Dein Beitrag ist zum Teil ganz interessant, allerdings zeigt er auch, dass du die Thematik etwas durcheinander bringst und naja, es wirkt nicht so richtig koscher.. Bist du wirklich ein promovierter Volkswirt..?
Ich habe tatsächlich (auch..?) promoviert und als jemand, der den Lehrstuhlweg hinter sich hat und neben entsprechenden Kolloquien schon häufig den Austausch mit anderen Doktoranden/Promovierten hatte, finde ich deine Behauptungen teilweise Käse.
Um bei deiner Struktur zu bleiben aber gerne noch etwas weiter abzugrenzen:
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Ja... die Korrelation/Kausalität Problematik..davon erzählt mir nach dem zweiten Semester immer jeder 3. Student in seinen Seminararbeiten...nun ja: Selten promovieren die klassischen erfolgsorientierten Leute an den Lehrstühlen sondern einfach Studenten, die Bock auf die Materie haben und zudem auch den entsprechenden Intellekt mitbringen. Früher wurde nicht nur wegen der Abgrenzung promoviert (hier war ein Studium bereits Abgrenzung genug) sondern es wurde grundsätzlich auch eine wissenschaftliche Karriere angestrebt. Das war insbesondere in De deutlich einfacher als heute, da das angelsächsische System um die Peer-Reviews (Stichwort: Publikation in A Journals...) noch gar nicht so etabliert in der deutschen WiWi Welt war. Aber ja..wer damals ne Promotion geschafft hat, hat trotzdem wohl schon gutes Rüstzeug für andere Wege mitgebracht.
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Du sprichst vom Alter und Abgrenzung.. wenn man es auf die Abgrenzung bezieht, dann stimmt das. Auf das Alter bezogen ist heute die Promotion ja umso mehr zu empfehlen, da man ja dank G8 und fehlendem Wehrdienst schon zum Teil mit 22-24 in die Promotion starten kann. Zudem hat man früher noch sehr häufig vor einem WiWi oder Jura Studium die klassische und damals prestigeträchtige kaufmännische Ausbildung in Anspruch genommen (Bank- oder Industriekaufmann). Daneben ist es heute dank strukturierten Programmen sowie der Informationsverfügbarkeit insgesamt doch noch einen Schritt "einfacher", sich für einen solchen Weg zu entscheiden.
- Bei diesem Punkt bin ich sehr skeptisch geworden, was deine Erfahrungen angeht. Siehe auch Punkt 2...Nenne mir eine "zielführendere und passendere" Weiterbildung. Den MBA? Bitte, 50-100k kosten selbst die europäischen Topprogramme und in Deutschland genießt der Doktor nach wie vor deutlich mehr Anerkennung. Ein MBA von einer Ivy mag da vielleicht gleichziehen, aber mit einem NOVA oder ESADE-MBA hängt man dann doch deutlich hinter dem Herrn Dr. hinterher. Klar, man kann schneller wieder in den Beruf starten, aber wenn ich mir anschaue, dass INSEAD mittlerweile auch 1000 Absolventen p.a. an Output hat... ich weiß ja nicht... Unabhängig davon ist aber eine pauschale Aussage sowieso nicht zielführend, da es auf den Typ Mensch ankommt. Manche können sich halt gut 1-2 Jahre wegschließen und eine Diss schreiben, andere haben Bock auf Netzwerk und halt auch entsprechende BE. Am Ende sind es sehr unterschiedliche Programme, eine Dissertation für die Karriere kommt eigentlich immer auf den Bereich an, das sagst du ja sogar selber... Bei den MBB nimmt sich beides nichts, für IB ist der MBA wohl insbesondere drüben besser. Im Konzern und F&E sowie Pharma und Chemie generell der Dr.. Für eher Econ geprägte Berufe wie im IWF, EZB etc braucht man auch einen Doktor, warum macht es da wenig Sinn, einen schnellen Titel zu holen?! Da widersprichst du dir ja mit diesem Punkt. Ja, man konkurriert um die Stellen fast ausschließlich mit Promovierten und da erhöht auch ein "Schmalspurdoktor" die Chancen... Es hängt von so vielen Faktoren ab.
Übrigens: In den seltensten Fällen werden Promotionen eines Gegenübers nicht ernst genommen. Auch wenn dieses Vorurteil immer mal wieder unter ambitionierten Studenten oder hier im Forum kursiert, so ist es trotzdem falsch. Auch im VWL Bereich. Egal ob Lehrstuhlpromotion oder "Schmalspur-Beraterpromotion", man unterhält sich maximal 5-10 Minuten über das Thema und dann geht es eigentlich 100% um den persönlichen Leidensweg. Zumal eine Beraterpromotion natürlich nicht den gleichen wissenschaftlichen Anspruch hat wie eine Lehrstuhlpromotion, was aber vollkommen legitim ist. Aber auch das kann man eigentlich schon wieder relativieren, wenn man sich mal so die Dissertationen vom durchschnittlichen Lehrstuhl in Deutschland anschaut. Da ist selten ein wirklicher Mehrwert zu erkennen, geschweige denn das Potential für eine anständige (B-B+) Publikation. Solche "nicht ernst nehmen" Punkte kommen wirklich immer nur von irgendwelchen Studenten, die gerade im Master oder am Anfang ihrer Diss sind. Darüber hinaus kann man aufgrund der hohen Spezifikation meist eh nicht einschätzen, ob das was der andere da macht, wirklich so relevant ist. Selbst wenn man im selben Themenbereich unterwegs ist, kann nicht eindeutig auf die Qualität geschlossen werden. Bisschen Variance- und R-Square Game kann ich auch spielen..wow, jetzt habe ich empirisch quantitativ gearbeitet und bin total fancy und anständig promoviert. So läuft es einfach nicht. Habe auch empirisch gearbeitet und sogar genügend Theory contribution gehabt und naja, versteht trotzdem nicht jeder.
Die einzige Ausnahme, wo eventuell die Augenbrauen hochgezogen werden, sind Doktoranden die von ominösen privatwirtschaftlichen Instituten kommen, die irgendwie an eine Uni in Bratislava oder Spanien vermitteln.. aber selbst da wird man nicht wirklich despektierlich behandelt oder "die Diss nicht ernst genommen".
Außerdem sollte auch gesagt werden, dass Hochschulen wie die HHL oder FS mittlerweile deutlich in der Forschung aufgeholt haben. Der Output lässt sich sehen und man muss sagen, dass dort auch top Kollegen in ihrem Fach am Werk sind. Wer dort nebenberuflich promoviert, wird mit sehr großer Sicherheit nicht nicht ernstgenommen..
Darüber hinaus: Wieso sollte jemand die nebenberufliche Promotion als Anlass für einen Stellenwechsel nehmen? Klar, zum Testen des Marktwertes macht das schon Sinn. Häufig arbeiten nebenberuflich Promovierende aber schon in guten Positionen und machen das für die Prestigerhöhung im eigenen Unternehmen. Zumal hier auch wieder bisschen die Berufe durcheinandergebracht werden: Ein Top-Berater exitet sowieso seltener zu einer Institution wie OECD etc sondern wird für die Promotion oft bezahlt freigestellt und macht danach dann bei seiner Beratung weiter...
Naja, sei es drum. Die Grundmotivation zur Überbrückung eines schlechten Jahres halte ich auch für falsch. Wer allerdings eh mit dem Gedanken einer Promotion spielt, für den kann so etwas natürlich ein Pro Argument sein. Für Berufe wie IB halte ich eine Promotion zur Überbrückung aus eigener Erfahrung aber für falsch, da man wirklich nahezu keinen Bonus durch die Promotion erlangt und wirklich sehr hohe Opportunitätskosten hat. Kommt auch immer auf den Lehrstuhl an, ich für meinen Teil hatte höchste Flexibilität: Wenn die Lehre lief, konnte ich ansonsten machen was ich wollte. Egal von wo arbeiten, auch mal 3 Tage nichts machen und dann dafür mal 3 Tage mehr. War eine schöne Zeit. Allerdings war mein DV sehr anspruchsvoll und der dadurch entstehende Stress war auch irgendwo sehr eklig. Fast schon existenziell. Aber am Ende eine schöne Erfahrung.
WiWi Gast schrieb am 17.10.2020:
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Kausalität vs. Korrelation. Sind diese Leute wegen der Promotion erfolgreich oder machen ambitionierte erfolgsorientierte Leute eher eine Promotion?
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Alter. In den Zeiten bevor MBAs auch in D in Mode gekommen sind, war eine beliebte Abgrenzung von anderen Diplomern die Promotion. Das ändert sich aber, da die jüngere Generation mehr Möglichkeiten hat sich abzugrenzen.
- Aufwand vs. Ertrag. Nur für den Titel ist der Aufwand den man mittlerweile betreiben muss, Lehrstuhlpromotion wie Graduiertenkolleg, sehr hoch. Das lohnt sich nicht, wenn man schon vor Promotion weiß, dass man das eigentlich nur für die Karriere macht, Da gibt es dann einfach zielführendere und ebsser passende Möglichkeiten und Weiterbildungen.
Eine Beraterpromotion mag wie ein gutes Mittelding erscheinen, letztendlich hat man dann aber zwei Jahre mehr oder weniger sinnlos in eine Schmalspurpromotion investiert. Entweder richtig investieren oder eher gar nicht. Kein anständig Promovierter nimmt solche Promotionen ernst.
Eine Promotion macht auch im Privatsektor Sinn, wenn sich für eine Stelle qualifizieren will, die besondere Fachkenntnisse erfordert. Solche Stelle gibt es beispielsweise im Finanzsektor oder auch im öffentlichen Sektor (EZB und co.). Für diese Fachkenntnisse muss man aber richtig investieren, sprich eine Schmalspurpromotion wird nicht ausreichen.
Nur für die Karrie, weil man ein schwieriges Jahr auf dem Arbeitsmarkt überbrücken will, halte ich als promovierter Volkswirt für keine gute Idee. Externe Doktoranden an unserem Lehrstuhl, die aus der Beratung kamen, sind auch alle wieder zurBeratung zurück. Zur EZB, IWF, WB, OECD ist keiner, obwhl Gehalt und Arbeitsbedingungen dort (teiweise) besser sind (oder zumindest ebenbürtig). In eine der beliebten Fachstelle im Finanz- oder Versicherungssektor ist auch keiner.
WiWi Gast schrieb am 17.10.2020:
Also wenn ich so die Geschäftsführung der erfolgreichsten Unternehmen in DE (Dax, MDAX, SDAX, + X Mittelständler sowie kommunale Unternehmen) ansehe, liegt der Anteil der Promovierten bei ~ 40-45%.
Ergo: Promotion lohnt sich nicht nur für die Forschung.
WiWi Gast schrieb am 17.10.2020:
WiWi Gast schrieb am 17.10.2020:
Kommt meiner Meinung nach total auf deine Ziele an.
Willst du ins Investment Banking (was ein FS Master ja nahelegt), dann eher nicht, weil das dort meiner Erfahrung nach nicht als so wichtig empfunden wird.
Willst du in der Beratung, dann kann man das machen, aber dort kommt die Branche ja ganz gut durch Corona.
Willst du in die Industrie, dann kommt es auch stark auf den Bereich an
Promotion lohnt sich nur wenn du in die Forschung willst oder eine forschungsnahe Stelle anstrebte, wie bei der EZB/IWF oder die eine oder andere Stelle als Quant etc. Eine Schmalspurpromotion a la Beratung die keine publikationsfähigen Papiere hervorbringt, bringt außerhalb der Beratung nicht viel. Entweder richtig promovieren oder was anderes machen.
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