Ich habe bisher nur gute Erfahrungen mit dem Freelancing im SAP-Bereich gemacht, mache das aber auch erst 2 Jahre. Ich bin jedoch erst mit 12 Jahren SAP-Beratungserfahrung darauf gekommen bzw. habe mich getraut.
Ich betreibe es auch sicherheitsorientiert: Auf der einen Seite habe ich meinen außertariflichen Konzernjob mit 100% HomeOffice. Hier bin ich in einem weltweiten Rollout unterwegs und verfüge über ein 40-köpfiges Team (ich kam als externer dazu und musste es „übernehmen“). Auf der anderen Seite habe ich mich mit einem dort kennen gelernten Freelancer zusammengetan und bin seiner „Freelancer Community“ „beigetreten“ (man kam auf der Dienstreise für 2 Wochen nach China halt ins Gespräch…). In meinem Team habe ich mehrere seiner Berater reingeholt, natürlich muss ich auch Berater von meinem Arbeitgeber mit reinnehmen und weitere des Partnerdienstleisters. Es ist also immer ein Geben und Nehmen. In diesem Konzernjob sind natürlich alle Sozialabgaben abgegolten und die Betriebsrente ist auch sehr beachtlich. Daneben habe ich aktuell ein weiteres Projekt am Laufen und suche derzeit noch ein drittes.
Die Kunst ist hier, innerhalb von 8-12 Stunden pro Tag 24 Stunden abrechnen zu können. Mal macht man das mit nur 75 Euro, mal mit mehr. Nur 75 Euro pro Stunde heißt am Ende halt auch, noch zusätzlich 8.000 € netto mehr im Monat zu haben oder eben nicht… muss man sich auch überlegen. Zumal man nicht vergessen sollte: Fast alles, was man kauft, kostet nur noch die Hälfte (da ohne UST und Lohnsteuer).
Das private Auto wird zu realen Kosten von der Steuer abgesetzt (dich ich nicht viel Reise) und so zahlt der Staat die Hälfte des Wagens. Die Reisekosten zahlt der Auftraggeber und der Staat legt noch 50% obendrauf (Hotelrechnungen werden abgesetzt etc; na klar, Reisekosten sind der höhere Stundensatz, außer bei Flugtickets, die laufen Extra).
Ich bin ja unter meinen Freelancer-Kollegen in einem großen Team, die meisten sind EWM und/oder TM Berater. Ich selbst bin SD-Berater, der sich auch in diese Themen reinarbeitet. Bisher war es in den Projekten immer so, dass ich die Planungen so ändern konnte, wie es für mich am besten passt und der Auftraggeber war auch noch glücklich darüber. Dafür bin ich schließlich eingekauft. Was immer es an Aufgaben und Probleme gibt, ich habe immer die Lösungen und die Ressourcen verfügbar, darum macht man das auch nicht als Einzelkämpfer. Man unterstützt sich gegenseitig im Hintergrund. Jüngere Freelancer werden langsam „rangemanaged“ und man teilt sich auch schon Projekte getreu dem „Front Face tot he Customer“-Ansatz. Die meisten der Kollegen sitzen dann auch in Indien, speziell die Entwickler, wobei die Kunden da meist eigene haben.
Mit der Bezahlung ist das auch so eine Sache: Da ich ja noch den Konzernjob habe, bin ich Tiefenentspannt und im Freelancerprojekt übernimmt der Dienstleister, der mich eingekauft hat, die Bezahlung, das funktionierte bisher jeden Monat superpünktlich. Es gab schon Kollegen in anderen Projekten, die hatten Probleme, aber die haben das Projekt dann auch von einem Tag auf den anderen verlassen – das ist ja auch das großartige an dem Freelancerleben. Man muss sich nicht scheiße behandeln lassen, man kann nämlich von einem Tag auf dem anderen Gehen. Und in der Regel (fast alle meiner Freelancer-Kollegen) hat man mehr als nur ein Projekt gleichzeitig.
In meinem Fall erlebe ich meine beide Seiten, für „meinen“ Konzern trage ich auch Verantwortung, da darf ich nicht einfach gehen, nur weil es mir nicht passt, dass ich z.B. keine Entwicklerberechtigungen habe. Dafür kann ich alle nervigen Tätigkeiten wegdelegieren und konzentriere mich nur auf spaßige Themen wie z.B. SAP BTP POC Projekte oder schaue, dass ich genug „Freelancer Time“ habe und es jeden Mittag ins Gym schaffe.
Andere Kollegen arbeiten immer nur 6 Monate und machen die anderen 6 Monate ne Weltreise. Ein paar arbeiten nur von der Karibik aus oder aus dem Mittelmeer. In Europa hat man allerdings große Vorteile und hier bisher in Deutschland: Man wohnt nämlich sehr zentral und kann alle Zeitzonen vergleichsweise gut managen. Ich habe es täglich mit Kunden/Kollegen/Werken aus China wie aus Amerika zu tun.
Über Anwesenheitspflicht konnte ich mich bisher noch immer einigen. Gerade im SAP-Bereich ist das sehr leicht machbar. Projekte mit Anwesenheitspflicht werden halt nicht angenommen. Wenn Konkret ein Vororttermin notwendig ist – kein Problem, aber nicht dauerhaft.
Aktuell sieht es ja auch so aus, dass ich 2 Laptops und 4 Monitore parallel für die beiden Projekte am laufen habe, aber nur einmal bisher mit 2 Headsets gleichzeitig da saß. Das war aber eine Planungspanne. Aktuell ist das tatsächlich etwas langweilig: Ich bin immer nur zu Hause und komme nur fürs tägliche Gym oder Einkaufen kurz raus. Und ich gebe zu: Ich arbeite mich in mehrere Module rein, teste neue Tools, arbeite mit der SAC und bastel an eigenen SAP-Systemen mit den Kollegen zusammen. Das muss man wollen. Für mich ist es auch Hobbie.
Allerdings kommt man dann auch schnell zum Thema Steuern. Selbst als „Freiberufler im Nebenerwerb“ zahlt man Ratzfatz Reichensteuer, man kann sich gar nicht so viel kaufen, um die Steuern zu reduzieren. Aber es gibt zum Glück genug legale Steuersparmodelle, z.B. in Rumänien, New York oder Singapur. Dort arbeiten auch Freelancer-Kollegen. Die Modelle sind zufälligerweise genau auf Freelancer aus Deutschland zugeschnitten…
Da kommen dann die entsprechenden lokalen Steuerberater ins Spiel. Man will schließlich weiterhin in Deutschland leben, nur eben nicht so viel Steuern zahlen.
Soviel mal meine 3 oder 4 Cents zum Thema :-)
antworten