MBB als Sprungbrett zum DAX30 C-Level
Immer wieder wird hier und anderswo der Wert von z.B. McKinsey als Karriere Boost proklamiert. Eines der bestechenden Argumente, welches immer wieder angeführt wird, ist die Anzahl von Ex-McKinsey Beratern, die in C-Level Positionen bei DAX Konzernen sind.
Ich habe mir dies Mal im Detail angeschaut und ein paar Überlegungen angestellt.
Vorab: Ich bezweifele in keiner Weise, dass MBB Top Leute einstellen, und dass diese Top Leute auch überdurchschnittlich starke Karrieren machen können, dass MBB immer noch zu den besten Adressen für eine Karriere gehören.
Ich möchte aber all denjenigen die sich irgendwie durch 2-3 Jahre Top-UB quälen wollen in der Hoffnung, dann der nächste BMW-Vorstand zu werden, ein paar Gedanken mit auf den Weg geben.
Laut Wikipedia finde ich unter den aktuellen DAX Vorständen vier mit McKinsey Vergangenheit (Die echte Zahl mag höher sein, und sicherlich ist sie es, wenn man die vielen Tochtergesellschaften oder auch die Business Units der DAX Konzerne mit einbezieht).
Zur Einordnung:
McKinsey beschäftigt in DACH rund 3,000 Mitarbeiter (Großteil davon Berater). Bei einer durchschnittlichen Verweildauer dort von (großzügig gerechnet) drei Jahren, generiert McKinsey in DACH jedes Jahr 1,000 Alumni. Nimmt man jetzt an, dass sich mögliche, heutige DAX Vorstände aus den McKinsey Alumni der letzten 20 Jahre rekrutieren könnten, sprechen wir von einer Grundgesamtheit von 20,000 Ex-McKinseys. (Ich weiß, diese Zahl ist beliebig falsch. Es könnten auch 8,000 oder 30,000 sein).
Wie gesagt, davon sind aktuell scheinbar vier in einem DAX Konzernvorstand.
Es wird aber noch besser.
Wer nun gerade heute auf den direkten Karriere-Turbo hofft, der sollte sich auch die tatsächliche Vita der genannten vier DAX Vorstände anschauen
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Appel (Deutsche Post): Der Mann war sieben Jahre bei McKinsey, zuletzt Partner, bevor er dann zunächst in eine Corporate Development Position gewechselt ist und acht Jahre nach seinem Exit zum CEO der Post wurde. Wir reden hier über die frühen 00er Jahre
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Bäte (Allianz): Er war zehn (!) Jahre bei McKinsey, viele Jahre Leiter des europäischen Insurance Bereichs, bevor er 2008 gewechselt ist. Dies war sofort in eine Board Position
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Nemat (Telekom): Sie war 17 (!!!) Jahre bei McKinsey vom Associate bis zur Direktorin (High Tech Sector Lead) und ist dann zur Telekom gewechselt, wo sie aber auch schon seit 9 Jahren tätig ist
- Sturm (Fresenius): Kurzes Intermezzo bei McKinsey irgendwann Ende 80er/Anfang 90er (2-3 Jahre). Dann 13 Jahre im Investment Banking bevor er zu Fresenius gegangen ist
Was kann man feststellen?
- Allen gemein ist, dass der Exit von McKinsey schon sehr lange zurück liegt
- Die Mehrheit der Leute war vorher extrem lange bei der Beratung, zumeist auf Partner Ebene und echte Fachleute in ihrer Branche
Einordnung:
Ich glaube nicht, dass man die DAX Konzernvorstände als einzigen Maßstab nehmen kann, um den Karriere-Faktor einer Beratung zu bewerten. Umgekehrt jedoch wird überdeutlich, dass ein kurzer Zwischenstopp in einer T1 Beratung nicht zwangsläufig der Freifahrtschein zum C-Level ist.
Gerade das, was die Allermeisten im Kopf zu haben scheinen, nämlich mal schnell 2-3 Jahre T1 Beratung und dann in eine Führungsposition im Konzern zu wechseln, findet immer seltener statt. Dafür gibt es viel zu viele Berater (und damit Ex-Berater), viel zu viele Top Leute die sofort im Konzern starten, viel zu viele teure Karriereprogramme für diese Eigengewächse in den Konzernen, und am Ende des Tages auch eine deutlich geringere Naivität was Quereinsteiger aus UBs angeht im Vergleich zu vor 20 Jahren.
Ich möchte mal etwas provokant formulieren: Entweder quält man sich wirklich durch die komplette Hierarchie der Beratung (so dass man als Partner wahrscheinlich gar nicht mehr wechseln will), oder aber man wechselt so schnell, dass man sich eh von nahezu Null in der Industrie durchboxen muss – und somit der UB Hintergrund irgendwann auch keine Rolle mehr spielt. In jedem Fall kann man fragen: Hätten es diese Leute mit ihrem Ehrgeiz und ihrem Talent nicht sowieso geschafft?
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