Freiberufler? schrieb am 15.08.2022:
So wie ich das verstanden habe, ist es für eine Freiberuflichkeit auch wichtig, was für Ausbildungen man vorweisen kann. Richtig?
Teilweise. Es hilft, die Grundidee der Gesetzgebung zu verstehen:
Einige explizit im ESt-Gesetz aufgeführte Berufe sind ausdrücklich freiberuflich (siehe EStG §18 Abs. 1 Nr. 1), also sogenannte „Katalogberufe“. Dazu gehören beispielsweise Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Journalisten und Übersetzer. Weitere freie Berufe sind ergänzend ausdrücklich im PartGG, §1, Abs. 2, Satz 2 genannt, wie etwa Hebammen, Schriftsteller oder Diplom-Psychologen.
Im Gesetz ist aber auch die Rede von „ähnlichen Berufen“. Diese sind nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, sondern unterliegen einer Einzelfallprüfung. Das Prüfungsergebnis ist gerichtlich anfechtbar. Auf dieser Basis haben Gerichte hierfür Grundsätze entwickelt. Aus diesen Grundsätzen geht hervor, dass „ähnliche Berufe“ im Sinne des Gesetzes in aller Regel nur dann „ähnlich“ genug sind, wenn man vergleichbare berufliche Qualifikationen vorweisen kann. Dies ist meist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Relevant wird dies vor allem bei den zahlreichen akademischen Katalogberufen.
Ein Beispiel: Viele IT-Entwickler wollten als Freiberufler anerkannt werden. In aller Regel zielte man darauf ab, dass man einen ähnlichen Beruf ausübe wie ein selbständiger Ingenieur (welcher ein Katalogberuf ist). Nun verfügen selbständige Ingenieure in aller Regel über ein abgeschlossenes Hochschulstudium, oft ist dies sogar eine Zugangsvoraussetzung (etwa, um als Statiker zu arbeiten). Falls ein IT-Entwickler also keinen relevanten Hochschulabschluss hat, war es oftmals schwierig, die Ähnlichkeit nachzuweisen. Es ist zwar grundsätzlich noch möglich, aber eben sehr viel schwieriger. Beispielsweise könnte man dann versuchen, vor Gericht ein Gutachten einzuführen, welches die tatsächlich geleistete Arbeit entsprechend bewertet. Empfehlen würde ich so eine Eskalation in aller Regel nicht, die Risiken sind in der Situation hoch.
antworten