praxis wollen würde und schon wüsste, wohin es thematisch gehen sollte, würde ich wieder Richtung duales Studium. Vor allem bei einem großen Konzern.
Für Jobs mit hohem Praktikaanspruch wie IB müsste man aber alles im Master aufholen. Für UB kann man auch dual studieren im Bachelor, aber muss auf Notenexzellenz achten. Ist vielleicht auch etwas biased und daher empfiehlt sich dort wohl auch Uni etwas mehr. Wer akademische Karriere machen will, sollte direkt an die Uni.
WiWi Gast schrieb am 14.11.2018:
Ich war vor einigen Jahren in der exact gleichen Situation und hatte auch ein Angebot für Wing dual bei einer großen IGM-Bude. Habe mich letztendlich dagegen entschieden und glaube auch rückblickend, dass das die richtige Entscheidung für mich persönlich war, wenngleich ich mir vorstellen könnte, dorthin zurückzugehen, wenn ich mit meinem Master fertig bin.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass das Studium an einer Uni, wenn man die sich einem gebotenen Möglichkeiten nutzt (sozialer Lebensmittelpunkt am Studienort, neuer Freundeskreis, Engagement in einer Initiative, Auslandsstudium, Praktika, intensives Sozialleben, Wahl von Fächern nach Interesse und nicht nach Leichtigkeit), einen enorm persönlich weiterentwickeln kann und einem eine enorme Flexibilität bietet, die man im dualen Studium nicht hat. Zusätzlich habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass andere aus dem eigenen Abijahrgang, die dual studiert haben, sich in den letzten Jahren kaum verändert haben, ja am ehesten noch in den üblichen Arbeitstrott verfallen sind.
Mein Ratschlag an dich: Dein Gehalt in dem Konzern nach Studium sollte auf der Liste deiner Prioritäten bei der Studienwahl sehr weit abgeschlagen sein. Mach dir lieber darüber Gedanken, ob ein duales Studium allgemein das Richtige für dich ist. Ein duales Studium ist eine vollkommen andere Erfahrung als ein Uni-Studium!
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