...et hätt noch immer jot jejange. Ausland entspannt einfach.
Also mhh wo fange ich an, ohne nur Platitüden zu wiederholen, die Du schon x Mal gehört hast, also Party und so weiter?
Ich kann nur für mich sprechen aber vielleicht kann meine kleine Geschichte einen Einblick geben. Ganz ohne ein "hach damals" und ein "früher war alles besser" wird es aber nicht gehen, wer also keine Geschichten auf die Opa-Art mag, muss nicht weiter lesen.
Okay, hab angefangen zu schreiben, aber dann wird es eine Gute-Nacht-Geschichte, die definitiv in die Kategorie tldr fällt.
Ich sags mal so:
Ohne das Jahr ins Ausland zu gehen (vor 12 Jahren) hätte ich nie oder jedenfalls erst mal nicht die Erfahrung gemacht, dass man (aus meiner damaligen Perspektive und meinen sonstigen Erfahrungen) einfach mal krassen Scheiß machen kann und sich in etwas stürzen kann, das eigentlich völlig absurd ist (gleich zwei Semester, Landessprache kann ich...ähm drei Wochen Intensivkurs...nicht wirklich und die können nicht wirklich Englisch und das war in der vor Smartphone-Überall-Internet-Google-Dich-Durch-Zeit) und am Ende alles gut wird. In dem Jahr sind ungefähr ne Million kleine und große Katastrophen passiert (das sind dann die lustigen Geschichten, die man immer erzählt bekommt), die vor Ort unter Umständen erst mal alles andere als lustig sind. Wasserrohbruch in der Wohnung, Samstagabend um acht, in einem Land dessen Sprache Du mäßig beherrschst und kein Vermieter/ Mitbewohner sonst was erreichbar: Nicht lustig. Wasser läuft halt weiter...lösen Sie das Problem JETZT und nicht in fünf Minuten. Gar nicht lustig. Verdammt, schon wieder in Geschichten abgeschweift. Aber: Dagegen ist ein AssessmentCenter Kindergarten.
Jedenfalls hat mich das unglaublich in einem "alles wird gut - et hätt noch immer jot jejange" Denken bestärkt und mich viel souveräner gemacht. Ich glaub mit 34 darf ich das langsam sagen: Eigentlich ist da erst der Grundstein fürs Erwachsenwerden gelegt worden. Nicht falsch verstehen, natürlich geht das auch ohne Auslandssemester. Ich beschreib ja nur, wie ich es bei mir sehe. In ähnlicher Weise geprägt haben mich nur die drei Jahre Promotion, aber das ist ne andere Geschichte.
Diplomarbeit war dann mal wieder so ein "ohh bekomm ich das hin? Kann ich das..." - "ach was, haste schon anderes gewuppt, passt schon"
"Ohh Bewerbungsgespräche, Asessment Center...ahhh" -- "pff et hätt noch immer jot jejange".
"Neuer Job, neue Kollegen, kann ich das überhaupt alles" - "gähn"
"Möglichkeit zur Promotion... dafür den Job hinwerfen? Was ist dann? Kann ich das überhaupt?" Scheiß auf Zweifel, Willstes, dann machs, willstes nicht, dann lasses, aber: Möglichkeiten muss man nutzen, denn - et hätt noch immer jot jejange.
Während der Promotion noch mal n Semester ins Ausland? Ja geil! Kann die Landessprache nicht? Na das wär ja nicht das erste Mal, dann lernste se halt - et hätt noch immer jot jejange.
Job Wiedereinstieg...jaa jaa
Über den Job ins Ausland? Ja klar! Aber bitte nicht gerade nur Europa oder was Englischsprachiges, da kann ich ja gleich zu Hause bleiben. Und bitte länger als ein Jahr, sonst ist das ja gar keine Herausforderung.
Ich könnte jetzt noch viel rum philosophieren, was das ganze meiner Meinung nach noch mit der Persönlichkeit anstellen kann, gerade wenn man mehr als 1 Semester weg ist, aber was ich eigentlich sagen wollte, hab ich gesagt und hoffe es ist einigermaßen anschaulich geworden.
Ausland ist einfach eine Chance eine Form von Souveränität und Gelassenheit zu entwickeln. Und diese Chancen sind meiner Meinung nach im heutigen Bachelor-master-Selbstoptimierungs-Streamline-Leben kaum noch gegeben. Oder kommen mir heutige Studis (soweit ich das während der Promotion beobachtet habe) nur deshalb so angespannt, entweder unsicher oder in einer kindischen Weise selbstdarstellerisch pseudo-abgebrüht, überdreht, orientierungslos und perfektionistisch vor, weil ich alt geworden bin? :) Meine These ist: Vielen fehlt heutzutage die Möglichkeit zu scheitern. Im Kleinen, wie im Großen und das immer wieder. Und ich rede nicht von einer 2,3 statt ner 1,7 in einer Klausur. Die Erfahrung sollte man im Studium machen, weil das Leben halt nun mal so ist und es sich aber meistens hinter her raus stellt, dass alles halb so wild ist - wenn man das erst mal gecheckt hat, kann man sich ganz viel Unsicherheit und Aufregung auch gleich sparen.
Beispiele:
Kindererziehung: Ja klar mach ich Fehler, aber, verdammt, ich machs halt so wie ichs für richtig halte, auch wenns in der Waldorf-Wochenzeitung anders steht, basta. Und Fehler gehören halt dazu, davon geht die Welt nicht unter, man sollte halt gelernt haben mit ihnen umzugehen.
Job: Ja, hab ich Mist gebaut. Stimmt, gibts gar nix zu relativieren. Kann man jetzt nicht ändern, muss man sehen, wie man mit klar kommt, ist aber kein Grund dass ich mich persönlich angegriffen fühle - Fehler gehörn dazu, danke für die Kritik.
P.s.
Noch mal NEIN, dass geht nicht einzig und alleine nur mit Auslandssemestern. Erwachsen wird jeder, wirklich. Aber ich finde es eine äußerst spaßige Variante ein Stück erwachsener zu werden, die man jedem nur empfehlen kann.
P.p.s. Sorry fürs Bachelorbashing.
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