Berufseinstieg nach Krise
Hallo zusammen,
Ich stehe momentan buchstäblich mit dem Rücken zur Wand, was mir ziemlich zusetzt. 2010 habe ich nach einen Bachelor in Wiwi einen Master in Management an einer Top Uni begonnen. Das lief zunächst alles glatt. Nach einer Trennung und einem Unfall, der mich gesundheitlich monatelang eingeschränkt hat, fiel ich 2011 aber in ein mentales Loch. Aus Scham und falschem Ehrgeiz ("ich schaffe das selber") wollte ich mir aber keine Hilfe suchen und auch mein Umfeld nicht miteinbeziehen. Mit der Zeit verschlimmerte sich die Situation allerdings und ich begann immer mehr, wichtige Dinge wie Prüfungen und Seminare aufzuschieben. Von den geplanten Praktika und dem Auslandsaufenhalt konnte irgendwann keine Rede mehr sein, obwohl ich mich immer auch über Leistung definieren wollte. Immerhin gelang es mir noch, alle Prüfungen bis zur Thesis abzulegen. Überraschenderweise waren die Ergebnisse den Umständen entsprechend sehr gut, weil ich mich in Lernphasen irgendwie immer noch für ein paar Tage zusammenreißen konnte.
Bei der Masterarbeit war dies dann aber nicht mehr möglich, sodass ich mein erstes Thema wieder zurückgeben musste. Mein Hausarzt meinte, ich solle mal eine Auszeit nehmen (eine Depression diagnostizierte er mir fatalerweise nicht). Der Prof selbst hatte dafür vollstes Verständnis, er war ohnehin sehr von mir angetan und hatte mir vor der Thesis sogar schon eine Promotion bei ihm schmackhaft gemacht. Nachdem es mir wieder besser ging, hatte ich die Thesis Ende 2014 dann doch noch fertiggestellt und mein Studium erfolgreich beendet, auch wenn es mich immer noch extreme Kraftanstrengung gekostet hat. Auf die Leistungen hatten die Probleme am Ende nur bedingt Einfluss, da ich immerhin noch zum besten Drittel der Absolventen zählte. Obwohl sich also nun alles zum Guten zu wenden schien, holte mich die Krise bei den Bewerbungen wieder gnadenlos ein. Angst vor der neuen Situation und vor der Veränderung, Isolation vom Freundeskreis und mein Perfektionismus standen sinnbildlich für meine komplette Überforderung. So kam es, dass ich mir im Frühjahr 2015 Hilfe suchte, was aufgrund der Verfestigung der Krise eine lange Zeit der Genesung erforderte. Bis heute tue ich mir gelegentlich noch schwer, meine Ansprüche an mich selbst im Zaum zu halten. Karriere ist für mich immer noch ein Thema, auch wenn ich Realist genug bin, dass mein Lebenslauf dem Grenzen setzt.
Nun würde ich gerne euren Rat hören, wie ich trotz des Bruchs im Lebenslauf beruflich noch Fuß fassen kann. Noch mal kurz zu den Facts: Ich bin inzwischen 30 und habe sowohl einen überdurchschnittlichen Bachelor- als auch Master-Abschluss, ein 1er Abitur. Berufspraktisch fehlen mir zwar Top Praktika, ich habe aber über viele Jahre nebenher in einem mittelständischen Unternehmen mit viel Eigenverantwortung gearbeitet, weshalb ich auch in der Krise ganz gut über die Runden kam. Die Firma kommt aber für den Einstieg nur im Notfall in Frage, weil die Branche zu speziell ist und die Aufstiegsmöglichkeiten quasi nicht vorhanden sind. Ich würde nur schwer wieder einen Absprung von dort schaffen können.
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